XLVI. Ich liebe dich

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Nachdem wir uns alle bewaffnet hatten, standen wir jetzt vor dem Schussgelände und jeder übte vor einer Bahn. Ich hatte mir von Alés helfen lassen, die richtige Waffe für mich zu finden, was einfach eine Stunde dauerte. Ja sicherlich ist eine Stunde nicht viel, aber diese Stunde könnte uns später an Erfahrung fehlen. Also den Jungs wahrscheinlich weniger als mir. Doch je mehr ich über Zac nachdachte, desto wütender und aggressiver wurde ich, dabei waren das keine meiner Charakterzüge. Sobald dieser Albtraum sein Ende finden würde, würden wir heiraten und danach direkt auf unsere Flitterwochen gehen, so hatte es mir Alés versprochen. Da ich Alés mittlerweile besser kenne, als jeder andere, wusste ich, dass er seine Versprechen niemals brechen würde.

Je länger das Training ging, desto sicherer würde ich zwar mit der Waffe, jedoch quälte mich diese Zeit, die wir noch bis zu dem Aufmarsch hatten. Ich malte mir alle Szenarien aus. Es könnten Leute sterben, vielleicht auch einer meiner Jungs, aber daran wollte ich nicht denken. Immer wieder versuchte ich mir einzureden, dass wir doch eine Schutzweste tragen und eigentlich relativ geschützt sein werden, aber dass es dann trotzdem einen von uns erwischen würde, bereitete mir unheimlich viele Sorgen.

"Hey, denk nicht darüber nach. Mach dir keine Sorgen darum", sagte Alés und gab mir einen Kuss.

"Woher weißt du woran ich denke?"

"Das kann man an deinem Gesichtsausdruck erkennen und daran wie grauenvoll du seit ungefähr zehn Minuten schießt", gab er lachend von sich.

"Ich will mir doch auch keine Gedanken darüber machen, aber es könnte dabei soviel schief gehen und davor habe ich angst. Ich will nicht, dass euch was passiert."

"Amore, uns wird nichts passieren, wir sind geübt in sowas und wir haben doch noch Pablo und seine Leute. Wir sind eindeutig in der Überzahl."

"Weißt du, ich hab schon daran gedacht, alles einfach Pablos Jungs zu überlassen-"

"Und wir trinken hier Kaffee und essen dabei Kuchen, oder was? Wie kannst du überhaupt daran denken? Ich setzte doch keine anderen Leben aufs Spiel, damit es uns gut geht. Ich zwinge keinen der Jungs dabei mitzumachen, sie sind alle von sich aus hier. Camila, wenn dir das zu viel wird, dann kannst du hier bleiben und ein Kaffeekränzchen abhalten. Er ist unser Gegner, da zieh ich mich doch nicht wie ein Feigling zurück und lass die anderen meine Drecksarbeit erledigen", ich wollte gerade einwenden und was dazu sagen, doch er lief einfach weg. Jetzt war er sauer.

So war das doch auch nicht geplant. Ich wollte ihm doch nur sagen, was ich denke. Das soll doch wohl ein schlechter Witz sein, jetzt ist er sauer auf mich, obwohl ich nicht mal was getan habe. Arsch. Vor allem hat er mich nicht einmal aussprechen lassen.

***

Nachdem wir fertig gegessen hatten, war ich fertig geduscht bereit ins Bett zu gehen, aber irgendwie hatten wir das mit Alés immer noch nicht aus der Welt geschafft und um ehrlich zu sein, hatte ich überhaupt keinen Bock auf ihn. Deshalb beschloss ich mich zu Feli zu legen, doch als ich ihr Zimmer betrat, sah ich, dass sie mit Leo im Bett lag und neben ihnen eine Chipstüte. Die Zwei würden morgen defintiv noch was von mir zu hören bekommen. Vor dem Schlafen kann man sich doch nicht noch eine Chipstüte reinpfeifen.

Es führte wohl doch kein Weg daran vorbei mit Alés in einem Zimmer zu schlafen. Also machte ich mich auf den Weg, insgeheim hoffte ich, dass er bereits schlief, damit es nicht ganz so seltsam für uns beide sein würde. Doch zu meinem Pech, saß er auf unserem Bett und schaute auf sein Handy. Jetzt tut der werte Herr auch noch so, als sei er beschäftigt. Was er kann, kann ich schon lange.

"Cami, Zac hat wieder angerufen", sagte er plötzlich und schaute dabei auf den Boden. Und da fiel es mir auch erst auf, er hatte da die ganze Zeit mein Handy in der Hand und nicht seins. Ich ging zu ihm und nahm ihm das Handy weg um zu sehen, dass er tatsächlich recht hatte. Aber warum rief er jetzt wieder an?

"Was wollte er? Alés rede mit mir", als ich das sagte, kniete ich mich vor ihm auf den Boden, damit ich einen besseren Blickkontakt zu ihm hatte. Und dann sah ich erst seine Tränen. Ich hatte ihn bisher nur einmal weinen sehen und das gerade zerbrach mir einfach das Herz. Obwohl ich sauer auf ihn war, konnte ich ihm nicht böse sein. Er nahm mich in den Arm und plötzlich saßen wir beide auf dem Boden, er hatte seine Arme um mich geschlungen und sein Kopf lag auf meiner Schulter. Ich wusste nicht was passiert war, aber eins wusste ich, es hatte ihn so sehr getroffen, dass er mich jetzt einfach brauchte. Und es wäre besser jetzt so lange einfach die Schnauze zu halten, bis er sich bereit erklärt mir zu sagen, worüber er mit Zac gesprochen hatte.

"Baby, bitte sag Pablo nichts. Ich will nicht, dass er direkt aufbricht. Bitte, versprich es mir", obwohl ich nicht wusste, warum er jetzt von Pablo sprach, wusste ich, dass er mir nichts sagen würde, würde ich ihm diesen Versprechen nicht geben.

"Versprochen, ich verspreche es dir."

"Er weiß, dass wir hier sind. Er weiß es. Er hat dich angerufen, ich bin dann dran gegangen, weil ich ihm sagen wollte, dass er damit aufhören soll. Aber er hat einfach die Kamera angemacht und mir ein Video gezeigt. Baby, ich habe gesehen wie sein Vater meine Mamá getötet hat. Ich habe es mit meinen eigenen Augen gesehen."

Und das war der Moment, in dem ich nicht wusste, was ich tun sollte. Ich war überfordert mit der Situation. Genauso hatte ich mich auch gefühlt, als ich bei Pablo war und er mir gezeigt hat, dass Zac meine Eltern getötet hat, aber diese Situation fühlte sich gerade ganz anders an. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Ich nahm ihn einfach in den Arm und küsste ihn. Aber genau das schien, das richtige zu sein, um ihn zu beruhigen. Er brauchte gerade einfach meine Liebe und die gab ich ihm auch.

*

"Ich weiß du willst es vielleicht nicht hören, aber wir sollten Pablo sagen, wer der Mörder seiner Frau gewesen ist."

"Nein, auf gar keinen Fall. Er würde direkt losmarschieren und wir brauchen noch die paar Tage, die wir eingeplant haben."

"Baby, er hat ein Recht darauf zu erfahren, wer seine Frau getötet hat."

"Ja, aber erst nach den fünf Tagen, die wir noch zum Trainieren brauchen. Camila, du hast es mir versprochen."

"Keine Angst, ich halte mein Versprechen, aber würdest du es an seiner Stelle nicht auch wissen wollen. Ich meine, er lebt schon seit so vielen Jahren ohne zu wissen, wer seine Frau ermordet hat. Immer hieß es, es war der Feind, aber keiner konnte ihm irgendwelche Anhaltspunkte liefern."

"Ja, aber ich kenne Pablo und würde ausrasten. Unser Plan würde komplett schief laufen und so viele Menschen würden wegen seinem Fehler sterben. Das will ich vermeiden."

"Ich überlasse dir die Entscheidung, aber ich würde ihm diese wichtige Information nicht vorenthalten."

"Camila, ich liebe dich."

García MafiaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt