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Seit meinem Aufeinandertreffen mit Banks war inzwischen eine Woche vergangen. Zu meinem – und seinem – Glück war er noch vor meinem nächsten Schichtbeginn entlassen worden, sodass er mir nicht aus Versehen über den Weg laufen und ich ihm nicht aus Versehen in den Hintern treten konnte.
Kun, der für dieses gesamte Schlamassel mehr oder weniger verantwortlich war, besaß im Nachhinein noch die Frechheit, mir zu sagen, dass sein Date ziemlich miserabel verlaufen war und er die ganze Zeit über lieber arbeiten gewesen wäre, als auch nur eine weitere Minute mit diesem Mann in einem Raum zu bleiben. Er konnte sich ebenfalls glücklich schätzen, dass ich mir das Wochenende freigenommen hatte, um Zeit mit meiner besten Freundin zu verbringen; ansonsten würde sich meine Wut auf Banks auf Kun verlagern, der leider nicht das Privileg hatte, mich nie mehr wiederzusehen.

Um jedoch wieder auf meine beste Freundin zurückzukommen: Lia kam gerade in einem ziemlich straffen Tempo auf mich zugerannt, welches ich ihrem unsportlichen Körper gar nicht zugetraut hätte und drohte, mit mir zu kollidieren, was sie, trotz meines Ausweichversuchs, letztendlich auch tat.

»Kasey!«, schrie sie meinen Namen und fiel mir freudestrahlend in die Arme, wobei sie mich fast von den Füßen riss. Lias umwerfende Persönlichkeit war nicht das einzige, was einen umhauen konnte; für ihre schlanke Figur konnte sie – wenn sie denn wollte – einen umwerfen wie ein Footballspieler, wenn es um den alles entscheidenden Touch-Down ging.

»Lia!«, imitierte ich ihre überschwängliche Begrüßung, was sie wiederum zum Lachen brachte. Wir hatten uns inzwischen seit fast einem Monat nicht mehr persönlich gesehen und kaum Zeit gefunden, anderweitig in Kontakt zu bleiben.
Bei Lia lag es an ihren zahllosen Vorlesungen in Stanford, Hausarbeiten, die zu erledigen waren und möglicherweise der einen oder anderen Party, auf der Lias Anwesenheit dringend gefordert war.
Meinerseits raubte mir eine straffer Schichtplan, langes Training und Abendessen mit meiner Familie, bei denen meine Persönlichkeit zwingend erwünscht war, meine wertvolle Zeit.

»Wie geht es dir?«, fragte sie und hakte sich bei mir unter, bevor wir uns in die lange Schlange vor dem Clubeingang stellten. Lia und ich hatten beschlossen, diesen Samstag zusammen feiern zu gehen, um neben Unistress und Verbrechensbekämpfung wieder einmal Zeit miteinander zu verbringen. Am Montagmorgen würde Lia dann zurück nach Stanford fahren, um sich wieder ihrem Studium zu widmen und mich hier in Los Angeles zurücklassen, wo ich freudig Pläne schmieden konnte, wie ich Kun in der nächsten Zeit sein Leben zur Hölle machen konnte.

»Ganz gut, eigentlich«, antwortete ich und grinste über beide Wangen, als ich realisierte, wieder mit meiner besten Freundin vereint zu sein. »Du wirst mir nicht glauben, wer letzten Freitag bei uns im Wagen saß«, sagte ich und konnte mir so Lias vollkommener Aufmerksamkeit sicher sein. Wenn es um den neusten Klatsch und Tratsch ging, war Lia immer zu haben – und meine Worte klangen überaus vielversprechend.

Der Dramatik halber blieb ich einen Moment lang still und konnte beobachten, wie sich die Rädchen in Lias Kopf drehten. Vermutlich ging sie gerade alle möglichen Personen durch, wobei von Barack Obama bis Mrs. Church, unserer ehemaligen Direktorin, alles vertreten war.

»Erinnerst du dich noch an Cole Banks?«, erlöste ich sie von ihrer Unwissenheit und sah Lias Mundwinkel in die Höhe schießen.

»Nein, oder?«, lachte sie. »Doch nicht unser verzogene Ritter ohne schillernde Rüstung und mit schickem Wagen statt Pferd? Haben ihm die Frauen in England endlich mal Manieren beigebracht?« Falls sie es versucht hatten, haben die Frauen in England ziemlich versagt, wenn sie aus Banks einen vornehmen, britischen Gentleman hatten machen wollen.

»Ich bin fast vom Stuhl gefallen, so sehr hat mich seine zuvorkommende und höfliche Art überrascht«, erwiderte ich und selbst ein tauber Mensch hätte die Ironie in meiner Stimme hören können.

Kasey McMillenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt