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Ich hatte einen Pakt mit dem Teufel geschlossen, so viel war sicher. Meine Gedanken kreisten in den letzten Tagen beinahe ausschließlich um mein Arrangement mit Banks – pardon: Cole – und die Konsequenzen, die eben dieses nach sich zog. Sicher war, dass ich ab sofort mehr Zeit mit ihm verbringen würde, als mir womöglich lieb war. Ebenso stand fest, dass meine Nerven womöglich in starke Mitleidenschaft gezogen werden würden, wenn man sein übergroßes Ego und seinen Hang zur Selbstüberschätzung in Betracht zog. Noch schlimmer als alles andere wäre jedoch, wenn...

Ich kam nur leider nie dazu, diesen Gedanken zu Ende zu spinnen. Stattdessen fühlte ich, wie etwas Hartes mein Bein traf und mich binnen weniger Sekunden von den Füßen riss. Als ich unsanft auf dem Hintern landete, sah ich nach oben und direkt in Kuns Gesicht, das tadelnder kaum hätte sein können.

»Du bist abgelenkt und unkonzentriert«, stellte er nüchtern fest und betrachtete mich weiter eingehend. Ich brauchte es nicht einmal versuchen, mich mit irgendwelchen an den Haaren herbeigezogenen Erklärungen zu verteidigen. Mit einem mahnenden Blick hielt er mir eine Hand hin, die ich wortlos ergriff und an der ich mich von ihm zurück auf die Beine ziehen ließ.

»Was ist los mit dir? So kenne ich dich gar nicht.« Ich schritt von der Matte herunter, die mein Rücken nun schon mehrmals hatte zu spüren bekommen und griff nach meiner Trinkflasche, die jedoch bereits bis auf den letzten Tropfen leergetrunken war.

»Ich weiß doch auch nicht. Meine Gedanken schweifen immer wieder zurück zu Katherine Roberts und ihrem Fall«, gestand ich und band mir die Haare neu zusammen, da sie sich über meine zahlreichen Stürze hinweg immer weiter aus meinem Zopf gelöst hatten, bevor ich mich auf dem Boden niederließ. Mein Rücken tat inzwischen wirklich weh und es würden sich wohl einige blaue Flecke morgen darauf abzeichnen.

»Immer noch dieser Mord? Ich dachte, dir würde es damit jetzt bessergehen«, sagte er und musterte mich nachdenklich, reichte mir dabei seine Flasche, die ich dankbar entgegennahm und setzte sich anschließend neben mich auf den Boden.

»Das ist es nicht. Ich will vielmehr rausfinden, wer das getan hat und wie ich diesen Kerl am schnellsten einen Kopf kürzer machen kann«, erwiderte ich und ballte meine freie Hand mit einem dämonischen Grinsen zur Faust.

»Wenn du so ein Gesicht machst, hab ich manchmal echt Angst vor dir«, gab Kun von sich und zitterte gespielt. »Bestimmt haben die meisten anderen Typen das auch.«

»Mach dich nicht lächerlich«, entgegnete ich und schlug ihm gegen die Schulter. »So angsteinflößend bin ich jetzt auch nicht.« Kun begann, seine Hand abwägend zu drehen.

»Also so unwahrscheinlich ist das gar nicht. Du bist ziemlich gerissen, kannst mich locker einmal zusammenfalten und hast auch kein Problem damit, deine Meinung anderen kund zu tun. Wäre ich nicht schwul, würde ich dich sicher daten wollen.« Wir sahen uns einen Moment lang in die Augen, bevor wir in schallendes Gelächter ausbrachen.
Die Wahrscheinlichkeit, dass Kun mit mir – oder ich mit Kun – ausgehen würde, war so hoch wie die, dass die Sahara-Wüste plötzlich überflutet würde und im Norden Afrikas somit das achte Weltmeer entstand. Dieser Gedanke war viel zu absurd und noch abwegiger als die Vorstellung von mir und Cole als Paar.

In diesem Kontext konnte man erwähnen, dass Kun und ich schon seit Jahren die Angewohnheit hatten, loszulachen, auch wenn es absolut nichts zum Lachen gab. Es reichte ein einfacher Blick, der minutenlanges Gelächter auslösen konnte. Eines der besten Erlebnisse bis dato war, als Kun ohne Vorwarnung und Kontext einen versauten Kommentar zum Hintern eines Punktrichters bei einem Wettbewerb gemacht hatte, dass mir beinahe meine Instantnudeln wieder aus dem Mund – und der Nase - geflogen wären.
Schlimmer war jedoch gewesen, dass eben dieser mir meinen Pokal überreicht hatte und mir aufrichtig zu meinem Gewinn gratuliert hatte. Dabei hatte ich es für meinen Teil kaum hinbekommen, ihm in die Augen zu sehen, ohne an Kuns Bemerkung zu denken und dadurch lautstark loszulachen.

Kasey McMillenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt