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Es war eine schöne Abwechslung, einmal nicht diejenige zu sein, die flinke Füße bekommen und losrennen musste. Stattdessen konnte ich gemütlich in meinem Lederdrehstuhl sitzen bleiben und mir die Zeit damit vertreiben, ›Stolz und Vorurteil‹ von Jane Austin zu lesen.

Seitdem ich das Buch in Coles Bücherregal entdeckt hatte, konnte ich mich nicht davon abhalten, es ein weiteres Mal zu lesen.

Das einzige Problem bestand darin, dass ich mich nicht darauf konzentrieren konnte, was auf den Seiten geschrieben stand, da mir die ganze Zeit die Frage in meinem Kopf herumschwirrte, warum Cole sich derartig seltsam verhalten hatte.

Ich konnte nicht sagen, ob er immer noch so launisch war wie früher, aber in der letzten Zeit hatte er auf mich eher den Eindruck gemacht, als hätte er seine Hormone mittlerweile im Griff und war allgemein mehr zu einem Mann geworden.

Vielleicht hatten die Briten und ihr raues Klima ihn ein wenig abgehärtet, sodass er sich nicht mehr so verhielt wie unter einer Überdosis Testosteron.

Jedenfalls fiel ich beinahe vom Stuhl, als Cole die Tür eine Spur zu stürmisch aufriss und wie ein Wirbelsturm in die Polizeistation wehte. Da ich meine Füße auf dem Schreibtisch liegen hatte und damit halb auf meinem Stuhl lag, fiel es mir sichtlich schwer, das Gleichgewicht zu halten. Vermutlich wies ein Sack Kartoffeln gerade mehr Anmut auf als ich.

»Kasey«, hörte ich meinen Namen und hob einen Arm, um ihm zuzuwinken und so zu signalisieren, wo ich war. Mittlerweile hing ich tatsächlich wie ein nasser Sack zwischen Stuhl und Schreibtisch und eine Landung auf den kalten Fliesen unter mir würde wohl demnächst unvermeidbar werden.

»Alles in Ordnung?«, erkundigte sich Cole, der mir verschränkten Armen an meinem Platz angekommen war und meine Verrenkungen mit hochgezogenen Augenbrauen betrachtete.

»Alles gut«, brachte ich hervor und versuchte mit allen Mitteln, meinen Körper in eine einigermaßen passable Haltung zu bringen, was mir jedoch kläglich misslang.

»Brauchst du vielleicht Hilfe?«, fragte er ziemlich amüsiert.

»Nein, ich komm schon klar«, erwiderte ich trotzig, obwohl ich seine Hilfe wirklich gebrauchen konnte. Jedoch war Cole der Letzte, den ich in so einer Situation darum bitten würde, mich vor einem Absturz zu bewahren, da ich diesen Umstand nicht mit meinem Stolz vereinbaren konnte.

»Ich helfe dir trotzdem mal«, ignorierte er meine Aussage und kam auf mich zu.

Ich hob abwehrend die Hände, um ihm zu signalisieren, dass ich alles unter Kontrolle hatte, musste aber im selben Augenblick feststellen, dass diese Idee nicht gerade meine Beste gewesen war.

Der fehlende Druck meiner Hände führte nämlich dazu, dass der Stuhl endgültig wegrollte und ich von der Schwerkraft auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt wurde.

So viel zu Rettung in letzter Sekunde und meinem Ritter in glänzender Rüstung: Cole stand neben meinem Platz und brach in schallendes Gelächter aus, während dich mich grummelnd aufrichtete und meinen Hintern wieder auf dem weichen Leder positionierte.

»Ha ha, sehr lustig. Ich lach mich kaputt«, legte ich so viel Sarkasmus wie nur irgend möglich war in meine Worte und rieb mir den Rücken, da ich mir diesen bei meinem atemberaubenden Sturz an einer der Drehrollen des Stuhls angestoßen hatte.

»Ach komm, kleine Rachegöttin. Ich mach doch nur Spaß«, sagte er und wuschelte mir dabei durch die Haare.

»Du sollst mich nicht so-, ach vergiss es«, unterbrach ich mich selbst. »Es bringt eh nichts.«

»Exakt«, gab er grinsend zurück und ich überdachte meine Theorie mit den nachgelassenen Stimmungsschwankungen doch noch einmal.

Cole ließ sich auf meinem Schreibtisch nieder und ein kurzer Moment der Stille entstand, bevor ich mich räusperte und das ansprach, was ich so dringend wissen wollte und weshalb er ursprünglich hergekommen war:

Kasey McMillenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt