Am nächsten Abend, stand ich wieder hinter der Bar im Club, aber gedanklich war ich immernoch bei Lila. Seit ich ihre Wohnung verlassen hatte heute Morgen, schrieben wir praktisch permanent miteinander. Ich wollte nicht, dass sie dachte ich würde sie alleine lassen mit dem Gefühlschaos das Leo veranstaltet hatte.
Wie immer waren natürlich auch Brian und Fee da, Alex kam später bestimmt auch noch vorbei. Die anderen beiden standen grade am DJ-Pult, und um ehrlich zu sein, sah das ziemlich vertraut zwischen den beiden aus. Da musste ich Brian mal auf den Zahn fühlen.
Zum Glück verlief der Abend recht ruhig und reibungslos. Wie ich schon erwartet hatte, war Alex natürlich auch noch gekommen und lieferte sich mit Brian ein spannendes Duell, wer mehr Nummern bekam. Oh man, hoffentlich hatte sich das mit der Wette bald erledigt.
Nach Feierabend, standen wir wie immer noch ein wenig auf dem Dach. Ich genoss die Ruhe der grade wach werdenden Stadt und ging meinen Gedanken nach. Ich überlegte die ganze Zeit, wie ich Lila ein wenig ablenken könnte."Ey, hörst du mir mal zu?" Erschrocken fuhr ich zusammen. "Man wo warst du denn mit deinen Gedanken? Ich hab mit dir geredet." Brian schüttelte seinen Kopf. "Sorry", kam es ein wenig kleinlaut von mir. "Naja egal, ich hab dir grade gesagt, dass ich in der Kneipe gekündigt habe und mich mehr auf meine Musik konzentrieren will", sprudelte mein Gegenüber freudig los. "Cool, aber auch ein wenig riskant oder?" "Wow, so hört sich also Unterstützung an", beleidigt wandte er sich von mir ab und redete stattdessen mit Fee weiter. Männer.
Morgen, also eigentlich heute Abend, sollte hier oben die erste Open-Air-Rooftop-Party für dieses Jahr stattfinden, und ich hatte grade beschlossen Lila einzuladen. Das würde sie sicher auf andere Gedanken bringen. Ich befürchtete, dass sie sich wieder so abkapseln würde, wie nach der Aktion im Club. Sie wollte auch Niemandem davon erzählen was Leo gemacht hatte, nicht einmal Alex.
Als die anderen beiden das Dach verlassen hatten, blieb ich noch ein paar Minuten. Ich musste die ganze Zeit an den gestrigen Tag denken, an die ganzen schönen Momente. Leicht streichelte ich über die Folie auf meinem Handgelenk. Restart stand dort jetzt in schwarzer verschnörkelter Schrift geschrieben. Unwillkürlich fuhr ich danach über die Stelle unter meinem linken Schlüsselbein, wo mein anderes Tattoo lag. Ein seltsamen Gefühl, auf der einen Seite ein Tattoo als Erinnerung zu haben und auf der anderen Seite ein Tattoo als Neuanfang zu tragen.
Irgendwann verließ ich dann das Dach. Unten auf der Straße erschreckte ich mich dann zu Tode. "Guten Morgen" wurde ich leise begrüßt und fuhr erschrocken zusammen. "Oh man Lila, hast du mich erschteckt", atmete ich kurz durch. "Oh Entschuldigung, das wollte ich nicht", sagte sie reumütig. "Was machst du Samstags morgens um halb 7 mitten in der Stadt?", fragte ich sie verwirrt. Verlegen blickte sie nach unten auf den Boden und klammerte sich an die Leine von Ruby. "Ich, ich konnte nicht richtig schlafen und dann dachte ich, wenn ich eh schon mal so früh wach bin, kann ich die die Zeit auch nutzen. Und dann bin ich halt ein bisschen Joggen gegangen, mit Ruby", erklärte sie und klang dabei wie selbstverständlich. Erst jetzt fiel mir auf, dass sie Sporklamotten trug, ihre Haare hatte sie zu einem Pferdeschwanz gebunden.
"Oh man, du bist echt verrückt", lachte ich. "Und jetzt läufst du wieder zurück oder was ist dein Plan?", grinste ich. "Ähm, ja, eh, kann ich machen." Jetzt hatte ich sie aus der Bahn geworfen, damit hatte sie nicht gerechnet. "Das war ein Witz, du kannst gerne mit zu mir kommen, du bist immer willkommen", lächelte ich sie an. Ich hatte das Gefühl, als wollte Lila nicht alleine Zuhause sein, das konnte ich auch verstehen, also liefen wir drei zu mir nach Hause.
"Ich würde jetzt erstmal ein wenig schlafen, aber fühl dich ruhig wie Zuhause", wandte ich mich an Lila, während ich die Wohnungstür aufschloss. "Okay, Danke", strahlte Lila, die grade Ruby von der Leine ließ. Gesagt, getan, und so lag ich wenig später in meinem Bett und Lila saß auf meinem Balkon. Dieses Mädchen ist echt verrückt.
Gegen Mittag wurde ich wach. Verschlafen blinzelte ich ein paar mal und scannte meine Wohnung ab. Lila war nicht da. Komisch. Ich fand einen Zettel, auf dem sie mir Bescheid sagte, dass sie kurz mit Ruby Gassi wäre, aber natürlich wiederkommen würde.
Nachdem ich kurz geduscht hatte, hörte ich tatsächlich die Wohnungstür. Nur in mein Handtuch gehüllt, rannte ich auf sie zu und rief theatralisch: "Gott sei Dank, bist du wieder da, ich dachte schon du hättest mich verlassen." Dabei warf ich meinen Kopf nach hinten und hielt mir meine Hand gespielt dramatisch an den Kopf. Im ernsten Moment, wusste Lila nicht was hier grade passierte und stand einfach nur perplex da. Sie suchte grade nach Worten, als ich laut begann zu Lachen. "Wenn du dein Gesicht sehen könntest", stieß ich zwischen dem Lachen hervor.
"Du hast echt so einen Knall", fing sie dann an zu lachen und schüttelte ihren Kopf. "Also ich finde, die dramatische Ehefrau steht mir gut", lachte ich und stützte meine Hand in meiner Hüfte ab. "Ja da hast du schon recht, aber das Outfit passt noch nicht ganz", schmunzelte Lila und musterte mich von oben bis unten. Eigentlich hatte ich kein Problem nur in einem Handtuch gehüllt in meiner Wohnung zu stehen, aber irgendwie fühlte ich mich plötzlich nicht mehr wohl.
"Na gut, dann geh ich mich halt umziehen", sagte ich schnippisch, um meine aufkommende Unsicherheit zu überspielen und drehte mich auf dem Absatz um.
Als ich mich in eine schwarze kurze Shorts und ein lockeres hellblaues Shirt geworfen hatte, fand ich Lila und Ruby wieder auf meinem Balkon vor. Ich ging zu ihr rüber und blieb in der Tür stehen. Lila hatte mich bemerkt und sich zu mir umgedreht. Innerlich erschrak ich kurz, denn sie schaute mich mit einem Blick an, den ich nicht wirklich deuten konnte. Ich hatte ihre strahlenden blauen Augen und ein Lächeln erwartet, aber jetzt sah ich eine Mischung aus Enttäuschung und etwas undefinierbaren.
Bevor ich fragen konnte was los war, ergriff Lila schon das Wort. "Ich muss jetzt leider gehen. Meine Eltern haben angerufen, sie sind wieder Zuhause und wollen mit mir sprechen", bedrückt senkte sie ihren Kopf und klammerte ihre Hände um Rubys Leine. "Ähm okay, kommst du denn heute Abend auf die Rooftop-Party?", fragte ich hoffnungsvoll.
Ein leichte Nicken war ihre Antwort. "Ja, Alex hat mich eingeladen und so wie ich sie kenne, braucht sie heute Jemanden der auf sie aufpasst." Auf meinen fragenden Blick hin, fuhr Lila fort: "Heute hätten Sarah und Alex ihren zweiten Jahrestag gehabt und und ich gehe davon aus, dass sie deswegen ordentlich einen drauf machen wird."
"Oh", kommentierte ich nur."Also bis später, ich muss jetzt echt los. Danke das du mir Asyl geboten hast", sagte Lila und konnte sogar ein wenig lächeln. "Aber klar doch" lächelte ich zurück. Dann war sie such schon wieder weg. Dieses Mädchen, war wirklich faszinierend. Ihre Gefühle konnten sich so schnell so stark verändern und sie versuchte immer zu verbergen was sie fühlte. Aber ich konnte hinter die Fassade blicken und ich wusste nicht einmal warum sie dies zuließ.
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Black Star
Teen FictionCara kommt nach Berlin um ein neues Leben anzufangen und ihre Vergangenheit zu vergessen. Sie versucht alles für ein gelungenen Neustart, doch einfach alles zu vergessen oder zu verdrängen, scheint nicht zu funktionieren. Außerdem kommen dann noch G...