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Wenn es einen Tag gab, den beinahe die gesamte Menschheit mit Unglück assoziierte, dann war es Freitag, der 13.: Begonnen mit dem Zusammenbruch der Berliner Börse 1927, über den Bombenangriff auf den Buckingham Palace während des Zweiten Weltkrieges, bis hin zum Untergang der Costa Concordia vor knapp sieben Jahren und der Ermordung der amerikanischen Raplegende 2Pac fanden alle diese grauenhaften Ereignisse am dreizehnten Tag eines Monates statt, der zufälligerweise auf einen Freitag gefallen war.

Ich schenkte diesem Aberglauben rund um Freitag, den 13. keine große Bedeutung und hielt die Tatsache, dass sich all diese historischen Katastrophen der letzten einhundert Jahre eben an diesem Tag zugetragen hatten, für reinen Zufall.

Der Ursprung für diesen Tag des Unglücks lag außerdem in der Bibel und hatte somit noch weniger Wert für mich, da ich eine überzeugte Atheistin war und noch nie eine Seite des Alten oder Neuen Testaments gelesen hatte.

Dennoch musste ich zugeben, dass sich Freitag, der 25. Januar 2019 für mich anfühlte wie ein schlechter Freitag, der 13. Mein zwanzigster Geburtstag gab zwar Anlass zum Feiern, nur war mir heute absolut nicht nach Feiern zumute.

Bereits in dem Moment, in dem mein Handyalarm um halb fünf Uhr morgens freundlicherweise meine unruhige Nacht für beendet erklärte, wusste ich, dass es der bisher schlimmste Geburtstag meines Lebens werden würde. Müde stieg ich in eine Leggins, zog einen übergroßen Hoodie darüber, den ich meinem Bruder bei meinem letzten Familienbesuch gestohlen hatte und schaltete missmutig die Kaffeemaschine an. Die Sonne war noch nicht einmal aufgegangen und es war verhältnismäßig ruhig auf den Straßen von Los Angeles.

Binnen weniger Minuten leerte ich meinen Kaffee und stellte die Tasse daraufhin neben die Spüle, um sie später zusammen mit dem restlichen Geschirr von gestern Abend abzuwaschen. Ohne große Umschweife lief ich ins Badezimmer und putzte mir die Zähne, wobei sich der frische Geschmack der Zahnpaste arg mit dem Bitteren des Kaffees biss, der mir noch auf der Zunge lag.

Meine zerzausten Haare band ich zu einem Zopf zusammen und wusch mir kurz das Gesicht, um nicht mehr so starke Ähnlichkeit mit einer Leiche zu haben, obwohl ich so oder so nicht verbergen konnte, diese Nacht kaum ein Auge zugetan zu haben.

Im Flur schnappte ich mir meine Sneakers und stopfte mein Handy, meinen Schlüssel und Autoschlüssel in eine kleine Bauchtasche, bevor ich die Treppenstufen nach unten lief und in die kühle Nachtluft trat. Der Gehsteig vor meinem Wohnhaus war komplett leer und das einzige Geräusch, was durch die frühen Morgenstunden drang, war das Fauchen und Kreischen einer herumstreunenden Katze.

Mit schleifenden Schritten machte ich mich auf den Weg zum Parkhaus, das um die Ecke des Blocks lag und in dem ich glücklicherweise mein Auto parken konnte. Auch wenn ich dem Autofahren im übermüdeten Zustand aus Sicherheitsgründen und schlechten Erfahrungen abgeschworen hatte, würde ich meinen neuen Grundsatzheute wohl oder übel über den Haufen werfen müssen.

Glücklicherweise waren die Straßen wie ausgestorben, als ich meinen Toyota durch die Straßen in Richtung Huntigton Park steuerte und ich musste mein Gehirn nicht allzu stark anstrengen, um einem potenziellen Raser oder einem aus dem Nichts auftauchenden Motorradfahrer auf die letzte Sekunde auszuweichen.

Mit quietschenden Reifen hielt ich vor Coles Apartment und warf einen Blick auf das Gebäude zu meiner Rechten. Cole stand bereits mit einem dicken Koffer und einer vollgepackten Reisetasche vor seiner Haustür und hatte wohl schon auf mich gewartet. Schweigend stieg ich aus und öffnete die Kofferraumlucke, sodass er sein Gepäck darin verstauen konnte.

Ich spürte, wie er meinen Blick suchte, doch ich konnte ihm einfach nicht in die Augen sehen, ohne Gefahr zu laufen, hier und jetzt in Tränen auszubrechen.

Kasey McMillenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt