Kapitel 42

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Nachdem ich den Brief fertig geschrieben hatte und noch eine Weile gedankenverloren gegen die wenigen Wolken am Himmel geschaut hatte, verstaute ich die Kiste und ging zu meinem Kleiderschrank. Ich musste mir noch ein Outfit für später raus suchen und ich hatte absolut keine Ahnung was ich anziehen sollte. Eigentlich war mir auch gar nicht nach feiern, aber diese Gelegenheit konnte man sich ja nicht entgehen lassen. Ich weiß nicht wie lange ich lustlos Tops und T-shirts aus meinem Schrank nahm, sie kurz musterte und dann wieder kopfschüttelnd zurücklegte. Aber irgendwann riss mich meine Klingel aus meinen Gedanken. Das musste Alex sein, sie wollte mich abholen und vorher natürlich noch ein bisschen vorglühen. War ja auch billiger für sie, wenn ich schon vor der Party betrunken war.

Also ging ich zur Tür und drückte gegen den Summer, ohne zu Fragen wer unten vor der Tür stand. Tatsächlich stand keine Minute später Alex vor mir. Im Gegensatz zu mir, sah sie sehr gut aus in ihrem schwarzen kurzen Jumpsuit und strahlte über das ganze Gesicht. "Na, da freut sich ja wer den Abend bezahlen zu dürfen", empfing ich sie und musste ein wenig lachen. "Klar, auf Party freue ich mich immer", lachte Alex und betrat die Wohnung. "Aber an deinem Outfit müssen wir noch etwas arbeiten", skeptisch musterte sie mich. "Ich hab aber nix passendes", sagte ich und ging zum Schrank. "Das werden wir sehen. Wir müssen dich doch ein wenig aufstylen, dann kannst du dich bestimmt nicht vor Mädels retten und vergisst Lila mal für einen Abend", grinste Alex, während sie sich bereits einen Überblick über meine Sachen verschaffte.

Also ich weiß ja nicht ob Alex vor hatte wen aufzureißen heute Abend, aber ich hatte das definitiv nicht vor. Ich weiß auch gar nicht wie sie sich das vorstellte, als ob ich einfach so Lila vergessen könnte. Ich ließ Alex's Aussage einfach unkommentiert und ließ mich auf mein Bett fallen. Eigentlich war es mir auch egal was für Klamotten Alex mir raussuchte und deswegen ließ ich einfach meinen Gedanken freien lauf und musste sofort an den Abend nach Lilas Prüfung denken.

Irgendwann war ich dann tatsächlich fertig gestylte. Die Wahl war auf eine kurzen Hotpan und eine lockere karierte Bluse gefallen. Natürlich hatte Alex auch Alkohol mitgebracht und so hatte ich schon ein paar Bier intus, als wir uns gegen 23 Uhr mit Brian und Fee im Club trafen. Aber diesmal waren wir nicht im FAQ, sondern in irgendeinem anderen Club. Außer unserer Location, kannte ich auch noch nicht so viel. Ich musste auch zugeben, dass meine Laune und auch meine Vorfreude sich deutlich gebessert hatten. Das mochte vielleicht auch am Alkohol gelegen haben, aber das ist ja egal.

Wie sich das gehörte, strebten wir im Club als erstes natürlich die Bar an. Die erste Runde Shots bezahlte Brian, Alex holte uns danach allen Cocktails. Anschließend gingen wir tanzen, aber Brian blieb lieber an der Bar. Bei seinen Tanzkünsten war das wohl auch besser so. Wir Mädels hatten sichtlich Spaß und auch ich fühlte mich immer lockerer und befreiter. Lila rückte immer weiter in den Hintergrund und so konnte ich die Party auch immer mehr genießen. Ich mein, ich konnte im Moment sowieso nichts tun, außer zu warten. Darauf zu warten, dass Lila sich entschied. Eigentlich war das total unfair. Sie hatte die Macht über mich, konnte sagen was sie wollte, ich tat es. Sie wollte Abstand, sie bekam ihn. Sie wollte Zeit, ich gab sie ihr. Der Gedanke machte mich irgendwie sauer. Wenn sie morgen vor meiner Tür stehen würde und sagen würde, ich müsste dies oder das tun und dann könnten wir ein Paar sein, ich würde es tun, ich würde alles tun. Aber was wäre, wenn ich Lila vor die Wahl stellen würde, was würde sie tun?

Ich spürte wie ich immer tiefer in diese Gedankenspirale fiel und auch die anderen beiden schienen zu merken, dass irgendwas nicht stimmte. "Ist alles gut?", schrie Alex gegen die lauten Bässe. Ich nickte nur, unfähig grade einen richtigen Gedanken aus meinem Chaos im Kopf zu sortieren. "Holst du noch ein paar Shots?", fragte ich schließlich und war dafür noch einen Schritt näher zu Alex gegangen. Alex verschwand daraufhin und nahm Fee mit. Na toll, jetzt stand ich also alleine hier rum.

Beflügelt vom Alkohol, tanzte ich einfach weiter und versuchte die Gedanken, die mich grade mit aller Kraft zu Boden ziehen wollten, abzuschütteln. Plötzlich kam eine Blondine langsam auf mich zu getanzt und ohne zu Überlegen, ging ich darauf ein. Mit einem vielsagendem Blick schaute sie mir in die Augen und kam mir immer näher. Sie wusste genau wie sie sich zu bewegen hatten und legte einfach, ganz dreist, ihre Hände an meine Hüfte und zog mich nah an sie heran. Das gefiel mir, ich musste nicht nachdenken, nichts entscheiden, ich konnte mich einfach fallen lassen und mich führen lassen. Ich spürte ihre warmen Hände auf meiner Haut und legte meine Arme automatisch um ihren Hals. Eng miteinander tanzend wurden wir zu einer Einheit und ließen uns einfach von der Musik treiben. Meine Augen fixierten das Gesicht der unbekannten Schönheit. Das war aber gar nicht so leicht, denn langsam begann sich alles ein wenig zu drehen in meinem Kopf und auch um mich herum. Ich versuchte es einfach zu ignorieren und wollte grade meine Augen schließen, als ich Alex neben mir wahrnahm.

"Willst du den Shot oder sollen wir euch alleine lassen", sagte sie schmunzelnd in mein Ohr und als Antwort drehte ich mich einfach nur zu ihr, nahm zwei Shots und drehte mich wieder zu meiner Tanzpartnerin, um ihr ein Glas zu geben. Wir stießen an, schauten uns tief in die Augen und tranken. "Okay, wir sind dann wieder weg", schrie Alex und nahm uns die Gläser wieder ab. Wie Magnete schlossen wir direkt wieder die Lücke zwischen uns und tanzten weiter. Diesmal schloss ich direkt meine Augen und legte meinen Kopf auf ihre Schulter, was ganz gut ging, da sie ein wenig kleiner war als ich. Doch plötzlich war nicht mehr alles Schwarz in meinem Kopf, auf einmal sah ich Lila vor mir. Ich sah sie und mich tanzend auf dem Dach, sah den Kuss und merkte wie sich ein warmes wohliges Gefühl in meinem Bauch verbreitete. Es war nicht möglich dieses Gefühl irgendwie zu beschreiben, aber es fühlte sich wunderschön an und ich ließ mich davon steuern. Wie ferngesteuert nahm ich meinen Kopf von ihrer Schulter, schaute in ihre Augen und sah Lila vor mir, mit ihren blauen Augen und diesem undefinierbaren funkeln. Und dann presste ich meine Lippen auf ihre, küsste sie und zog sie fest an mich heran. Doch das erhoffte Gefühl blieb aus und als mir bewusst wurde was ich grade tat, löste ich mich von ihr, sah sie an und sah ein mir unbekanntes Gesicht. Augenblicklich fühlte ich mich wieder stocknüchtern. Ich ließ die Unbekannte los, versuchte was zu sagen, aber es ging nicht. Stattdessen lief ich so schnell wie möglich durch die Menschenmasse in die Richtung in der ich den Ausgang vermutete. Ich stolperte durch den Vorraum und blieb erst draußen wieder stehen.

Black StarWo Geschichten leben. Entdecke jetzt