Wieder Zuhause angekommen, fühlte ich mich irgendwie noch deprimierter als zuvor. Als Brian anfing von ihm und Fee zu erzählen, wurde ich neidisch. Ich wollte auch Jemanden zum kuscheln haben. Jemandem dem ich alles erzählen konnte, Jemand der sich für meinen Tag interessierte und mich freudig in der Wohnung empfangen würde. Also eigentlich wollte ich nicht Jemanden, ich wollte das Lila diese Person werden würde. Ich wollte abends neben Lila einschlafen und am Morgen neben ihr aufwachen. Ihr was schönes abends kochen und danach kuschelnd einen Film mit ihr ansehen. All die Dinge wollte ich erleben, und zwar mit Lila. Und irgendwie hatte ich das Gefühl, dass Lila sich gegen mich entscheiden würde, beziehungsweise glaubte ich, dass Lila nicht lesbisch war. Sie war bestimmt nur durcheinander gewesen und ich konnte das auch verstehen. Das mit Leo war ganz schön chaotisch gewesen und ich war für sie da gewesen, kein Wunder das sie so durcheinander war.
Niedergeschlagen saß ich jetzt auf meiner Couch und hatte nichts besseres zu tun, als mir das Video vom Dach in Dauerschleife anzugucken. Der Moment war so unbeschreiblich schön gewesen und ich war so froh, ihn mir immer wieder angucken zu können. Allerdings wurde ich mit jedem mal wieder vorspulen etwas trauriger. Mein Kopf wollte sich schon auf das schlimmste Szenario einstellen, aber mein Herz hing noch an der Hoffnung, Lila würde erkennen das wir zueinander gehörten.
Wenn Lila sich wirklich darauf einlassen würde, mit mir eine Beziehung zu führen, dann würde ich alles für sie tun. Ich würde sie auf Händen tragen und ihr jeden Tag zeigen wie wunderschön und was für ein besonderer Mensch sie ist. Ich hatte noch nie eine richtige Beziehung geführt, alles was ich hatte, waren unbedeutende Bettgeschichten. Doch ich wusste mit Lila wäre alles anders. Sie war der einzige Mensch, dem ich mich komplett geöffnet hatte. Sie wusste alles über mich. Aber vielleicht war auch das genau das Problem. Vielleicht kam sie nicht mit meiner Vergangenheit klar, oder damit, dass ich alle anlog und Brian, Fee und Alex eben nicht die Wahrheit sagen konnte.
Das Klingeln meines Handys riss mich aus meinen Gedanken. Hoffnungsvoll griff ich danach und war enttäuscht als ich Alex's Namen auf dem Display aufleuchten sah. Ich hatte gehofft es wäre Lila die mich anrief. "Ja?", in meiner Stimme war meine Enttäuschung deutlich zu hören. "Hey, ich weiß du wolltest Jemand anderen hören, aber genau deswegen ruf ich an. Du brauchst etwas Ablenkung, also was kann ich dir gutes tun?, fragte Alex motiviert. Ich fand das ja schon süß von ihr, aber ich hatte keine Lust irgendwas zu machen.
"Alex, ich hab keine lust was zu unternehmen", antwortete ich ihr dann auch. "Gut, dann komm ich gleich nach meiner Schicht zu dir und wir können Filme gucken oder so. Hauptsache du bist nicht alleine und denkst nur an Lila." Ich konnte durchs Handy spüren wie Alex mit den Augen rollte. Dann fuhr sie fort: "Ich weiß wie ätzend Liebeskummer ist, ich hab auch sehr lange an Sarah gehangen". "Aber vielleicht entscheidet sich Lila ja auch für mich", sagte ich und versuchte so überzeugt wie möglich zu klingen. "Wie du meinst, ich will dich auf jeden Fall etwas ablenken. Du kannst auch zu mir ins Fitnessstudio kommen, wenn dir das lieber ist", versuchte Alex mich weiter zu motivieren. "Okay, wenn du schon nicht locker lässt, dann will ich auch irgendwas machen und nicht auf der Couch sitzen", gab ich mich mal wieder geschlagen. Nie gelang es mir mich mal durchzusetzen.
Also machte ich mich kurze Zeit später auf den Weg zum Fitnessstudio, um Alex abzuholen. Da es schon früher Abend war, hatten wir uns dazu entschieden erst was essen und dann in eine Bar zu gehen. Das war der Kompromiss auf den wir uns geeinigt hatten. Ich wollte nicht schon wieder irgendwo feiern gehen, aber Zuhause rum sitzen wollte ich auch nicht. Dementsprechend hatte ich mich jetzt nicht sehr schick gemacht. Ich trug ein einfaches weißes Shirt und eine locker sitzende kurze Shorts. Wie zu oft war ich viel zu früh da und musste noch auf Alex warten. Dafür setzte ich mich in eine der Sitzecken am Eingang. Gedankenverloren ließ ich meinen Blick durch den Raum schweifen und hoffte doch unterbewusst Lila zu entdecken. Ich wusste zwar nicht was ich dann tun würde, aber ich wollte sie einfach sehen.
Anstatt Lila fiel mir Jemand anderes auf. Es war die Trainerin die mich letztens angesprochen hatte. Sie stand am anderen Ende des Raumes am Boxsack und trainierte. Wie es der Zufall so wollte, hörte sie grade in dem Moment auf als ich sie ansah und sah genau in meine Richtung. Ich fühlte mich ertappt und senkte sofort meinen Blick und tat so, als ob ich meinen Schuh neu zuband. Wie peinlich, ich konnte spüren wie mein Gesicht rot wurde und wäre am liebsten im Boden versunken.
"Bist du schon lange da?", plötzlich stand Alex vor mir. "Ähm ne. Erst ein paar Minuten", sagte ich und versuchte nicht all zu verpeilt zu wirken. "Bist du gerannt? Du bist so rot im Gesicht", grinste sie mich blöd an. Bevor ich was sagen konnte fuhr sie fort: "Ich zieh mich schnell um und dann können wir los", lächelte mich Alex dann an. Ich nickte nur und Alex verschwand. Neugierig riskierte ich wieder einen Blick zum Boxsack und war erleichtert als dort keiner mehr war. Lila konnte ich auch weiterhin nicht entdecken und so spielte ich ein wenig auf meinem Handy rum, um die Zeit bis Alex fertig war zu überbrücken.
Eine halbe Stunde später, saßen wir nicht weit vom Fitnessstudio entfernt, bei einem Italiener. Auch wenn Alex sich alle Mühe gab mich abzulenken, meine Gedanken waren fest bei Lila verankert. "Erde an Cara, hörst du mir überhaupt zu", drang die Stimme von Alex an mein Ohr. "Mh?", fragte ich und sah Alex an. "Ich hab dich gefragt ob du dich dazu in der Lage fühlst Lila Morgen zu begegnen". Irritiert zog ich meine Augenbrauen zusammen. "Wieso sollte ich Lila denn Morgen sehen?", fragte ich nach. "Ja wegen ihrem Abiball, der ist doch Morgen", antwortete mir Alex. "Ja und was hab ich damit zu tun?", fragte ich, immer noch verwirrt von Alexs Frage. "Ja die Afterparty findet doch im FAQ statt. Das weißt du doch oder nicht?", klärte Alex mich auf.
Mit großen Augen saß ich Alex gegenüber und war sprachlos. Ich war geschockt, aber zugleich freute ich mich auch, aber ich wusste nicht welches Gefühl grade überwog. Ich war nicht bereit Lila den ganzen Abend zu sehen und ihr dabei zuzusehen wie sie Spaß hatte und ich konnte nicht einmal mit ihr Reden. Ich wusste nicht ob das mein Herz aushalten würde. Aber auf der anderen Seite war ich froh Lila überhaupt sehen zu können. Aber trotzdem hatte ich plötzlich Angst morgen zur Arbeit zu gehen.
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Black Star
Teen FictionCara kommt nach Berlin um ein neues Leben anzufangen und ihre Vergangenheit zu vergessen. Sie versucht alles für ein gelungenen Neustart, doch einfach alles zu vergessen oder zu verdrängen, scheint nicht zu funktionieren. Außerdem kommen dann noch G...