3.

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In der Nacht konnte  ich kaum schlafen. In meinen Traum stand immer dieser Junge in der Ecke und beobachtete mich. Es war, als würde ich verfolgt werden.
Meine daraus resultierende Laune war dementsprechend schlecht. Und da ich in der Regel ein Mensch war, der zu viel über alles nachdachte, zog mich der Umstand, dass ich von diesem unbekanntem Jungen träumte, noch ein bisschen mehr runter.

Ich besaß nicht mal Schminke, womit ich die Augenringe hätte bedecken können und zum ersten Mal, hasste ich mich dafür. Ich war nie der Typ gewesen, der Stunden vorher aufstand, um sich zu schminken. Jedoch lag ich trotzdem Wert darauf, dass ich ordentlich aussah. Also störte mich die Tatsache, dass es so aussah, als hätte ich eins auf die Nase gekriegt schon sehr.

Ich fand auch mein Outfit zienlich langweilig, da ich aufgrund des Zeitdrucks nur das oberste aus einem Karton ziehen konnte. Aber da mich eh niemand beachtete war das gar nicht mal so schlimm.

Wie schon erwähnt war ich im Zeitdruck und deswegen sprang ich in die Schuhe und rutschte auf dem Treppengeländer nach unten. Gott sei dank hatten mich meine Eltern nicht dabei gesehen. Ich hatte das schon immer gemacht und einmal bin ich als Kind dabei so schlimm gefallen, dass ich mir die Nase gebrochen hatte. Direkt danach hatten meine Eltern mir verboten, jemals wieder eine Treppe herunter zu rutschen. Aber wie es nunmal so ist mit verboten, man hört ja bekanntlich nicht drauf und deswegen tat ich es trotzdem.

Im Auto dann machte ich meine Lieblingsmusik an, damit die Fahrt nicht ganz so langweilig war. Nach kurzer Zeit war ich dann auch schon auf dem Parkplatz der Schule, welcher aber so überfüllt war, dass ich zehn Minuten brauchte, um einen zu finden.
Das man in Amerika schon mit 16 Auto fahren durfte war ein Fluch und gleichzeitig ein Segen.

Auf dem Hof war nicht mehr sonderlich viel los, was kein Wunder war, da ich viel zu spät war. Und dann, weil ich so ein Tollpatsch war, stolperte ich auf der Treppe und meine ganzen Bücher und sämtliche Notizen verteilten sich dann auf dieser.

Ich merkte schon, dass heute nicht mein Tag sein würde und aufgrund dessen, dass ich so unruhig war, hatte ich das starke Gefühl, dass es noch viel schlimmer werden würde.
Mit dem Gefühl sammelte ich schnell meine Bücher ein und betrat die Schule.

Es kostete mich viel Überwindung zur Klassentür zu gehen und dann auch tatsächlich anzuklopfen. Ohne auf Antwort zu warten, betrat ich dann den Raum und hatte gleich wieder sämtliche Blicke auf mir und darunter war auch einer, der mich zu durchbohren schien. Ich konnte mich nicht abhalten, aber ich wendete auch meinen Blick zu dem Jungen und er blieb fest. Es war der Jung, der mich schon öfter ansah.

Wir starrten uns an und das Gefühl dabei war sehr merkwürdig. Seine eisblauen Augen lagen fast stechend auf mir und es war, als würde er meine Gedanken zu lesen oder es zumindest versuchen. Auch war es seltsam vertraut, als würde er mich genau kennen und das war um ehrlich zu sagen noch viel beunruhigender. Ich schüttelte meinen Kopf und wendete den Blick ab.

"Sorry, ich habe verschlafen" murmelte ich nur und hoffte, dass niemand das gerade mitgekriegt hatte. Mrs. Wilson, meine Biologielehrerin winkte nur ab und ich verschwand so schnell es ging auf mein Platz. Sofort ging der Unterricht weiter und ich verschwand in meinen Gedanken.

Was war das? Wieso starrte mich dieser Junge nur so an? Verfolgte er mich? Mir lief ein Schauer über den Rücken.
Was könnte er nur von mir wollen. Einem unscheinbaren Mädchen wie mir.

Den ganzen Schultag und auch in den Pausen saß ich für mich alleine und dachte darüber nach. Ja, leider war ich so ein Mensch, der alles bis ins kleinste Detail hinterfragen musste und so bemerkte ich gar nicht, dass jemand vor mir stand.

"Savannah?" Wedelte derjenige mit der Hand vor meinem Gesicht herum, wodurch ich aus meiner Starre erwachte. Es war Edwin. Und da fiel es mir wieder ein, ich sollte ihm ja in Biolgie helfen. "Wollen wir dann?" Fragte er, sogar ein bisschen schüchtern und fuhr sich durch seine Locken. Ich nickte und fragte auch, wo genauwir hinwollten.

"Wir können zu mir, wenn du magst. Die Zwillinge sind zwar da, dürften uns aber nichts stören" Zwillinge ? Redete er von seinen Geschwistern? Ich bejahte trotzdem und schickte meiner Mutter gleich eine Nachricht, wo ich nach der Schule hingehe.

Zu meiner Verwunderung hatte er kein Auto, sodass ich fuhr und er mir nebenbei erklärte, das er nicht so gerne fährt und laufen für ihn eh angenehmer ist. Ich fragte nicht nach, aber ich glaubte, dass es einen tieferen Grund hatt, wieso er nicht gerne fuhr.

Bei seinem Haus angekommen, staunte ich nicht schlecht es war riesig und ganz im altmodischen Stil. Sehr viel Holz befand sich an der Außenfassade und der Vorgarten war absolut atemberaubend. Sämtliche Blumen blühten in allen Farben, Formen und Größen. "Unglaublich" sagte ich hingerissen und ich vernahm nur das Grinsen von Edwin.

Im Inneren des Hauses war es sogar noch atemberaubender. Es war modern, aber so das es alles zur Fassade passte. Keine weißen Möbel und viel Teppiche, Kerzen und Holztöne. Es war einfach gemütlich.

"Na komm, wir gehen hoch"  sagte er nach einer Weile und ich folgte ihm nach oben. Sein Zimmer war groß und hell. Viele Regale zierten seine Wände und darin befanden sich Hunderte von Büchern. Begeistert sah ich sie mir an und stellte fest, dass er sehr viel Klassiker las. Zwischendrin stand da ein großer Schreibtisch, gefüllt mit Notizen und Büchern. An der Wand gegenüber stand das Bett und daneben war gleich der Schrank. Nirgendswo ein Fernseher und obwohl es mich überrascht, fand ich es einfach toll.

Ich grinste ihn an, was er mit einem Lächeln erwiderte und dann setzte er sich auf das Bett und klopfte neben sich. Schüchtern wie ich war, setzte ic  mich dazu, ließ aber viel Platz zwischen uns. "Bevor wir anfangen, hätte da ich noch eine Frage"  ich sah ihn an und bemerkte seinen neugierigen Blick. Ich nickte und sofort öffnete er wieder den Mund. "Heute in der ersten Stunde, da war doch was zwischen dir und Carter, oder ? " ich sah ihn verständnislos an. "Das ist der Junge, den du mit deinem Blick ausgezogen hast. Will Carter" Will heißt er also, eigentlich ein schöner Name.

Erst nach meiner Feststellung realisierte ich, was er gesagt hatte und riss vor Schock meine Augen auf. "Gar nichts hab ich gemacht!" Erwiderte ich daraufhin empört und er schien nahezu geschockt von meiner Reaktion zu sein. "Ja ist ja gut" er hob abwehrend die Hände. "Aber egal was. Das war auf jedenfall etwas und ich wollte dir eigentlich auch nur sagen, dass du aufpassen sollst. Du wirkst nicht gerade wie jemand, der mit Kriminellen abhängt" er zuckte mit den Schultern und holte sein Biobuch heraus.

Kriminell? Ich schluckte. Das beunruhigte mich noch mehr und jetzt bekam ich sogar leichte Angst.
Was möchte er von mir?

With all my heartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt