Kapitel #19

6.9K 435 67
                                    

Er sah aus dem Fenster als er langsam zu sprechen begann.

„Du kennst doch sicher den Fall, wenn man ein krankes Vögelchen findet. Man nimmt es mit zu sich nachhause, möchte es gesundpflegen und wieder zum Fliegen bringen."

Verwirrt zog ich meine Augenbrauen zusammen. Ich verstand absolut nicht wovon er da redete, aber ich traute mich nicht, ihn zu unterbrechen. Also begann ich langsam zu nicken.

Er sprach weiter „Nun ja, Jaydon, Alice und ich sind Carlayhs kranke Vögelchen. Wir wurden nicht wie andere Kinder in einem Waisenheim abgegeben, oder zur Adoption freigegeben, wie die meisten anderen ungewollten Kinder. In meinem Fall, wurde ich von meinen biologischen Eltern in einem Park neben einer Parkbank abgelegt, bevor sie wieder zurück in ihre Heimat gingen. Ich war noch keine Woche alt. Carlayh kam gerade von der Arbeit und war am Weg nachhause als er mich fand."

Ich musste schlucken. Ich wollte etwas sagen, aber ich blieb stumm.

Endlich drehte er seinen Kopf in meine Richtung. So viel Trauer und Schmerz war in seinem Gesicht zu erkennen. Seine Augen waren auf mich gerichtet, aber er blickte durch mich hindurch.

„Ich wollte es dir sagen, wirklich... aber ich konnte einfach nicht. Seit ich denken kann, war das der Grund warum ich von anderen gemobbt und fertig gemacht wurde. Ich war für alle der kleine Junge, den niemand wollte. Ich hatte einen Raum noch nicht betreten, mich noch nicht vorgestellt, da wusste jeder schon was Sache war. Mein Ruf eilte mir voraus. Ich bin Dr. Carlayh Styles krankes Vögelchen. Die Arbeit, die er mit nachhause nahm." Ein leichtes Lächeln huschte über sein Gesicht, vermutlich um mir zu signalisieren, das alles in Ordnung ist. Das dies nichts war, worüber ich traurig sein sollte.

Ich wollte ihn beruhigen, ihm sagen dass das nicht stimmt. Dass er ein liebenswerter Mensch ist und seine Eltern den größten Fehler ihres Lebens begangen hatten.

Ich zog ihn einfach in meine Arme. Teils weil ich ihn beruhigen wollte und teils damit er nicht sieht wie sich meine Tränen auf den Weg machten, um mir über die Wangen zu laufen.

Er drückte mich fest an seinen warmen Oberkörper. Und wieder einmal hatte ich das Gefühl, das nicht ich ihn tröstete, sondern Harry mich.

Langsam ließ der Druck seiner Umarmung nach. Er gab mich frei, sah mir in mein wohl noch von den Tränen gerötetes Gesicht.

„Du bist der liebenswerteste Mensch den ich je kennengelernt habe, du hast sowas wirklich nicht verdient", brach es plötzlich aus mir heraus.

„Es ist in Ordnung... wirklich...Ich bin glücklich, immerhin hab ich ja eine tolle Familie, die ich über alles liebe.", erwiderte er und lächelte mir aufmunternd zu. „Aber Louis? Kannst du mir etwas versprechen?"

„Was denn?" ich musterte sein Gesicht, in der Hoffnung es würde mir verraten, was er nun sagen wollen würde.

„Bitte behandle mich jetzt nicht anders."

Aus verwirrten Augen sah ich ihn an. „Wieso sollte ich? Harry, egal ob man in einer Pflegefamilie oder im Waisenheim aufwachsen ist. Das macht einen nicht schlecht oder anders. Jeder hat es verdient, Liebe zu erfahren."

„Aber dennoch werde ich immer der kleine Junge bleiben, den keiner wollte oder je haben will."

„Ich will diesen Jungen."

Ich blickte in Harrys verwirrtes Gesicht. „Es tut mir leid, ich wollte nicht....ich weiß, dass du..."

Ich brachte meinen Satz nicht mehr zu Ende, da ich plötzlich seine Hand in meinem Nacken fühlen konnte. Er sah mir tief in die Augen. Die Zeit schien stehen zu bleiben, als er seinen Kopf in Richtung des meinen bewegte. Seine Augen wanderten zu meinen Lippen, welche sich aufgrund der Freude, was wohl jetzt passieren wird, leicht geöffnet hatten. Er verstärkte den Druck in meinem Nacken und zog mich so förmlich an sich. Wir waren nur mehr Millimeter voneinander entfernt. Doch kurz bevor sich unsere Lippen treffen konnten, hielt er inne. „Darf ich dich Küssen?", es war kaum mehr als ein Flüstern. „Ja!" hauchte ich ihm mit zitternder Stimme sofort entgegen. Endlich trafen sich unsere Lippen. Zaghaft legt er seine auf die meinen, als hätte er Angst, mir versehentlich weh zu tun. Die Geschwindigkeit meines Herzschlags schien sich zu verdoppeln. Seine Lippen sind so unglaublich weich und zart. Ich fühle die Wärme die von ihm ausgeht und komplett Besitz von mir ergriff. Ich wollte dass dieser Moment nie endete.

Plötzlich vernahm ich das schrille Geräusch eines Handys. Das darf doch jetzt wohl nicht wahr sein. Wer ruft um 1 Uhr nachts an?

Harry hielt seine Augen immer noch geschlossen, als er sich von mir löste. Seufzend zog er das Ding, das gerade den schönsten Moment meines Lebens beendet hatte, aus seiner Hosentasche.

„Tut mir leid, da muss ich ran gehen" entschuldigend sah er mich an.
„Was ist denn?" knurrte er ins Handy. „Wehe Dir, es ist kein dringender Notfall." Während er der Person auf der anderen Seite der Leitung zuhörte, starrte er mir unentwegt in meine Augen. Harry hatte so einen unglaublich intensiven Blick. Würde er mich weiter so anstarren, hielt ich es nicht fühl unmöglich, dass das der Grund sein könnte, weshalb ich das Bewusst sein verliere. Gut das er Arzt ist.

„Hast du Carlayh davon in Kenntnis gesetzt?" sprach der Lockenkopf weiter in sein Smartphone. „Ja ich verstehe" er seufzte erneut. „Gib mir 20 Minuten." Dann legte er auf.

„Du gehst?" fragte ich und konnte nicht verhindern, dass ich traurig klang.

„Ich muss. Es tut mir leid. Einer meiner Patienten hat soeben einen Status Epilepticus Anfall erlitten." Er legte seine Hand an meine Wange. „Du solltest jetzt sowieso etwas schlafen, Louis. Du kannst es dir gerne in meinem Bett gemütlich machen." Er gab mir einen flüchtigen Kuss auf die Stirn, ehe er auch schon verschwunden war.

A mysterious one || Larry StylinsonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt