Kapitel 29

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Noch immer herrschte eine angespannte Stille zwischen Lila und mir. Als wir die Wohnung betreten hatten, war Lila direkt in Richtung Balkon gegangen. Mittlerweile hatte sich der Sommerregen in ein Gewitter verwandelt. "Was hast du vor?", fragte ich Lila irritiert. "Ich setze mich ein wenig raus", sagte sie monoton. Sie so zu sehen war alles andere als schön. Und dann saß sie draußen auf meinem Balkon, im Gewitter. So, als wäre es das normalste auf der Welt. Und ich, ich saß drinnen auf meiner Couch und war total überfordert mit der Situation. Tausend Gedanken liefen durch meinen Kopf und für keinen konnte ich mich entscheiden. Schlussendlich entschiedich mich nicht auf irgendwas aus meinem Kopf zu hören, sondern auf mein Bauchgefühl.

Deswegen lief ich auch langsam auf meinen Balkon zu, öffnete sie Tür und setzte mich einfach neben Lila. Ich hatte keine Ahnung wie lange wir so da saßen und uns das Gewitter ansahen, beziehungsweise uns beregnen ließen, aber irgendwie tat es gut. Trotzdem wurde es langsam kalt als die Klamotten durchnässt waren und an der kalten Haut klebten. Auch meine Haare lagen nur noch schwer und chaotisch auf meinem Kopf. Ich schaute zu Lila rüber, und sah ebenfalls ein durchnässtes Mädchen. Ihre Lippen waren schon fast blau und deswegen entschied ich mich dazu aufzustehen.

Lila hatte meinen Abgang anscheinend nicht wahrgenommen, denn erst als ich wieder da war und langsam eine Decke um sie legte, schaute sie mich an. Dieser Blick war so intensiv, dass ich mich nicht traute weg zu schauen. "Danke", hauchte sie schließlich und ein kleines Lächeln bildete sich auf ihren Lippen. Anstatt zu antworten, lächelte ich auch einfach nur. Kurz war es wieder still, aber irgendwie war die Anspannung verflogen. Ich merkte wie Lila anfing zu zittern, weswegen ich sie fragte, ob sie nicht heiß duschen gehen wollte. Sie nickte und stand dann langsam auf und ging wortlos in die Wohnung. Ich folgte ihr ins Bad und reichte ihr ein Handtuch. "Lass dir so viel Zeit wie du möchtest", sagte ich sanft und nahm ihr die nasse Decke ab.

Dann verließ ich das Bad und suchte nach einer Jogginghose und einem großen gemütlichen Pullover für Lila. Anschließend suchte ich auch für mich bequeme, und vor allem trockene, Klamotten zusammen. Lila duschte immer noch, weswegen ich mich dazu entschied, uns einen Tee zu machen. Mittlerweile war der Regen ein wenig schwächer geworden und es machte den Anschein, als hätte das Gewitter uns bald überquert.

Das Rauschen der Dusche verstummte grade, als ich unsere Tassen auf den Couchtisch stellte. Ich nahm mir die Sachen für Lila und klopfte leise an der Badezimmertür. Nachdem Lila leise "ja" gesagt hatte, trat ich ein und wusste wieder mal nicht, wo ich hinschauen sollte. Lila stand in dem Handtuch gewickelt ungefähr zwei Meter vor mir und das reichte schon, um mich vollkommen aus der Bahn zu werfen. "Hier, ich hab dir ein paar Sachen rausgesucht", sagte ich und hielt ihr den Stapel hin. "Oh Danke." Dann setzte ich mich auf die Couch und checkte mein Handy. Seit Lila mich angerufen hatte, hatte ich es nicht mehr beachtet. Jetzt hatte ich drei Nachrichten von Brian. Er wollte wissen wie es Lila ging und fragte auch nach mir. Um ehrlich zu sein, wusste ich weder wie es Lila ging, noch wie es bei mir aussah.

Als ich die Tür vom Badezimmer hörte, legte ich mein Handy wieder weg und ließ Brians Nachrichten ersteneinmal unbeantwortet. Lila kam zu mir auf die Couch und ich deutete mit einer Handbewegung auf die Tassen, woraufhin sie nur nickte. Und dann saß sie da, in meiner Jogginghose und einem schlabber Pulli, im Sommer mit einem heißen Früchtetee und es war das süßeste Bild, was ich je gesehen hatte. Mein Herz setzte kurz aus, doch ich versuchte mir meine Nervosität nicht anmerken zu lassen.

Irgendwann unterbrach Lila die Stille und ich war sehr froh darüber, denn ich wusste einfach nicht was ich sagen sollte. "Ich muss Ruby zu mir holen. Sie kann nicht bei meinen Eltern bleiben. Sie ist ihnen total egal." "Okay ich hol sie dir. Soll ich jetzt direkt los?", fragte ich Lila ohne auch nur eine Sekunde zu überlegen. Ich hätte alles für sie getan. "Willst du alleine los? Das kannst du nicht machen. Ich komm mit", sagte sie erschrocken. Sie hatte anscheinend nicht mit meiner Antwort gerechnet. "Wenn du das so willst, dann gehen wir zusammen. Aber was ist mit deinen Eltern?", fragte ich nach. "Die sind heute Abend bei irgendeiner Veranstaltung, also können wir ungestört zu mir gehen."

Wir schmiedenden einen Plan was genau wir außer Ruby noch von Lila holen wollten. Ohne darüber zu sprechen, war uns beiden klar, dass sie erst einmal bei mir bleiben würde. Es war erst 16 Uhr und wir konnten erst gegen 20 Uhr bei Lila ungestört rein. Irgendwie fühlte es sich total aufregend an alles zu planen. Ich kam mir fast vor wie in einem Film. Und obwohl so viel zwischen Lila und mir passiert war, in der letzten Zeit, war alles wie immer. Außer das mein Herz die ganze Zeit wie bescheuert gegen meine Brust hämmerte und ich mich ab und zu dabei erwischte wie ich Lila einfach anguckte und musterte. Eine Frage beschäftigte mich aber die ganze Zeit. Auch wenn Lila jetzt aus ihrer Starre raus gekommen war, ich wusste absolut nicht wie sie sich fühlte.

Als ich grade mit einer weiteren Tasse Tee zur Couch kam, nahm ich meinen Mut zusammen und fragte sie. "Lila?", sofort drehte sich ihr Kopf zu mir und ihre blauen Augen fixierten meine. "Wie gehts dir denn eigentlich? Also wie fühlst du dich?", fragte ich unsicher und klammerte mich an meine Tasse. "Also, um ehrlich zu sein", sie stoppte kurz, "weiß ich es nicht. Vorhin war ich sehr traurig, weil mein Vater mir weniger glaubt als Leo, aber irgendwie hatte ich auch nichts anderes erwartet. Ich fühl mich irgendwie befreit und das jetzt nicht nur weil ich die letzen 1 1/2 Wochen Hausarrest hatte. In der letzten Zeit habe ich viel nachgedacht und irgendwie fühl ich mich Zuhause gar nicht mehr wohl. Deswegen bin ich froh, dass ich jetzt hier bin." Sie schaute mich an und ihre Augen strahlten sogar ein wenig Freude aus, was mein Herz erst recht zum ausrasten brachte.

"Das versteh ich. Du kannst bleiben solange du möchtest", kam es wie ferngesteuert aus meinem Mund, denn ich war immer noch von ihren Augen gefangen. Ich hatte es so vermisst sie zu sehen. "Und warum hast du mich angerufen und nicht Alex? Ich mein ich hab dich einfach auf der Straße stehen lassen" Lila ließ mich gar nicht ausreden. "Ich wusste du würdest kommen wenn ich deine Hilfe brauchen würde. Von Alex hab ich nichts mehr gehört oder sie gesehen seit dem Club. Sie wäre bestimmt nicht gekommen, denn ich denke sie ist immer noch sauer auf mich. Aber bei dir hatte ich keine Zweifel. Du bist loyal und deswegen hab ich dich angerufen. Und vielleicht erklärst du mir die Sache mit dem Brief ja noch", sagte sie und zuckte zum Schluss noch mit den Schultern.

Ihre Worte überraschten mich. Sie hatte nicht an mir gezweifelt, obwohl ich ihr gesagt hatte wir könnten keine Freunde mehr sein. Aber trotzdem fragte sie mich nach Hilfe. Das erfüllte mich auf der einen Seite mit Stolz und Freunde, aber auf der anderen Seite schämte ich mich für mein Verhalten. Anscheinend kann man seinen Freunden nichts vormachen. Ich meine, Brian hatte mir einfach geholfen und ich hatte einfach Lila geholfen, obwohl ich von beiden Abstand wollte. Wir kannten uns schon so gut, das Niemand an dem anderen zweifelte und das wollte ich einfach so wegwerfen. Echte Freunde wird man wohl nicht so einfach los. Zum Glück.

Black StarWo Geschichten leben. Entdecke jetzt