15.

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Erschrocken blickte ich auf den Jungen in meinem Bett und wäre er mir fremd gewesen hätte ich vermutlich noch länger geschrien als ich es tat. Statt also voller Panik die gesamte Nachbarschaft zusammenzubrüllen, ließ ich lediglich einen kleinen Schrei los, da ich mich so erschrocken hatte.

Die Person auf meinem Bett, richtete sich nach meinem Laut auf und schaute mir direkt in die Augen. Sofort sog ich wieder erschrocken die Luft ein. Sein Gesicht war blutverschmiert und sein rechtes Auge war fast zugeschwollen. Ein Riss zierte die Haut über seiner Nase und auch der Rest seines Gesichtes war voller Blessuren und blauer Flecken. Ich ging ohne nachzudenken auf ihn zu, hockte mich vor ihn und blickte von unten, voller Wehmut zu ihm hoch. Sein Hand legte sich wie von selbst auf meine Wange und ich glaubte, dass er versuchte zu lächeln, verzog dann jedoch schmerzverzerrt das Gesicht. Ich wusste nicht, was ich denken sollte und in mir war ein reines Gefühlschaos, vor allem weil ich nicht wusste, was genau ich fühlen sollte.... oder durfte.

Ohne lang zu überlegen, stand ich wieder auf und lief schnell ins Bad. Ich wollte seine Wunden versorgen und suchte deshalb den Verbandskasten. Jedoch wohnten wir noch nicht so lange hier, dass ich den schon mal brauchte und deswegen suchte ich eine etwas längere Zeit, bis ich ihn im Schrank unter dem Waschbecken fand, versteckt zwischen den Putzmitteln meiner Mutter. Schon fast strahlend hielt ich den Kasten hoch, verlor es aber direkt, als mir wieder einfiel, weshalb ich den brauchte. Wieder in meinem Zimmer, platzierte ich mich am gleichen Platz wie zuvor.

Ich öffnete den kleinen Kasten und mein Blick lag direkt bei diesem desinfizierenden Spray, was man immer auf Wunden sprüht. Da ich absolut keine Ahnung von dem Zeug hatte und auch ziemlich ungeschickt war, sprühte ich ihm das Zeug einfach auf die Nase. Er verzog das Gesicht noch einmal mehr und begann dann, zu grinsen. "Lass gut sein, ich mach das schon" unterbrach mich seine Stimme und ich dankte ihm dafür. Ich glaube, dass ich ihn noch mehr geschadet hätte, wie geholfen.

Mit geübten Handgriffen versorgte er sein Gesicht, während ich ihn dabei zusah und mich fragte, wie oft er das schon hatte machen müssen. Als er fertig war, landete sein Blick wieder auf mich und ich glaubte, dass ich ziemlich bedrückt ausgesehen haben musste, da er seine Augenbrauen zusammenzog und mich fragte "Was ist los, Heat?" Ich ignorierte den seltsamen Kosenamen und versuchte, in Worte zu fassen, was ich gerade dachte. Und weil ich nicht wusste, was genau ich sagen sollte, fragte ich ihn stattdessen etwas, was mich schon die ganze Zeit beschäftigte. "Wie kommst du eigentlich hier rein?" Ich versuchte, böse auszusehen und hoffte, dass er sich schlecht fühlt. Jedoch lachte er nur kurz auf und sorgte dann mit einem Satz dafür, dass ich mich schlecht fühlte. "Wer seine Tür offen lässt, sollte sich vorsehen. Sei froh, dass ich sie wieder geschlossen hab"

Ich hatte anscheinend ehrlich vergessen, die Tür richtig zu schließen und bekam direkt rote Wangen. Aufgrund dessen, konnte ich mich wirklich bei ihm bedanken, da es wirklich viel schlimmer hätte kommen können. Es dauerte jedoch eine Weile, bis ich mich traute, die nächste Frage zu stellen und ich sah ihn nur flüchtig dabei an. Nur kurz und ich sah trotzdem, dass sein Gesichtsausdruck wieder zu neutral wechselte. "Was ist passiert und warum bist du hier?" Auch er brauchte jetzt eine Weile um zu antworten, als hätte ihn einer der Fragen aus der Bahn geworfen.

Ich spürte seinen Blick auf mir und wusste auch, dass er dieses Mal nichts   mit irgendeinem positivem Gefühl zu tun hatte. "Nimm dich in Acht. Manche Dinge sind nichts für kleine Mädchen!" Seine Stimmt klang kalt und auch fast drohend. Ich erschrak nicht mal, weil ich wusste, das er recht hatte und wenn ich ganz ehrlich war, wollte ich es nicht mal wissen. Jedoch würde ich gerne die Antwort auf meine andere Frage wissen, weswegen ich meinen Kopf wieder hob und ihn ansah. Ich sah, wie er mir seine Hand hinhielt und wie ich, ohne darüber nachzudenken, meine hineinlegte.

Er zog mich in einer eleganten Bewegung zu sich auf seinen Schoß. So, dass ich mit dem Gesicht zu ihm saß und natürlich errötete ich sofort. Seine Hand umfasste mein Gesicht und er sagte, in einer leisen Stimme "Und ich weiß nicht warum ich hier bin. Aber du, irgendwas machst du mit mir, Heat. Irgendwas, was ich mir nicht erklären kann"
Mein Herz setzte aus, mein Kopf glühte und sämtliche Muskeln in meinem Körper spannten sich an.

Ich wusste es auch nicht, aber er machte das gleiche mit mir. Auch wenn ich ihn kaum kannte und auch absolut keine Ahnung von Jungs und Gefühlen und all diesen Dingen hatte, so wusste ich auch, dass ich solche Gefühle noch nie verspürt hatte. Bei keinem Jungen, welcher mir über den Weg gelaufen war. Bei keinem Jungen, mit dem ich schonmal geredet hatte, auch wenn es nicht besonders viele waren.

Jetzt saß ich da. Auf dem Schoß eines Jungens. Mein Gesicht nur ein paar Zentimeter von seinen entfernt und seine Hände fast auf meinem Hintern. 
Ein Bild, was mir niemals im Zusammenhang mit mir vorgestellt hatte. Ich hielt den Atem an, gespannt auf das, was als nächste passierte und sah ihm direkt in die Augen.

Seine Pupillen waren geweitet und zeigten nur ein Stück seiner blauen Augen. Sein Atem war flach und seine Lippen waren leicht geöffnet. Obwohl er Verletzungen im Gesicht hatte, war er der schönste Junge, den ich je gesehen hatte und ich schämte mich nicht mehr, das zu denken. Sein Hand legte sich wieder auf meine Wange und sein Daumen fuhr einmal über meine Unterlippe.

Ich wusste nicht, was als nächstes passiert und war verunsichert. Würde er mich küssen? Würde er bleiben ?

With all my heartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt