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Es war eine Sache, Cole zuzusagen, dass ich ihn auf die Benefizgala seiner Redaktion begleiten würde. Eine andere war es jedoch, dass es in meinem Kleiderschrank nicht ein einziges Kleidungsstück gab, welches einem solchen Anlass gerecht wurde und das mich nicht wie ein hässliches Entchen inmitten von zauberhaften Schwänen aussehen ließ.

Daher musste ich nun einer Tätigkeit nachkommen, die ich normalerweise um jeden Preis umging, da sie mir den letzten Nerv – und Penny – raubte: Shoppen.

Ich tendierte dabei nicht nur zu emotionalen Ausbrüchen, sondern ebenfalls zu depressiven Verstimmungen, die infolge meiner Misserfolge zustande kamen. Im Moment war eher ersteres der Fall.   

»Ich drehe hier noch durch«, schrie ich beinahe, während ich mich aus dem zwanzigsten Kleid befreite und dieses so gut wie möglich zurück an den Kleiderbügel hing.

Nun stand ich in meiner Unterwäsche in der Umkleide irgendeines Geschäftes und war noch nie so nahe an einem Nervenzusammenbruch gewesen wie in diesem Moment.

Natürlich gab es in der Vergangenheit Stresssituationen, die womöglich sogar noch schlimmer gewesen waren als die derzeitige, jedoch kam Shopping meines Erachtens am nächsten an diese Ereignisse heran. Das Sahnehäubchen des Grauens würde noch die Anwesenheit meiner besten Freundin Lia Park bilden, die sich zwischen Kleiderstangen und Umkleidekabinen zu einer Wahnsinnigen verwandelte, die meine Knie vor Angst schlottern und mein Portmonee bluten ließ.

»Geht es Ihnen gut, Miss?«, hörte ich die besorgte Stimme der Verkäuferin, die meinen Schrei anscheinend vernommen hatte und sich erkundigen wollte, ob ich gerade einen Anfall oder ähnliches hatte. Vermutlich klang ich auch wie eine Irre, die seit ungefähr fünf Minuten nichts anderes tat als zu fluchen und sich über Cole Banks und seine dämliche Gala aufzuregen.

»Ja, keine Sorge«, brachte ich wenig überzeugend hervor und kratzte mir verlegen den Hinterkopf. Allmählich musste ich diesen Laden hier verlassen, um weiterhin für meine geistige Stabilität garantieren zu können. Ich legte die Kleider, die ich bereits anprobiert hatte, über meinen linken Arm und steckte den Kopf aus der Umkleidekabine heraus.

Die junge Frau, die mich bisher beraten hatte, warf mir einen nervösen Blick zu, welchen ich ihr bei meinem Verhalten nicht wirklich übelnehmen konnte.

»Wenn Sie so freundlich wären, könnten Sie die hier schon einmal zurückhängen?«, sprach ich sie an und streckte ihr meinen linken Arm mit den Kleidern darauf entgegen.

»Natürlich«, sagte sie und nahm mir sofort die schwere Fracht ab, bevor sie zurück in Richtung der Kleiderstangen lief. Währenddessen zog ich mir mein Shirt wieder über den Kopf und schlüpfte in meine Jeans. Mein Haar machte den Anschein als hätte ich in eine Steckdose gefasst und ich verfluchte jetzt schon meine Entscheidung, in den wenigen Stunden, die mir vor der Arbeit geblieben waren, nach einem Kleid für diese Gala zu suchen.

Als ich Lia ein Bild von meinem Kleiderschrank hatte zukommen lassen, auf dem sie mit ihren kundigen Augen nach einem tauglichen Kleid hatte Ausschau halten sollen, war ihr einziger Kommentar ein einfaches ›Nein.‹ gewesen. Und da sie diejenige mit einem Plan war, vertraute ich auf ihr fachmännisches Urteil und schlug mich nun durch die Einkaufläden von Los Angeles, auf der Suche nach der Nadel im Heuhaufen.

Ich winkte der Frau, die mir die Kleider abgenommen hatte, noch freundlich zu und verließ daraufhin das Geschäft, um sogleich von der strahlenden Sonne willkommen geheißen zu werden.

Selbst Ende des Jahres, wenn andere Bundesstaaten bereits knietief im Schnee versunken waren oder mit orkanähnlichen Böen zu kämpfen hatten, konnte man sich auf das schöne, kalifornische Wetter verlassen.

Kasey McMillenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt