Kapitel 10

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Lila hatte sich nach Leos Abgang bestimmt tausend mal bei uns entschuldigt, und man sah ihr immer noch deutlich an, wie unangenehm ihr das alles war. Fee, Alex und ich waren aber gar nicht sauer auf sie, trotzdem regten wir uns noch einige Zeit über dieses unmögliche Verhalten auf. Allerdings erst als Lila gegangen war, um sie nicht in eine noch unangenehmere Situation zu bringen. Brian hatte von all dem gar nichts mitbekommen an seinem DJ-Pult, aber wir erzählten ihm später auf dem Dach davon.

Die nächsten Tage war es etwas still zwischen Alex, Lila und mir. Ich verbrachte viel Zeit im Club und übte mit Brain. Ab und zu tauchte auch Alex auf und wir quatschten ein wenig, aber nicht viel. Sie erzählte mir, dass Lila anscheinend viel am lernen war. Wir vermuteten allerdings, dass sie einfach die ganze Situation mit Leo verdrängen wollte. 

"Was ist denn eigentlich mit unserem Mädelsabend? Wollen wir den lieber verschieben oder sollen wir Lila einfach mal fragen?", fragte ich Alex, die mich mal wieder an der Bar besuchte. Es war Dienstagabend und Alex brauchte noch Punkte für die Wette mit Brain, welcher sich auch hier rum trieb. Der Club kam mir vor, wie ein Becken voll mit Fischen und Alex und Brian waren hungrige Haie, auf der Suche nach neuen Opfern.  "Erde an Alex!" Sie baute gerade Blickkontakt mit einer unbekannten Schönheit am anderen Ende der Bar auf und hatte mir offensichtlich nicht zugehört. "Oh Sorry, wir reden später. Ich muss erstmal darüber. Ich glaube da könnte was laufen." Und bevor ich noch was antworten konnte, war sie bereits aufgestanden und gegangen.

Wenig später hatte ich Pause und stand oben auf dem Dach. Es war eine klare und angenehm warme Nacht. Ich lies mich gegen die kalte Wand fallen und zog mein Handy aus meiner Hosentasche und tippte auf den Chat mit Lila. Nachdem ich sie gefragt hatte, ob sie Morgen vielleicht Lust auf einen Abend zu dritt hätte, war meine Pause auch schon fast um. Doch die paar Minuten die mir noch blieben, nutzte ich um ein wenig die Ruhe und Geborgenheit der Nacht in mich aufzusaugen. Nach Stunden in dem stickigen und lauten Club, waren die fünfzehn Minuten an der frischen Luft wirklich eine Wohltat. Ich freute mich schon auf die ersten Veranstaltungen und Partys hier oben. Obwohl der Himmel tiefschwarz war, konnte man leider keine Sterne sehen. Aber viele Lichter der uns umgebenden Häuser verzauberten trotzdem den Moment und wieder wurde mir bewusst, wie viel Glück ich gehabt hatte, ausgerechnet hier gelandet zu sein. Und dann fiel mir Max ein und ich wurde schlagartig traurig. Die eben noch so angenehme Nacht, war schlagartig kühl und drückend geworden. Ich musste ihm unbedingt nochmal schreiben, auch wenn das eigentlich Sinnlos war, aber es gab mir ein gutes Gefühl.

Ungefähr drei Stunden später, stand ich wieder dort oben, an der gleichen Stelle. Jetzt standen aber Fee und Brian neben mir und grade kam Alex auch dazu. "Hier Kaffee für euch", begrüßte sie uns und hielt uns allen Pappbecher hin. "Oh danke", bedankte ich mich. "Ach kein Problem, ich war eh grade unterwegs", lachte Alex. "Jaja, du kommst bestimmt von der kleinen mit den roten Locken. Du bist doch mit ihr mit", kommentierte Fee kopfschüttelnd und anstatt zu antworten, trank Alex einfach schweigend ihren Kaffee. Brian hatte kommentarlos den Kopf geschüttelt. Ob er wohl Angst hatte die Wette zu verlieren?

Nachdem wir alle unseren Kaffee getrunken hatte, verabschieden wir uns und gingen nach Hause. Feierabend, nein, eigentlich hatte ich jetzt Wochenende. Ich hatte jetzt erstmal zwei Tage frei und die wollte ich auch gut nutzen. Mit Alex hatte ich endlich einen Termin gefunden, wann sie mir dann mein neues Tattoo stechen konnte und dann wollte ich nochmal shoppen gehen, ich besaß nämlich nur gefühlt drei Outfits. Vielleicht würde das ja auch was mit dem Mädelsabend geben, das wäre echt schön. Ich hatte Lila schon paar Tage nicht gesehen, vielleicht sollte ich einfach nochmal ins Fitnessstudio gehen, wer weiß, vielleicht war sie ja dort. Zuhause angekommen, ging ich aber erst einmal schlafen. 

Lila hatte mir immernoch nicht geantwortet, deswegen rief ich gegen Mittag Alex an. "Hey, hast du heute Abend was vor?" "Ne noch nicht, aber gleich bestimmt", lachte Alex. "Lass uns heute Abend den Filmabend machen. Ich hab Lila letzte Nacht geschrieben, aber sie hat mir nicht geantwortet. Deswegen geh ich gleich einfach mal gucken, ob sie im Studio ist", erklärte ich mein Vorhaben. "Okay, dann sag mir Bescheid wenn du was erreicht hast. Wollen wir dann zu dir? Du bist die Einzige mit einer eigenen Wohnung." "Ähm klar, ist zwar nicht so groß bei mir, aber gerne", ein breites Grinsen machte sich in meinem Gesicht breit. Ich freute mich wirklich auf den Abend, jetzt musste ich nur noch Lila überreden. "Okay, dann bis später. Ich meld mich", verabschiedete ich mich und war dabei schon fast aus meiner Wohnung gestürmt.

Im Studio angekommen, scannten meine Augen direkt den großen Trainingsraum und blieben an der Scheibe zum Kursraum hängen. Aber dort war Lila nicht zu sehen. Eine Möglichkeit gab es noch. So unauffällig wie möglich, schlich ich mich die Treppe runter zu dem langen Gang mit den vielen Türen. Ganz hinten am Gang angekommen, zog ich meine Kopfhörer aus meinen Ohren und klopfte gegen die Tür. Doch aus dem Raum war laute Musik zu hören, weswegen Lila mich wahrscheinlich nicht klopfen gehört hatte. Na immerhin war sie anscheinend schon mal da. Nach meinem zweiten Klopfversuch, entschied ich mich dazu einfach rein zu gehen. 

Beim Öffnen der Tür, schlug mir die laute Musik entgegen. Es lief Eminem mit Lose Yourself und Lila tanzte dazu. Sie stand vor der Spiegelwand und hatte die Augen geschlossen. Die Musik führte ihren Körper und sie gab sich den Bewegungen hin. So sah es zumindest für mich aus. Wie schon bei unserer ersten Begegnung, war ich von dem Anblick der tanzenden Lila fasziniert. Wie elegant sich der Körper bewegte und wie gut sie einfach beim Sport aussah. Sie trug eine lange Sporthose, ein lockeres Top und hatte eine Jacke umgebunden, sie hätte auch aus einem dieser amerikanischen Tanzfilmen stammen können. 

Es gelang mir nur mit großer Mühe meinen Blick endlich von ihr abzuwenden. Wie benommen, trugen meine Beine mich zu der Musikanlage. Die Musik ging aus und Lila, die mich natürlich mit geschlossenen Augen noch nicht bemerkt hatte, fuhr erschrocken herum. Ihre großen, weit aufgerissenen Augen starrten mich an. Zum ersten mal konnte ich erkennen, wie schön blau ihre Augen überhaupt waren. 

"Oh mein Gott, hast du mich erschreckt", entfuhr es Lila. "Entschuldigung. Aber man erreicht dich ja nicht, also dachte ich, ich versuche mein Glück einfach mal hier. Du, ich, Alex, Mädelsabend, wie klingt das für dich?" "Ähm, gut würde ich sagen." In ihrerer Stimme lag eine deutlich hörbare Unsicherheit, wie ein leichtes Zittern. "Okay, dann sehen wir uns heute Abend um 21 Uhr bei mir." "Alles klar", immernoch hörte sie sich unsicher an. Okay, ich hatte sie auch ziemlich überrumpelt. Kurz bevor ich den Raum wieder verlassen hatte, drehte ich mich nochmal um. "Übrigens sah das echt gut aus, aber die Liedauswahl hat mich überrascht", grinste ich. "Danke", verlegen guckte Lila nach unten auf ihre Schuhe. Ich glaube sie bekam nicht so oft Komplimente, oder sie konnte einfach nicht damit umgehen. Dabei sollte sie doch genügend Wertschätzung bekommen, sie war doch so ein toller Mensch. Aber egal, jetzt musste ich erstmal Alex noch Bescheid sagen. 

Black StarWo Geschichten leben. Entdecke jetzt