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Auch wenn ich Coles skeptische Seitenblicke durchaus wahrnahm, ignorierte ich sie. Zum einen lag das daran, dass ich mich aufs Autofahren konzentrieren musste und zum anderen würde sich wieder das verräterische Grinsen auf mein Gesicht stehlen, sobald ich Cole ansah.

»Wo genau bringst du mich jetzt hin, dass ich Trainingshosen tragen muss?«, fragte er und lehnte seinen Kopf gegen das Fenster, um die vorbeifahrenden Autos beobachten zu können.

»Wir sind in etwa fünf Minuten da, dann wirst du es schon sehen«, antwortete ich und blinkte, um in die nächste Ausfahrt einzubiegen. Ich folgte der Straße noch einige Minuten, bevor ich Dads Wagen auf den beinahe leeren Parkplatz fuhr und Cole beim Anblick dessen wohl endlich ein Licht aufging.

»Das ist nicht der Griffith Park, oder?«, sprach er seine Gedanken aus, schnallte sich ab und öffnete die Beifahrertür, sobald ich das Auto zum Stehen gebracht hatte.

»Doch«, erwiderte ich und kratzte mich verlegen am Hinterkopf; nicht mehr so sicher, ob es so eine gute Idee gewesen war, Cole hierher gebracht zu haben.

Ich öffnete ebenfalls die Wagentür und trat in die Frische des Dezembertages. Die Sonne, die über unseren Köpfen schien, spendete keine Wärme, weshalb ich in meinem kurzen T-Shirt sofort begann zu frösteln.

»Was hattest du denn vor? Wandern?«, erkundigte er sich und beugte sich über die Motorhaube, dass er mich besser ansehen konnte. Plötzlich fühlte ich mich unwohl unter seinem intensiven Blick und schlug mich innerlich für meinen Plan, bei meinem ersten Date mit Cole tatsächlich wandern gehen zu wollen. Sicherlich wäre kein anderes Mädchen jemals auf so eine blödsinnige Idee gekommen.

»Äh«, gab ich schlau von mir und suchte nach den richtigen Worten. »Wenn das keine so gute Idee ist, dann können wir auch etwas anderes machen. Ich dachte nur, dass hier um diese Jahreszeit ziemlich wenig los ist und du ja auch recht aktiv bist und dass das vielleicht-« Cole unterbrach meinen Redeschwall, indem er um das Auto herumgelaufen kam und mir einen Finger an die Lippen legte.

»Ich mag die Idee«, sagte er und ich konnte anhand seiner Mimik erkennen, dass es ehrlich gemeint war. »Ich war ewig nicht mehr wandern. Meine Familie hasst es, aber ich finde es eigentlich ganz angenehm«, erzählte er. Mir fiel ein Stein in der Größe des Denali vom Herzen und ein zartes Lächeln machte sich auf meinen Lippen breit.

»Cool«, sagte ich, unschlüssig, was ich auf seine Worte erwidern sollte.

»Dann lass uns mal losmachen. Ich schätze, du weißt, wo wir hinmüssen«, rief Cole zum Aufbruch auf, ergriff sogleich meine Hand und zog mich hinter sich her.

Wenn ich die nächsten zweieinhalb Stunden in einem Wort zusammenfassen müsste, würde mir sicher keins einfallen. Nur eine Wortgruppe, die während der gesamten Wanderung immer mal wieder in den Vordergrund trat: Die Aussicht ist schön.

Ich meinte diese Worte tatsächlich auf die Aussicht bezogen. Der Ausblick war schlichtweg der Wahnsinn und dadurch, dass nicht so viele Touristen unterwegs waren, konnte man die Natur noch besser in vollen Zügen genießen.

Mein Begleiter jedoch verwendete diese Worte immer genau dann, wenn er hinter mir herlief und meinte daher vermutlich weniger die Landschaft um uns herum, sondern mehr mein Hinterteil, welches von Zeit zu Zeit verführerisch in seinem Sichtfeld auftauchte und durch die enge Leggings hervorragend zur Geltung kam.

Als wir wieder am Auto angekommen waren, holte ich die Wasserflasche, die ich vorsorglich von zuhause mitgenommen und im Endeffekt doch auf unserer Wanderung vergessen hatte, hervor und reichte sie Cole, der dankbar einige Schlucke daraus trank.

Einige Strähnen klebten an seiner verschwitzten Stirn, welche er sich mit einer lässigen Handbewegung aus dem Gesicht strich und wahrscheinlich keine Ahnung hatte, wie attraktiv er dabei aussah.

Kasey McMillenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt