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Mein Handy vibrierte noch einige Male, bevor es in meiner Bauchtasche wieder still wurde. Kurz dachte ich, dass ich mir die Vibration nur eingebildet hatte, aber wenige Sekunden später spürte ich, wie es erneut klingelte und an meinem Bauch unangenehm vibrierte.

Ich wandte meinen Blick von dem verlassenen Check-in – und damit auch von meiner Hoffnung, dass Cole doch zurückkommen würde – ab und griff in die kleine Tasche, um mein Handy hervorzuholen. Überrascht sah ich auf das Bild von Kun, welches ihn dabei zeigte, wie er auf einen Boxsack einschlug und mir damit klarmachte, dass er gerade derjenige war, der mich so früh am Morgen anrief.

Bevor sein Anruf erneut erstarb, nahm ich ihn an und hielt mir das Handy ans Ohr.

»Kun? Warum rufst du mich in so einer Herrgottsfrühe an? Ich dachte, du kommst gerade aus der Nachtschicht?«, bombardierte ich ihn direkt mit Fragen und wartete auf seine Antwort.

»Kasey, hör zu. Steff hat mich gerade aus dem Revier angerufen und behauptet, dass es einen Notfall gibt, für den alle verfügbaren Einsatzkräfte benötigt werden«, klang seine Stimme ernst, wenn auch ziemlich verschlafen. Vermutlich hatte er bereits im Bett gelegen und war beinahe im Reich der Träume versunken gewesen, als Steff in angerufen hatte.

»Was für ein Notfall? Gibt es einen Code?«, hakte ich nach und drehte mich endgültig vom Check-in weg, um langsam in Richtung Ausgang zu laufen.

»Steff hat mir diesbezüglich keine genaueren Informationen gegeben«, erwiderte Kun und dem Rascheln im Hintergrund entnahm ich, dass er sich gerade anzog und über den Lautsprecher mit mir kommunizierte. »Er meinte nur, dass ich diese Nachricht an dich weiterleiten und du so schnell wie möglich zum Revier kommen sollst«, fuhr er fort und seine Stimme ertönte prompt klarer als zuvor; vermutlich hatte er sich fertig angezogen und war nun nicht mehr auf den Lautsprecher angewiesen.

»Du bist vermutlich eher da als ich, deshalb-«

»Das glaube ich nicht«, fiel ich ihm ins Wort und joggte nun in Richtung Ausgang.

»Wieso?«, fragte Kun sichtlich verwirrt als aus dem Hintergrund das Zufallen einer Tür und das Klappern eines Schlüsselbundes zu hören war.

»Weil ich gerade am Flughafen bin«, erklärte ich und rannte nun durch einen der gigantischen Ausgänge des Flughafens. Es war so früh, dass die Sonne noch nicht einmal aufgegangen war und der Himmel in ein dunkles Mitternachtsblau gehüllt war.

»Wieso bist du am Flughafen? Willst du in den Urlaub fliegen?« Ein weiteres Knallen ertönte – dieses Mal vom Zufallen der Autotür. Auf meinen Unterarmen machte sich eine Gänsehaut breit und selbst durch den recht dicken Hoodie ließen mich die Januartemperaturen hier in Los Angeles frösteln.

»Danke, dass du mir immer so gut zuhörst«, entgegnete ich sarkastisch und verdrehte die Augen.

»Offensichtlich erinnerst du dich nicht mehr an unser Gespräch von vorgestern, in dem ich dir mitgeteilt habe, dass Cole heute nach England fliegt.«

»Ach stimmt, da war ja was«, ging ihm auf der anderen Seite der Leitung ein Licht auf.

»Ja, da war ja was«, wiederholte ich bitter. »Jedenfalls wirst du deshalb eher da sein als ich, denn selbst wenn der Verkehr heute günstig ist, werde ich mindestens eine Dreiviertelstunde brauchen.« Mein Blick glitt zu einer der digitalen Anzeigetafeln, die mir verriet, dass das nächste Shuttle an diesem Terminal erst in neun Minuten hier eintreffen und in die vollkommen verkehrte Richtung fahren würde.

»Kannst du in diesem Fall vielleicht-«

»... Deine Uniform von zuhause abholen?«, vollendete Kun meine Frage und startete den Motor seines Autos, weshalb sich ein leichtes Klappern zu den restlichen Hintergrundgeräuschen gesellte. »Und ja, das kann ich machen. Fahre einfach direkt zum Revier. Wir sehen uns dann da.«

Kasey McMillenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt