Kapitel #52

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Langsam stolperte ich ihm hinterher. Bei jedem Schritt durchzog mich ein stechender Schmerz.

Harry saß im dunklen Zimmer auf seinem Bett. Sein Kopf war zu Boden gerichtet. Er sagte nichts. Erst als ich mich neben ihn setzte, blickte er zu mir.

„Was habe ich nur getan?" wimmerte er.

„Deine Frau wird es dir verzeihen." Ich brachte diese Worte kaum über die Lippen. Es schmerzte, so sehr, als würde ich nackt in tausend Rasierklingen knien.

Harry schüttelte den Kopf. Er drehte seinen Oberkörper zu mir und streckte seine Hand nach mir aus.

Ich zuckte unter Schmerzen leicht zurück. Er stoppte in seiner Bewegung. Sah mich mitleidig an.

Harry nahm mein Kinn in seine Hand und drehte so meinen Kopf vorsichtig von rechts nach links. Eine Falte bildete sich zwischen seinen Augenbrauen, als er die Würgemale an meinem Hals betrachtete. Vorsichtig strich er mit seinem Daumen darüber.

„Es tut mir so unendlich leid Louis. Ich habe die Kontrolle verloren" sagte er unter Tränen.

Ich legte meine Hand auf seine. „Es ist okay, du hast viel durchgemacht," versuchte ich die Sache herunterzuspielen.

Er schloss seine Augen. „Es wäre besser, wenn du jetzt gehst." Seine Stimme klang wieder kalt und weit weg. Er stand auf und gab mir neue Kleidung von sich.

Harry stand neben der Tür und wartete bis ich fertig angezogen war.

„Wie kannst du mich so einfach wegschicken?" fragte ich ihn, den Tränen nahe, als ich fertig angezogen zu ihm ging.

„Es muss sein."

„Manchmal glaube ich, du hast mich nie geliebt. Ich war nur dein Spielzeug, so lange bis ein besseres kam." Meine Tränen machten sich auf den Weg.

Seine Miene verdunkelte sich wieder. „Sowas denkst du von mir?"

Ich gab keine Antwort. War mir nicht mehr sicher, was ich fühlen oder denken sollte.

Eine Weile sah er mich nur finster an, bis er sich abrupt in Bewegung setzte.

Er öffnete die Tür und stürmte hinaus.

Ich ihm hinterher.

Harry lief geradewegs auf sein Arbeitszimmer zu. Vor der verschlossenen Tür machte er halt. Sein Blick war eisern nach vorne gerichtet, als er sprach.

„Erinnerst du dich an den Kongress in Boston?"

Ich nickte. Er sah es nicht, denn sein Blick fixierte immer noch die Tür vor ihm, dennoch sprach er weiter „Ich war nie dort."

Jegliche Gefühlsregung wich aus meinem Gesicht. Ich hörte seine Worte, aber ich verstand sie nicht.

Er stieß die Tür auf, trat in den Raum und ging zu seinem Schreibtisch. Harry zog die letzte Schublade auf. Er zögerte, bevor er nach etwas griff.

Harry warf dieses Etwas quer durch den Raum zu mir.

Ich blickte auf die kleine Box, die ich nun in meiner Hand hielt. Sie war dunkelblau und ein goldener Schriftzug war darauf gestickt. Ich erkannte den Namen sofort. Es war der Name meines Lieblingsladens in Doncaster.

Ein kleiner Juwelier.

Er lag auf dem Weg zu meiner Schule. Es gab keinen Tag, an dem ich nicht am Schaufenster stehen blieb und den funkelnden Schmuck betrachtete. Ich träumte davon, mir eines Tages dort etwas zu kaufen, auch wenn ich wusste, dass ich niemals, auch nur im entferntesten genug Geld dafür aufbringen konnte. Träumen durfte man ja wohl.

Harrys Stimme holte mich aus meinen Erinnerungen. „Ich war in England..." Ich hob meinen Blick und sah ihn an. „...um deine Mutter, um ihren Segen zu bitten. Auch deine Geschwister und sogar Gerry hatte ich gefragt."

Er machte eine kurze Pause.

„Deine Mutter erzählte mir von dem kleinen Juwelier. Wir sind gleich hin. Alle zusammen." Sein Blick glitt in die Ferne und ein Lächeln umspielte seine Lippen als die Erinnerungen wieder in den Vordergrund rückten. „Wir hatten alle kaum Platz in dem kleinen Laden."

Sein Lächeln wurde breiter und meine Tränen wurden mehr.

„Es hat uns einen ganzen Tag gedauert, bis wir uns schlussendlich für diese Ringe entschieden hatten."

Diese Ringe.. Plural... Ich sah auf die Schachtel die ich in Händen hielt, erblickte aber nur einen Ring.

Sofort Blitze das Bild von Harry und der Frau in meinem inneren Auge auf. Der zweite Ring an seinem Ringfinger, war dem identisch, der in der samtigen Schachtel ruhte.

Er sprach weiter „als du gegangen warst und die Bilder in den Medien aufgetaucht waren, habe ich deine Mutter angerufen. Alle Versuche mich zur Vernunft zu bringen, habe ich kalt abgeschmettert. Ich habe ihr gesagt, dass ich ihr die Ringe schicken werde. Und dass sie ihn Dir in einem ruhigen Moment geben soll. Ich hatte ihn für dich gekauft. Er war dafür bestimmt, an deinem Finger seine volle Schönheit zu entfalten. Aber sie hat abgelehnt und meinte sie würde ihn nicht nehmen. Ich soll ihn weiter bei mir behalten, bis der Zeitpunkt kommt, an dem ich ihn Dir anstecken kann. Aber die Tage zogen vorüber und ich wusste, dass dieser Zeitpunkt nicht mehr kommen wird."

Harry drehte seinen Kopf und sah zu dem Schreibtisch. „also habe ich ihn in die Schublade gelegt und sie nicht mehr geöffnet. Ich konnte den Anblick der Schachtel und erst recht nicht den Inhalt ertragen, bis.."

Er brach ab und schluckte kräftig, als würde er versuchen einen Kloß in seiner Kehle wegzubekommen. „Wir hatten im Krankenhaus einen Patienten, der Dir so unheimlich ähnlich war. Sogar Carlayh erkannte die Ähnlichkeit zu dir und wollte, dass ich den Patienten an Mikhail abgebe. Vermutlich wäre es besser gewesen. Denn in der Nacht, als wir den Kampf um sein Leben verloren hatten, bin ich durchgedreht. Tränen überströmt kam ich hier an. Meine Beine trugen mich direkt hier her." Er deutete auf den Boden unter seinen Füßen. „In dem Moment wo das kühle Material des Rings meine Haut traf, beruhigte ich mich und die Tränen versiegten. Es war als wärst du bei mir und hieltest meine Hand. Seit dem her, habe ich ihn nicht mehr abgenommen."

Mein von Tränen verschleierter Blick, fiel auf seine Hände. Der Ring funkelte immer noch an derselben Stelle, wie auf d dem Bild.

A mysterious one || Larry StylinsonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt