"Was ist denn hier los?" Ruckartig drehten wir alle unsere Köpfe in die Richtung, aus der die Stimme kam. Hinter unserem Leihwagen stand ein großer Mann in einem Anzug. Seine schwarzen Haare lagen glatt auf seinem Kopf. Es war Lilas Vater der da stand und uns wütend anschaute. Ich war für einen kurzen Moment sprachlos, genauso wie Fee und Brian. Leo nutzte diese Gelegenheit und ergriff das Wort:
"Hallo Herr Dr. Meyer. Diese drei Herrschaften hier versuchen mich daran zu hindern Liliana zu besuchen", erklärte er in einem hochnäsigen Ton.
"Lila will dich nicht sehen. Sie hat Angst vor dir. Besser du verschwindest jetzt", sprudelte es plötzlich wütend aus mir raus. Dabei war ich wieder einen Schritt auf ihn zu gesprungen, doch er bleib einfach unbeeindruckt stehen."Könnt ihr mal euren scheiß Terrier an die Leine nehmen? Die ist ja gemeingefährlich", motzte Leo und blickte mich dabei mit einem finsteren Ausdruck in den Augen an. Brian reagierte leider auf sein blödes Geschwätz und zog mich vorsichtig zurück.
"Wir sind hier nicht im Kindergarten. Verhalten Sie sich bitte mal wie Erwachsene Menschen und lassen sie Leonard durch. Er darf natürlich jederzeit seine Freundin besuchen", mischte sich nun Lilas Vater mit ein. "Seine Freundin? Sie meinen wohl Exfreundin!", korrigierte ich ihn wütend, woraufhin Leo nur zu lachen anfing. Daraufhin drehte ich mich zu Herrn Meyer um und begann zu erklären. "Hat Lila Ihnen nicht erzählt, dass Leo sie fast vergewaltigt hat? Zum Glück war ich auch da und konnte noch einschreiten", versuchte ich so neutral wie möglich zu erklären. Meine Gefühle sollten nicht erneut mit mir durchgehen.
"Für dich mag Sex zwischen einer Frau und einem Mann vielleicht komisch sein, aber das ist was vollkommen normales. Du bist hier diejenige die dieses widerliche und unnatürliche Sexualleben auslebt", angewidert musterte mich Leo. "Seit Liliana sich mit dieser Lesbe trifft, hat sie sich vollkommen verändert", sagte er abwertend und wandte sich wieder an Lilas Vater.
"Also das mit dieser 'Vergewaltigung' scheint mir wirklich sehr weit an den Haaren herbeigezogen zu sein. Leonard ist ein anständiger junger Mann, der weiß was er im Leben erreichen möchte. Er ist perfekt für Liliana. Im Gegensatz zu Ihnen. Ich meine dieser Club ist doch eine einzige Baracke und jetzt trifft sie sich auch noch mit Homosexuellen dort. Das ist wirklich das Letzte!"
Wiedermal war ich sprachlos. Ich wusste ja das er streng und hochnäsig war, aber das er auch noch homophob war, das ließ mich ohne Worte. Auch Fee und Brian wussten nichts auf diese Aussage zu antworten. Brian fing sich als erster von uns wieder, man sah wie angespannt sein Körper war. Er brodelte schon fast vor Wut. "Also das sie abgehoben sind ist das eine, aber sich so beleidigend und homophob zu äußern, das ist das Letzte! Wirklich das allerletzte!" Brians Worte waren mehr ein wütendes Zischen und er war noch nicht fertig. "Wir werden Sie anzeigen und ihren Lieblings Schwiegersohn ebenso. Das wird bestimmt nicht so gut ankommen, wenn so ein renommierter Chirurg so eine Scheiße von sich gibt."
Jetzt war es Fee die Brian zurück zog. "Ist schon gut, wir lassen uns nicht auf dieses Niveau herunter", sagte Fee leise zu Brian. "Aber wir können nicht gehen. Was ist mit Lila?", fragte ich die beiden genauso leise.
"Komm Leonard, wir gehen jetzt rein. Mit diesen Leuten kann man sich nicht ordentlich unterhalten", wandte sich Lilas Vater an Leo und machte Andeutungen gehen zu wollen. Tatsächlich ging Leo langsam los und so ließen die beiden uns einfach da stehen. Wir wussten immernoch nicht so recht, was wir jetzt tun sollten. Alles in mir wollte an den beiden vorbei laufen und sich schützend vor die Haustür stellen. Doch ich stand einfach nur regungslos da.
Meine Starre wurde aufgelöst, als ich Lilas Stimme vernahm. Ich drehte mich zum Hauseingang und tatsächlich kam Lila gerade aus der Tür gelaufen, vorbei an ihrem Vater und Leo, direkt auf uns zu.
"Liliana wo willst du hin?", rief ihr Vater ihr wütend hinterher. "Hier Weg! Ich will nicht zu Leo. Cara hat die Wahrheit gesagt, aber du glaubst ja lieber ihm und nicht deiner eigenen Tochter!", schrie Lila. In ihren Augen hatten sich Tränen gesammelt und so wie die Tränen langsam ihre Wangen unterlief, fing es an zu regnen.Und plötzlich spielte sich alles in Zeitlupe ab. Die Tropfen fielen immer schneller zu Boden und Lila rannte auf uns zu. Als sie dann vor mir stand und mir in die Arme fiel, kam ich wieder in der Realität an. "Komm wir bringen dich hier weg", sagte ich in Lilas Ohr, konnte den wütenden Unterton aber leider nicht vermeiden. Lila nickte nur schwach und löste sich dann von mir. Brian und Fee waren schon eingestiegen als auch Lila und ich die hinteren Türen des Autos öffneten. "Das ist ein großer Fehler, Liliana!", rief ihr Vater uns noch hinterher. Lila drehte sich aber nicht mehr um, sonder stieg einfach in den Wagen.
Die Fahrt verlief schweigend. Niemand traute sich was zu sagen und niemand wusste was man zu der ganzen Szene auch sagen sollte. Brian hatte seinen Blick stur auf die Fahrbahn gerichtet, während wir Mädels alle schweigend aus den Fenstern guckten. Ab und zu schaute ich vorsichtig zu Lila rüber und konnte sehen, wie nervös sie mit ihren Händen spielte. Sie war grade praktisch von Zuhause abgehauen, das war schon echt krass.
Ich weiß nicht wie lange wir fuhren, aber es kam mir wie eine Ewigkeit vor. Irgendwann hielt Brian an und drehte sich zu uns um. "Ähm, wir sind da. Aber falls du", mit sanfter Stimme wandte er sich an Lila, die ihn direkt unterbrach. "Danke, alles gut. Danke das ihr da wart." Die letzten Worte hatte sie an Brian und Fee gerichtet, bevor sie mich erschrocken anschaute. "Ich hab gar nicht gefragt ob ich mit zu dir darf", sagte Lila peinlich berührt und wäre die Situation grade nicht so ernst gewesen, hätte ich angefangen zu lachen. "Es ist alles gut. Du darfst natürlich mit zu mir kommen", beruhigte ich Lilas aufkommende Zweifel. Auch ich bedankte mich noch kurz bei den anderen beiden und dann stiegen wir aus und liefen wieder stumm nebeneinander her.
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Black Star
Teen FictionCara kommt nach Berlin um ein neues Leben anzufangen und ihre Vergangenheit zu vergessen. Sie versucht alles für ein gelungenen Neustart, doch einfach alles zu vergessen oder zu verdrängen, scheint nicht zu funktionieren. Außerdem kommen dann noch G...