Mühe

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Am nächsten Tag steht das Abschlusstraining an. Wie immer geht Christian es etwas lockerer an, fordert mehr Konzentration statt totalen Körpereinsatz, damit wir morgen nicht kaputt auf dem Platz stehen. Nachdem wir schlussendlich 3 Runden Auslaufen waren, machen wir uns auf den Weg zu den Kabinen, als die Profis uns entgegen kommen. "Ohoh, ist das unsere zukünftige Spielmacherin?", grinst Emre und klatscht zum Handschlag ab. Ich lache. "Irgendeiner muss euch ja mal helfen, gegen Bayern zu gewinnen.", zwinkere ich, sodass die Jungs lachen müssen. "Nächste Saison bist du aber noch U21, oder?", fragt Emre dann. Ich nicke. "Jetzt eine, vielleicht zwei Saisons U21. Wenn ich Glück hab, zieht Favre mich ja hin und wieder mal raus, um euch zu zeigen, wie man Fußball spielt.", bringe ich die Jungs zum Lachen. "Es liegt an Favre, wie lange bzw. ob ich U21 spielen muss.", grinse ich den Trainer der Profis an. Er nickt nur vor sich hin. "Das werden wir ja nach der Sommerpause sehen.", zwinkert er ganz mysteriös. Ich grinse nur vor mich hin, bevor die Jungs weiter zum Platz ziehen müssen. Ich verabschiede mich schnell und gehe dann Richtung Eingang. "Wie ist es so, viel mehr Aufmerksamkeit als jeder Andere in deiner Liga zu bekommen?", höre ich plötzlich, als ich das Zentrum betreten will. Erschrocken drehe ich mich um, um Julian in die Augen zu schauen. Meine Augen weiten sich. "Was machst du denn hier?", grinse ich ziemlich erfreut und umarme ihn ganz fest. Er lacht und zuckt mit den Schultern. "Denkst du, ich würde deine Meisterschaft, deine Genehmigung und deine Party verpassen?", lächelt er mich an. "Ja, das dachte ich.", schmolle ich. Julian lächelt nur weiter und drückt mir einen Kuss auf die Stirn. "Nicht, wenn der Grund ist, um in einem anderen Land rumzusitzen und nichts zu tun. Natürlich bin ich dabei.", fügt er dann hinzu, was mich sehr glücklich macht. Ich lächle ihn nur an. "Ich muss eben duschen, wartest du draußen oder willst du dich rein setzen?", frage ich ihn, aber er winkt ab. "Es ist schon eine Überwindung für mein blaues Herz, dass ich vor dem Ding stehe. Betreten werde ich es sicherlich nicht!", zwinkert er. "Ich ersteche dein blaues Herz gleich.", gebe ich grinsend, aber giftig zurück und mache mich auf den Weg zur Dusche.
Da ich vorhin mit Sinan zum Training gefahren bin, passt es gut, dass Julian mich nun fahren kann. "Wie geht's meinem Profi vor dem letzten U20-Spiel?", grinst Julian, als wir im Auto sitzen. Ich lächle. "Deinem Profi?", frage ich. "Wessen sonst?", zwinkert er. Ich verdrehe die Augen. "Gut soweit, ist ja nicht allzu bedeutend mehr, das Spiel. Aber trotzdem müssen die 3 Punkte her. Und danach heißt es: Urlaub!", lache ich. Julian schaut mich an. "Urlaub?", zieht er die Augenbrauen hoch. Ich schlucke. Hab ich etwa vergessen, ihm vom Urlaub zu erzählen??? - Ich erwidere seinen Blick. "Weißt du nicht von unserem Miami-Trip?", ziehe ich ebenfalls die Augenbrauen hoch. "Wer hätte mir davon erzählen sollen, wenn du es nicht tust?", gibt er zurück. "Armin vielleicht..", murmle ich. Er schüttelt den Kopf. "Und wann geht's los?", fragt er. "Dienstag..", antworte ich kleinlaut. Er lacht trotzig auf. "Ahja.. Also wäre ich Montag extra früh aus Paris wieder gekommen, um zu erfahren, dass du am nächsten Tag in den Urlaub fliegst. Und dann bist DU sauer auf mich, obwohl du es nicht mal für nötig gehalten hast, mir von deinem Urlaub zu erzählen.", merkt man ihm seinen enttäuschten und gleichzeitig angepissten Unterton an. Wieder muss ich schlucken. "Ich dachte, ich hätte dir davon erzählt. Es waren stressige Wochen für mich, es ging jetzt schneller als gedacht und plötzlich ist es schon nächste Woche.", versuche ich mich zu erklären, aber Julian ist zurecht leicht angepisst und antwortet gar nicht darauf, als wir bei mir ankommen. Ich bleibe sitzen und schaue ihn an. "Es tut mir leid, ich hab' es wirklich nicht so im Kopf gehabt, dass es schon so weit ist. Ich hab's auch verpeilt..", versuche ich weiter. "Was für verpeilt, du hast dich gerade noch drauf gefreut, dass morgen das letzte Spiel ist und es anschließend in den Urlaub geht.", regt er sich weiter auf. "Ich schwöre, ich dachte, ich hätte es dir schon gesagt. Sonst hätte ich es doch nicht so angesprochen!" - "Schon klar.", gibt er weiterhin enttäuscht zurück. Ich seufze. "Ich bring' eben meine Tasche hoch. Kommst du mit oder..", frage ich. Oder was? Oder fährst du wieder? Oder wartest du? Wieso bin ich so dumm und hab vergessen, ihm vom Urlaub zu erzählen. Julian winkt nur ab. "Ich warte.", schaut er mich nicht einmal an, bevor ich aussteige. Ich steige die Stufen hoch zur Haustür, bevor ich nach oben gehe. Ich schlüpfe schnell in ein vernünftigeres, süßeres Outfit und öffne meine Haare, bevor ich wieder zu Julian gehe. Ohne einen Laut von sich zu geben, startet er den Wagen. "Wohin fahren wir?", frage ich nach ein paar Minuten. Er zuckt mit den Schultern. Einige Sekunden später folgt dann in ruhigen Ton: "Hast du Hunger?" - Ich nicke. "Schon, ja.", gebe ich dann zurück. Er antwortet nicht darauf, bevor er beim nächsten Subway hält. Obwohl er sauer ist, öffnet er mir die Tür, was ich extrem süß finde. Ich blicke ihn an. "Kannst du mal wieder mit mir reden, bitte?", frage ich, als ich aussteige. Er schaut kurz zu mir rüber, blickt dann aber weiter und geht voran. "Was soll ich dir sagen?", fragt er fast schon verletzt. "Keine Ahnung. Irgendwas.", greife ich zu seiner Hand und bleibe am Auto stehen. Er schaut kurz auf unsere Hände herab, bevor er mir tief in die Augen schaut. "Es tut mir leid. Das war wirklich nicht so beabsichtigt.", entschuldige ich mich weiter, da ich weiß, dass ich wirklich einen Fehler gemacht habe. Julian atmet durch und nickt. "Weißt du, wie blöd man sich vor kommt, wenn man versucht, alles richtig zu machen und zu planen und dann sowas kommt, von dem man nichts weiß?", schaut er mich an. "Ich wünschte einfach nur, du hättest direkt dran gedacht, mir das zu sagen. Spätestens als ich meinte, dass ich wohl erst Montag kommen kann, für dich kommen kann. Ich könnte meine Pause auch in Paris verbringen oder hätte auch Urlaub buchen können, aber ich wollte für dich her kommen, weil du eh schon traurig und sauer darüber warst, dass ich beim Spiel und der Party nicht dabei sein könnte. Ich dachte einfach, jetzt, wo es ernst zwischen uns wird, möchte ich bei dir sein und nicht irgendwo anders. Ich bin extra heute angereist, um dich zu überraschen, weil ich weiß, dass du das alles hier überdenkst, weil es für dich wichtig ist, dass man bei relevanten Tagen oder Momenten dabei ist. Ich wollte ein Zeichen setzen dafür, dass ich mir alle Mühe der Welt mache für dich - um dir das zu geben, was du dir wünschst und was du verdienst. Deswegen ist es blöd für mich, wenn du im Gegenzug aber nicht dasselbe zurück gibst. Das verletzt mich ein wenig, ich glaube oder hoffe, du verstehst das, dass mich das gerade einfach nervt.", erklärt er mir ehrlich. Ich schlucke und schaue ihm tief in die Augen. Woher er weiß, wie ich über die Sache denke, ist mir gerade egal, aber mein schlechtes Gewissen bringt mich innerlich um. Es ist so süß von ihm, dass er sich all diese Mühe macht und ich nicht mal daran denke, ihm vom Urlaub zu erzählen.. "Natürlich verstehe ich das. Es tut mir wirklich leid, Julian. Wie gesagt, es war nicht so beabsichtigt und ich schwöre, so vernachlässigend würde ich nie handeln, wenn ich daran gedacht hätte, dir vom Urlaub zu erzählen.", atme ich aus. Julian nickt nur vor sich hin. "Ja.. nun ist auch egal. Ich hoffe, dass sowas in Zukunft einfach nicht mehr passiert. Das steht uns beiden im Weg, nicht nur mir.", versucht er zu lächeln. Ich blicke ihn an und atme durch. "Wird nie wieder vorkommen..", murmle ich erneut kleinlaut, da ich mich wegen der Situation echt scheiße fühle. Er lächelt mich einige Sekunden fast schon verliebt an, bevor er mich zu sich zieht und mir einen Kuss auf die Stirn drückt.. Fuck, warum ist dieser Mann so süß zu mir? Und wieso bin ich so scheiße?

Sondergenehmigung (mit Julian Draxler)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt