Der nächste Tag verging quälend langsam. Ich hatte versucht den Tag irgendwie rum zu bekommen und war vor Langeweile sogar planlos durch die Stadt gelaufen. Ein Glück stand mein Outfit für den Abend schon fest, ansonsten hätte ich wahrscheinlich den halben Tag vor meinem Kleiderschrank gestanden und Klamotten durch die Gegend geworfen. Allerdings hatte ich mir dafür umso mehr Mühe bei meinem Makeup gegeben. Ich wollte irgendwie besonders aussehen und Lila gefallen.
Nachdem Alex mir eröffnet hatte, dass Lilas Abiparty bei uns im Club stattfinden würde, hatte ich sie alles mögliche ausgefragt. Ich wollte wissen wann es losging, ob sie wusste was Lila tragen würde, und ganz wichtig, ob Lila mit Begleitung kam. Leider wusste Alex nichts genaues und so blieben meine Fragen unbeantwortet. Fee hatte zwar erwähnt das es heute eine exklusive Privatparty gab, aber sie hatte nichts genaues gesagt. Oder ich hatte ihr einfach nicht richtig zugehört, weil ich mich momentan so schlecht konzentrieren konnte. In meinem Kopf spielten sich jetzt abwechselnd alle möglichen Szenarien ab.
Ich stellte mir vor, wie Lila am anderen Ende des Raumes, mitten auf der Tanzfläche stand und ich hinter der Bar war. Unsere Blicke trafen sich und wie Magnete bewegten wir uns langsam aufeinander zu. Als wir dann ganz dicht voreinander standen beugte sich Lila nach vorne zu meinem Ohr und sagte: "Ich hätte viel früher merken müssen das du die Eine bist." Und dann schaute sie mich an und küsste mich, so als wäre es der erste Kuss zwischen uns. Und alles um uns drehte sich und außer uns existierte niemand mehr in dem Raum.
Und dann traf mich Erkenntnis, dass das alles nur Wunschdenken war und ein andere Szene sollte sich vor meinem inneren Auge ab. Ich sah Lila auf der Tanzfläche und sie sah mich an der Bar. Doch mehr als ein flüchtiger Blick kam von ihr nicht. Den ganzen Abend fing sie mir aus dem Weg und mied mich. Zwischen uns war es kalt und distanziert. Allein bei der Vorstellung Lila zu sehen und nicht einmal mit ihr reden zu können, zog ein Stechen durch meine Brust.
Auf dem Weg zum Club spielten sich immer wieder diese beiden Szenen in meinem Kopf ab. Es war wie ein Wechselbad der Gefühle, von Euphorie, bis zur Angst. Dominiert wurde das ganze aber von dem merkwürdigen Gefühl der Ungewissheit. Ich konnte nicht vorhersagen was an diesem Abend passierte. Es fühlte sich so an, als würde dieser Abend, diese Party, über meine Zukunft entscheiden. Dabei ging mein Leben morgen einfach so weiter.
"Hey Cara, geht's dir gut?", plötzlich stand Brian vor mir. Ich hatte gar nicht wirklich wahrgenommen, dass ich schon im Club angekommen war. Total in meinen Gedanken versunken war ich wie automatisch einfach gelaufen. Gut, den Weg kannte ich ja mittlerweile in und auswendig. "Hi Brian. Ja alles gut. War nur in Gedanken", antwortete ich ihm nachdem ich wieder in der Realität angekommen war. "Ja das hat man gesehen. Ich kann mir auch vorstellen, wo deine Gedanken grade waren", grinste er mich blöd an. Ich ließ das unkommentiert, ging dann aber kopfschüttelnd, zu Fee, die mit den anderen an der Bar stand.
Nach der Team-Besprechung verteilten sich alle und machten sich an die letzten Vorbereitungen. Die Party sollte gegen 23 los gehen, beziehungsweise sollten ab dann alle kommen, mal sehen ob das auch so war. Plötzlich kam bei mir die Frage auf, ob Leo auch dabei wäre. Die Gäste waren natürlich aufgelistet, aber alle hatten mindestens eine Begleitperson frei. Was wenn also Leos zickige Schwester ihn als Begleitung dabei hatte? Seit der Sache mit der Anzeige, hatte er nichts mehr von sich hören lassen. Gott sei Dank.
Leichte Panik kam in mir auf. Leo durfte nicht rein kommen, er würde den Abend zerstören. Ganz bestimmt würde er Lila nicht einfach so in Ruhe lassen. Mit schnellen Schritten lief ich hastig auf Fee zu. "Was ist wenn Leo heute auch kommt? Wenn er auf der Gästeliste steht oder als Begleitung dabei ist?", schnell sprudelten die Worte aus meinem Mund. "Ganz langsam Cara, atme erstmal durch. Leos Verbot gilt immer noch und die Security weiß Bescheid. Leo darf hier nicht rein und er wird hier auch noch rein kommen. Mach dir keine Sorgen", sprach Fee beruhigend auf mich ein.
Es war kurz vor 23 Uhr und alle warteten nur auf die ersten Gäste. Brian stand am Pult und war schon vertieft in seiner Musik, Fabian lehnte entspannt an der Bar und Kilian lief, wie immer, wie ein Paparazzi auf der Promi-jagd durch den Club. Auch ich stand hinter der Bar, im Gegensatz zu Fabian, war ich allerdings gar nicht entspannt. Nervös tippte ich dauerhaft mit meinem Fuß auf den Boden.
Kurz nach 23 Uhr kamen dann nach und nach die ersten Leute. Anscheinend waren zwar alle schon da, aber die meisten standen wohl noch draußen. Mein Puls war mittlerweile ins unermessliche gestiegen und meine Hände waren nass geschwitzt.
"Warum bist du denn heute so nervös?", fragte mich Fabian als ich mir zum tausendsten Mal meine Hände an der Hose trocken rieb. "Ich bin nicht nervös", sagte ich und versuchte total normal zu wirken. "Ahja", antwortete er nur und fing an zu grinsen.Langsam füllte sich der Raum und ich rechnete damit, jede Sekunde Lila aus dem Fahrstuhl kommen zu sehen. Ich hatte mich schon extra so an die Bar gestellt, dass ich einen optimalen Blick auf den Eingang hatte. Keine Ahnung was genau ich mir davon erhofft.
Und plötzlich fühlte es sich so an, als wäre die Zeit stehen geblieben. Ich sah sie nicht komplett, aber ich erkannte Lila sofort. Wie in Zeitlupe bewegte sie sich vom Aufzug zum Eingang und ich war einfach nur gefesselt von ihrem Anblick. Sie trug ein Bordeaux-rotes, fast bodenlanges Kleid. An einer Seite befand sich ein Schlitz, der irgendwo auf der Höhe des Oberschenkels aufhörte. Dadurch sahen Lilas Beine unendlich lang aus, was durch ihre, ebenfalls dunkelroten, Highheels noch besser zur Geltung kam.
Das Kleid war an der Brust mit einem eingestickten Muster versehen und endete an ihren Schultern mit dünnen Trägern. Sie sah unbeschreiblich schön aus.
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Black Star
Teen FictionCara kommt nach Berlin um ein neues Leben anzufangen und ihre Vergangenheit zu vergessen. Sie versucht alles für ein gelungenen Neustart, doch einfach alles zu vergessen oder zu verdrängen, scheint nicht zu funktionieren. Außerdem kommen dann noch G...