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»Jetzt nähen Sie den verdammten Schnitt einfach wieder zu!«, fuhr ich die arme Assistenzärztin an, die auf meine Forderung hin nur genervt die Augen verdrehte.

Ich musste zugeben, dass ich mich in den vergangenen zwanzig Minuten wie ein billiger Abklatsch der Diva aus der Snickers-Werbung aufgeführt hatte und mir dieser Tatsache auch durchaus bewusst war, aber trotzdem nicht einsehen konnte, warum die Ärzte in dieser Notaufnahme so verflucht langsam arbeiteten.

Seit Kun und ich mit dem Krankenwagen hier eingeliefert worden waren – ich in die Notaufnahme, er direkt in den OP – schien die Zeit plötzlich langsamer zu vergehen; als würde ein Männchen in der Uhr, welche mir direkt gegenüber hing, seinen winzigen Körper mit aller Macht gegen die Zeiger stemmen, um so zu verhindern, dass er vorwärtskam.

Direkt nach meiner Ankunft wurde mir zuallererst eine Kanüle gelegt und daran ein Beutel voller Blut befestigt, um die Mengen an Blut, welche ich verloren hatte, zu kompensieren und so zu garantieren, dass ich nicht in Ohnmacht fiel. Aber wenn ich ehrlich sein sollte, rauschte gerade so viel Adrenalin durch meine Adern, dass die Wahrscheinlichkeit, dass ich umkippte genauso hoch war wie die, dass ich eines Tages Präsidentin werden würde.

»Miss McMillen, ich verstehe Ihren Aufruhr ja nur zu gut, aber könnten Sie bitte einfach ruhig daliegen, damit ich meine Arbeit richtig machen kann? Wenn ich diese Wunde nicht sorgfältig untersuche und versorge, dann könnte sie sich entzünden und eine hässliche Narbe zurücklassen. Also halten Sie jetzt endlich still und hören Sie auf, so ein Theater zu machen«, zischte die junge Ärztin und ich konnte ihr ihren Tonfall nicht übelnehmen. Vermutlich hätte ich genauso reagiert, wenn vor mir eine nörgelnde und dauerhaft unzufriedene Patientin liegen würde, die die ganze Notaufnahme mit ihrem Drama in Atem hielt.

Mürrisch verschränkte ich die Arme vor der Brust – so gut es mit einem Schlauch in Unterarm eben ging - und tat wie mir geheißen, woraufhin es mir so vorkam als würde die gesamte Notaufnahme erleichtert ausatmen und zelebrieren, dass ich endlich die Klappe hielt. Während die Ärztin meine Wunde genauer untersuchte, nahm ich mir die Zeit, um mein Umfeld das erste Mal richtig zu wahrzunehmen.

Überall wuselten Ärzte und Krankenschwestern herum und für halb acht am Morgen herrschte bereits allerhand Betrieb. Neben mir lag ein kleines Mädchen auf einer Liege, deren Fuß in einem ungesunden Winkel zum Rest ihres Beins abstand, die jedoch – anders als ich – bisher noch keinen Ton von sich gegeben hatte und stattdessen in einem Buch über Pferde blätterte.

Mir gegenüber saß ein älterer Mann, dessen gesamte Handinnenfläche in einer Mischung aus Rot und Schwarz schimmerte und vermutlich mit etwas sehr Heißem in Kontakt getreten war, der sich aber auch noch nicht einmal über seine Lage beschwert hatte.

Gut, vielleicht war ich nach den vergangenen Stunden etwas aufgewühlter als sonst, jedoch waren meine Gründe dafür mehr als nur berechtigt: Ich war beinahe draufgegangen – schon wieder, wohlgemerkt – und hoffte nun inständig, dass mein bester Freund nicht auf dem OP-Tisch beschloss, den Engel im Himmel Gesellschaft zu leisten und nicht weiter mir auf die Nerven zu gehen. Dagegen waren ein gebrochener Knöchel und eine verbrannte Hand ein Witz – wenn auch ein äußerst schlechter.

»Wie es aussieht, hat sich Ihre Wunde nicht entzündet und ist ein ausgesprochen sauberer Schnitt. Ich würde Ihre Wunde einfach zunähen und Sie kommen in ein paar Tagen vorbei, damit sich ein Arzt Ihren Schnitt noch einmal anschaut«, informierte sie mich fachmännisch und griff prompt in einen Schieber rechts neben sich, um die nötigen Utensilien daraus hervorzuholen.

Ich konnte mir nur schwer einen Kommentar verkneifen, da ihr Vorschlag das war, worum ich seit meiner Ankunft hier inständig gebeten hatte, beschloss jedoch, mein kleinkindhaftes Verhalten jetzt der Vergangenheit angehören zu lassen und mich wie eine erwachsene Frau zu verhalten.

Kasey McMillenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt