Sondergenehmigung (mit Julian Draxler)

Letztes U20-Länderspiel

"So schnell ist auch diese Saison schon wieder vorbei..", seufzt Armin etwas vor sich hin, während wir nach unten gehen. "Ja man, ging mal wieder zu schnell. Zwei Bundesliga-Spieltage nur noch, aber dann geht's eeeeendlich ab in den Urlaub.", stimme ich ihm zu. Er grinst. "Aber Miami wird geil, man!", schwärmt er. "Auf jeden! Ich freu mich schon seit 'nem Jahr drauf!", stimme ich ein, als wir das Hotel verlassen. Wir schmeißen unsere Taschen in den Mannschaftsbus und steigen dann ein. Als wir alle auf unseren Plätzen sitzen, geht es auch recht schnell los, da wir bereits hinter dem Zeitplan liegen. Nach ungefähr 30 Minuten kommen wir im Stadion in Frankfurt an. Unsere heutige Platzbegehung dauert nur knapp 10 Minuten, dann verschwinden wir in unseren Kabinen und ziehen uns um. Als ich das Signal bekomme, dass alle fertig sind, gehe ich rüber in die Kabine der Jungs, wo unser Trainer natürlich eine Ansprache hält. "So, meine Kinder.", fängt er wie immer an. "Ihr wisst, das ist heute der Saisonabschluss. Das Spiel ist ein einfacher Test, ihr wisst, was ich in Freundschaftsspielen von euch sehen will. Probiert euch aus, probiert lange Bälle, kurze Pässe, schnelle, One-Touch Pässe - macht das, was ihr euch zutraut, aber überanstrengt euch nicht und verlangt nicht zu viel von euch selbst, habt ihr mich verstanden? Ich sage das bewusst, ich kenne euch mittlerweile gut genug.", blickt er uns nach und nach an. "Ich werde über nichts meckern, das wisst ihr. Probiert mal was neues, so lernt man am besten. Ihr kennt euch untereinander gut genug, um zu wissen, was der Andere als nächstes machen könnte, das wisst ihr selbst. Ich werde zur Halbzeit wahrscheinlich komplett durchwechseln - also fangt von der 1. Minute an, zu spielen, euch zu zeigen. Es ist nicht wichtig, wie das Spiel hier endet, aber ich will euch kämpfen sehen - das ist alles! Also, Kinder, zeigt mir ein letztes Mal, was ihr könnt - zeigt mir, wie sehr ich mich freuen kann, mit euch zusammengearbeitet zu haben - das ist alles, was ich von euch heute verlange!", höre ich ihm gespannt zu. Ich liebe die Ansprachen vor den Spielen - sie lösen bei mir einen gewissen Reiz aus. Wir stimmen uns noch kurz ein und machen uns dann auf den Weg zum Platz, um uns warm zu machen, bis das Spiel auch schon losgeht.
Mit dem Pfeifen liegt meine vollste Konzentration im Spiel - ich muss mich für nächste Saison beweisen. Mein Genehmigungsvertrag, um bei den Jungs spielen zu dürfen, läuft nach der Saison aus. Eigentlich. Denn so leicht werde ich nicht aufgeben. Ich werde alles dafür tun, um weiterhin die Frau zu sein, die das Unmögliche geschafft hat. Also muss ich hier heute 1000% geben und das beste Spiel meines Lebens machen, um zu beweisen, dass ich hierher gehöre.
Und es dauert auch nicht lange, bis ich zeigen kann, warum ich bei den Jungs mithalten kann. Nach einer Ecke kommt der Ball etwas undankbar auf meine Höhe - aber ich weiß, wie ich den verarbeiten muss. Ich springe hoch, um ihn mit der Brust anzunehmen und hau' den Ball dann Volley Richtung Tor - besser gesagt ins Tor, in den rechten oberen Winkel. Ich bin selbst noch etwas verwundert, wie blöd ich den eigentlich getroffen habe - aber hauptsache das Ding ist drin! Ich laufe Richtung Eckfahne zu Armin, der mir die zuerst undankbare Flanke gegeben hat. Ich springe auf ihn. "Die kam echt scheiße.", muss ich lachen. Er grinst. "Aber heftig, wie du den reingehauen hast.", zwinkert er, während wir unsere Kameraden abklatschen und uns zum Anstoß wieder aufstellen.
Pünktlich nach 45 Minuten pfeift der Schiri ab. Zur Halbzeit steht es 5:1 für uns und da wären ein lupenreiner Hattrick und eine Vorlage, die auf mein Konto gehen. Ich bin mehr als zufrieden mit der Leistung, die ich hier gezeigt habe. Ich schnappe mir eine Wasserflasche und folge meiner Mannschaft Richtung Kabine. "Das ist die Frau, die ich kenne! Ich bin stolz auf dich.", klatscht mein Trainer mich ab, bevor er die zweite Halbzeit mit uns bespricht. Wie versprochen wechselt er komplett durch. Er schickt ein komplett verändertes Team auf den Platz - aber das macht mir heute nichts aus, denn ich glaube, ich habe alles bewiesen, was ich hätte beweisen können.

Nach 90 Minuten ertönt der Pfiff des Schiris. Das Spiel ist aus - wir gewinnen unser letztes Spiel mit 8:1 und können meiner Meinung nach wirklich stolz auf uns sein - und uns auf die Abschlussfeier heute Abend freuen.