XXXIX. Den Menschen in dir?

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Man hörte nur geschocktes Einatmen, alle schienen sehr beunruhigt über diese Situation zu sein. Von überall hörte man Getuschel. Was würde jetzt passieren, war die meist gestellte Frage.
Doch der einzige der das hier gerade amüsant fand, war Pablo. Ich hörte ihn die ganze Zeit lachen und ihm schien diese Situation wohl deutlich zu gefallen. Ich erinnere mich an die Worte von ihm, wie weit würdest du gehen? Ja, wie weit würde ich eigentlich für meine Familie gehen? Wäre ich bereit Pablo direkt umzubringen, obwohl mich gerade so viele Leute beobachten? Doch als ich dann Feli sah, die wie ein Häufchen Elend in den Fingern dieser Bastarda lag und weinte, wusste ich es. Ich war bereit für sie zur Mörderin zu werden. Für dieses Lebewesen, welches nur noch mich besaß würde ich selbst mein Leben geben.

"Lass sie los Pablo, es wird sonst ungemütlich für dich!", zischte ich ihm ins Ohr.

"Bist du bereit mich endlich umzubringen?"

"Ich würde es lieber nicht drauf ankommen lassen!"

"Bevor du es tust, schau mal in die Gesichter von Alessandro und Javier. Meine Söhne scheinen nicht so begeistert von der Idee zu sein, dass du ihren Vater umbringen willst. Weißt du, obwohl sie mich hassen, würden sie nicht wollen, dass du diejenige bist, die ihren Vater umgebracht hat. Meinst du er würde dir das verzeihen", flüsterte er, sodass nur ich es hören konnte.

Doch er hatte recht, als ich in Alés und Javis Augen die Verzweiflung und Trauer sah, wusste ich, dass obwohl sie ihn hassten, dennoch seinen Tod nicht wollten. Tief in ihnen drin, empfanden sie doch noch eine gewisse väterliche Verbindung zu ihm. Ich konnte ihn nicht umbringen, obwohl ich mir gerade nichts sinnlicheres gewünscht hätte. Doch trotzdem hatten sie gerade Feli in ihrer Gewalt und deshalb durfte ich jetzt nicht nachgeben. Selbst wenn meine Vorgehensweise jetzt anders ablaufen würde, so hatte ich dennoch dasselbe Motiv. Feli da raus holen.

"Weißt du, Pablo", sagte ich und drückte das Messer noch mal fester zu "Es ist mir egal, was Javi und Alés im Nachhinein von mir halten. Es geht hier um mein eigen Fleisch und Blut, um meine Schwester. Und wenn es um sie geht, da kann ich leider nicht anders, als alles andere zu ignorieren, um mein eigenes Ziel zu verfolgen. Selbst wenn das heißt, ich verliere die Jungs damit."

"Lasst sie los!", schrie er plötzlich. Das war der Moment, wo Feli zu Rafa rannte. Dieser nahm sie direkt auf den Arm und ließ sie nicht mehr los.

Und somit ließ ich Pablo auch los.

"Ich wollte dich testen und du hast den Test bestanden, es gefällt mir wie kalt du sein kannst. Und es zeigt mir auch, dass du sogar bereit wärst, die Leute zu töten, die den Jungs etwas bedeuten."

Ich war so außer mir, dass ich nicht anders konnte. Das alles war lediglich ein Test, ein Test, um Pablo zu beweisen, dass ich es wert bin, ein Teil von dem ganzen hier zu sein.

"Weißt du Pablo, bevor ich es vergesse", sagte ich und stach einfach in seinen Oberschenkel ein. Man hörte einige Schreie und seine Lakaien wollten gerade eingreifen, doch Pablo unterbrach ihr Vorgehen mit einer einzelnen Geste "Ich bin bereit für jeden zu töten, der es Wert ist gerettet zu werden. Und meine Familie ist es Wert, mierda (scheiße). Ich liebe jeden einzelnen von ihnen. Hast du das verstanden? Und solltest du nochmals so eine scheiße planen, dann wirst du mir nicht mehr so einfach davon kommen."

Damit wollte ich gerade gehen, doch ich drehte mich nochmal zu ihm um und machte einige Schritte auf ihn zu.

"Du solltest versuchen deine Familie genauso zu beschützen, wie ich es versuche. Obwohl die Jungs dich eigentlich hassen sollten, wollten sie nicht, dass ich dich töte. Das ist der Grund, weshalb du vielleicht mal mit ihnen reden solltest. Denn wie du sicherlich weißt, kann jeder Tag dein letzter sein. Glaub mir Pablo, sie würden sich freuen. Sag später nicht, du hättest es bereut, nicht mit ihnen geredet zu haben, denn dieser Tag wird definitiv kommen. Ich bitte dich lediglich darum, deine scheiß Art einmal beiseite zu legen und einmal den Menschen in dir zu zeigen. Denn deine Jungs haben mehr gelitten, als du es dir vorstellen kannst", flüsterte ich ihm zu, denn diese Worte waren nur für ihn bestimmt.

Damit machte ich auf dem Absatz kehrt, rannte zu Feli und nahm sie direkt in den Arm.

"Hey, alles ist gut. Ich bin ja jetzt bei dir. Kein Grund zu Panik. Ich hab dir doch versprochen auf dich aufzupassen und jetzt hör auf zu weinen, denn Prinzessinnen weinen doch nicht", sagte ich und gab ihr einen Kuss.

"Ja, du hast Recht. Eine Prinzessin richtet ihre Krone wieder und macht einfach weiter", schrie sie und schaute dabei Pablo an, dieser lächelte Feli an. War das, das erste echte lächeln, welches ich von Pablo sehe. Vielleicht haben ihn meine Wörter doch härter getroffen und er hat endlich eingesehen, dass sein Verhalten uns gegenüber grausam war.

Während Pablos Ärzte ihn verarzteten, gingen wir aus dem Saal, bisher hatte keiner der Jungs ein Wort gesagt und auch Feli schien sehr müde zu sein. Ihr muss das alles wohl mehr zu schaffen gemacht haben, als ich anfangs angenommen hatte.

Selbst während der Fahrt blieben alle still und irgendwann schlief ich dann auch mit Feli im Arm ein.

***

Als ich wach wurde und merkte, dass ich fast keine Luft mehr bekam, weil der werte Herr García förmlich auf mir lag, versuchte ich mich aus seinem Griff zu befreien. Was einfach ein Ding der Unmöglichkeit war. Er grummelte die ganze Zeit nur vor sich hin. Und als ich dann auch noch den Geruch von Waffeln roch, konnte ich mich nicht mehr halten und schubste Alés von mir runter. Diesem schien das gar nicht zu gefallen, denn er stand auf und schaute mich böse an.

"Was sollte das genau, ich wollte weiter auf dir schlafen."

"Man Alés, du warst viel zu schwer und ich habe Hunger, also komm jetzt mit", sagte ich und stieg aus dem Bett, dabei merkte ich, dass ich nur Unterwäsche anhatte.

"Oh, ich glaube ich schau dir noch ein bisschen länger zu, das gefällt mir besser, als das Frühstück", sagte er und lächelte mich dabei an.

Ich wurde rot, woraufhin ich sein Shirt nahm und es mir überzog.

"Kommst du jetzt oder soll ich alleine runter?"

"Ich komme ja schon, du Spielverderberin. Ein bisschen länger hättest du mich ja schauen lassen können."

"Du bist so ein Idiot", sagte ich lachend und er folgte mit runter. Wobei er mich die ganze Zeit küsste. Unten angekommen, hörte er dann auf. Erst dachte ich, er wollte nicht, dass die anderen wieder rummeckern, doch als ich dann Pablo sah, der bei uns am Tisch saß, traute ich meinen Augen nicht. Alés nahm mich und stellte sich vor mich, um mich zu beschützen, aber Pablo war alleine, also war dies auf keinen Fall nötig.

"Cami, Tío (Onkel) Pablo hat sich bei mir entschuldigt und jetzt sind wir Freunde", sagte Feli und klang dabei so glücklich. Doch, dann begriff ich erst, was sie gesagt hatte und traute meinen Ohren nicht. Was ist hier los? Oh, dios mío (Oh, mein Gott), in was hatte ich mich da rein geritten? Meinte er es diesmal ernst oder war das alles wieder nur ein falschen Spiel von ihm?

García MafiaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt