Schleimer

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Strikt gehe ich einfach nach oben auf mein Zimmer. Julian folgt mir nicht, daher denke ich, dass er sich wohl bei Mama einschleimen will. Ich ziehe mich um und mache mich kurz frisch, bevor ich wieder nach unten gehe. Dort treffe ich auf die Beiden, wie sie in aller Seelenruhe zusammen Tee schlürfen und quatschen. Fragend blicke ich sie an. "Wollen wir los?", ziehe ich die Augenbrauen hoch. Julian schaut rüber zu meiner Mutter. "Erst, wenn du deinen Tee ausgetrunken hast.", gibt sie zurück - fast so, als wäre sie seine Mutter. "Wie peinlich..", verdrehe ich die Augen, woraufhin ich von Beiden nur ein Grinsen erhalte. Schnell spült Julian seinen Tee runter und erhebt sich dann. Er spült seine Tasse ganz vorbildlich und stellt sie dann ab. Was ein Bluffer, ein auf Muster Schwiegersohn. Wenn Mama wüsste, wie es bei ihm zuhause aussah.. "Können wir, du Muster Schwiegersohn?", frage ich mit ner Mischung aus Ironie und Genervtheit. Eigentlich finde ich es ja ganz süß, dass Julian so viel Wert darauf legt, gut bei meiner Mutter anzukommen - und ich werde auch fast schwach, aber ich will die Sache nicht ungeklärt stehen lassen, schließlich muss ich ihm klar machen, dass es Grenzen gibt. Oder wie würdet ihr es finden, wenn euer Typ nach ein paar Tagen schon anfängt, eifersüchtig zu sein? Grundlos, wohl bemerkt..
Julian lächelt nur verlegen und auch meine Mutter grinst vor sich hin. Die Beiden verabschieden sich noch ganz respektvoll und schätzend voneinander, bevor wir endlich das Haus verlassen können. "Was ein Schleimer.", kann ich mir nicht verkneifen, als wir im Wagen sitzen. Julian lacht. "Hey, es ist ja wohl enorm wichtig, dass deine Mutter mich für einen guten, respektvollen Mann hält.", verteidigt er sich. "Dafür musst du nicht so krass rumschleimen, sondern einfach du selbst sein. Bist ja kein Schlechter.", erwidere ich. Er blickt mich grinsend an. "War das ein Kompliment?", zieht er die Augenbrauen hoch. "Wobei... da fällt mir doch glatt wieder ein, dass du vielleicht kein Schlechter bist, aber dafür eifersüchtig schlechthin.", blicke ich ihn nun an. Er schmunzelt vor sich hin. "So beginnst du das Thema also?" - "Irgendwie muss ich es ja, vergessen werde ich es auf jeden Fall nicht.", verschränke ich die Arme. "Schon gut. Eifersucht...", nuschelt er vor sich hin, als er schon parkt. "Das hast du wahrscheinlich von Armin?", stellt er fest. "Ist egal. Fakt ist, ich weiß es und ich musste es spüren. Und jetzt frage ich dich, warum? Warum bei mir? Warum so eine Bemerkung?", bombardiere ich ihn mit Fragen. Er atmet durch. "Warum bei dir müssen wir ja nicht bereden.", schaut er mich kurz an, sein Blick wandert aber weiter. "Es war nur irgendwie nicht durchdacht. Da war kurz dieser störende Gedanke daran, dass..", stockt er. Ich schaue ihn an. "Dass?" - "Dass du so schnell wieder weg von mir bist, wie du gekommen bist. Es ging in den letzten Tagen ja sehr schnell zwischen uns, das weißt du. Und Armin sagt immer, das ist eigentlich alles gar nichts für dich und dass ich es nicht überstürzen soll, sonst gehst du auf Distanz. Aleyna, wenn du wüsstest, wie lange ich darauf gewartet hab, eine Möglichkeit zu finden, dich nicht mit einem langweiligen "Hey.", anzuschreiben.", lacht er. Ich blicke ihn fragend an. Das passt irgendwie nicht, schließlich ist er mir erst vor einigen Monaten gefolgt. "Ich beobachte dich schon seit Jahren, hab aber nie ein großes Ding draus gemacht, weil ich dachte, ich hätte eh keine Chance. Ich wusste zwar, dass du mich als Fußballer gefeiert hast, aber ich wusste halt dennoch, dass du die kalte, emotionslose Aleyna bist - die kleine "Schwester" von einem meiner Freunde. Aus Respekt zu Armin wollte ich dich dann schon überhaupt gar nicht anmachen, weil ich wusste, wie sehr Armin sich um dich sorgt und gar keinem Typen die Chance gibt, dich kennenzulernen.", lacht er. "Und deswegen hab ich es einfach so stehen lassen. Dich als Fußballerin bewundert und beobachtet, aber versucht, auf Distanz zu bleiben. Schließlich bin ich dir ja nicht mal auf Instagram gefolgt bis vor ein paar Monaten.", muss er erneut auflachen - als ob er meine Gedanken gelesen hätte. "Aber beim DFB-Shooting vor einigen Monaten konnte ich meine Augen nicht von dir abwenden und bin dir danach einfach gefolgt, hab dich verfolgt und war so oft kurz davor, dich einfach anzuschreiben. Aber wie blöd hätte das dann ausgesehen? Was hätte ich schreiben sollen? Hey? Tolles Spiel? Ich wollt mich nicht vor dir blamieren, hab aber auf eine gute Möglichkeit gewartet. Und welche Möglichkeit war besser als dich zu unterstützen, wenn du für die wichtigste Entscheidung deines Lebens spielen musst? Als ich die ganzen Artikel gelesen hab, dass deine Genehmigung abläuft, war das Erste, was in meinen Gedanken war, dich zu pushen. Um ein Zeichen zu setzen, dass sogar wir Profis von dir mehr als überzeugt sind. Und du bist einfach eine krasse Fußballerin, es ist so - und abgesehen von meinem Interesse an dir, du hättest diese Genehmigung einfach mehr als verdient gehabt. Und deswegen dacht ich mir an dem Abend: Du machst das jetzt. Und, wenn ihr nur 3 Sätze austauscht, solang sie die Genehmigung bekommt und ich sie unterstützt habe, reicht mir das.", erklärt er. Meine Augen ruhen auf seinem Mund, während ich ihm gespannt zuhöre. "Und plötzlich lief es schneller und besser, als ich erwartet hätte. Wir treffen uns, ich darf dich endlich kennenlernen und alles läuft gut. Ich komme mir so dumm und psychisch gestört vor, wenn ich das alles so erzähle. Nicht, dass du denkst, ich wäre ein kranker Stalker.", scherzt er, sodass ich lachen muss. "Aber ja. Ich war einfach überwältigt davon und hatte etwas Angst, dass du einfach nur korrekt auf freundschaftlicher Art zu mir bist. So, wie du zu jedem halt bist, du bist schließlich Teil des Männerfußballs, umgeben von Männern.", spricht er noch immer und schaut mich kurz an. "Ich hatte einfach nur etwas Furcht davor, dass du mich wie alle Anderen siehst..", fügt er dann noch hinzu, in einem etwas leiseren Ton. Und keine Ahnung warum, aber in diesem Moment hab ich einfach nur das Verlangen danach, ihn zu küssen..
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1013 Wörter, ha! Dafür hat das Update auch gut lange gebraucht. Und es ist schwierig, mehr als doppelt so viel wie gewohnt in einen Part reinzuballern. Aber ich kriege das hin - denn für meine süßen Leser mache ich das natürlich 🥰

P.S.: Hab keine Ahnung, wie oft ich das Wort "einfach" verwende..

Sondergenehmigung (mit Julian Draxler)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt