Kapitel 11

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"Ich hab mal bisschen Verpflegung mitgebracht", begrüßte mich Alex und hielt das Sixpack Bier in die Höhe. "Und ich hab noch Sekt mitgebracht", lachte Lila, die hinter Alex in meine Wohnung lief. "Cool, ich hab noch Wein besorgt. Ich würde sagen der Abend kann beginnen."

Wie selbstverständlich schmiss Alex ihre Sachen neben meine kleine Couch und ließ sich auf diese fallen. "Jap, ich bin ready. Womit fangen wir an? Erst Film gucken oder erst lustige Spiele?", fragte sie in den Raum hinein. "Kommt auf die Spiele drauf an. Ich spiel kein Wahrheit oder Pflicht!", stellte Lila klar. Alex verdrehte nur ihre Augen, stand dann auf und holte sich ein Bier. Ich bedeutete ihr mir auch eins mitzubringen. Lila und ich hatten uns in der Zeit auch auf die Couch gesetzt. Zu dritt würde es wohl etwas eng hier werden.

"Okay, ich hab ne App die schlägt immer random irgendwelche Kategorien vor und dazu muss man dann was erzählen. Ist also ohne Pflicht und nicht ganz so heavy. Einverstanden?" Als Antwort nickte ich nur, aber Lila war sich wohl noch nicht sicher. "Ach komm Lila, wir sind doch unter uns", versuchte Alex ihre Freundin zu überreden und tatsächlich hatte sie mal wieder Erfolg dabei.

Wenige Minuten später, saßen wir auf meinem Bett in einem Kreis und hatten das Handy in die Mitte gelegt. "Ich fang an", verkündete Alex und tippte auf ihr Handy.

Tell them about your first real love/relationship!

"Na gut, also meine erste richtige Beziehung war meine letzte, würde ich sagen. Ich war mit Sarah ca. 1 1/2 Jahre zusammen und es war wunderschön. Es war Liebe auf den ersten Blick, ja klingt kitschig, aber irgendwie war es schon so. Von Anfang an war ich von ihr fasziniert und meine Augen konnten nicht von ihr ablassen, sie war einfach zu schön. Bei jedem Kuss konnte ich die Liebe zwischen uns fühlen und es hat sich wirklich so echt angefühlt. Aber als sie dann einfach abgehauen ist, hat sie glaube auch mein Herz mit genommen." Alex hatte ihren Blick gesenkt und spielte nervös mit ihren Händen. "So fertig. Jetzt bist du dran Lila", schnell blickte sie auf und versuchte ihre aufkommenden Gefühle zu unterdrücken, in dem sie einen großen Schluck von ihrem Bier nahm.

Die nächsten Runden waren alle harmlos. Es wurden hauptsächlich lustige oder peinliche Geschichten erzählt. Ich musste von meinem Lieblingskuscheltier erzählen, Lila von ihrem ersten Kuss mit Leo und Alex ihre peinlichste Aktion als sie betrunken war. Während mein Bier sich nur langsam leerte, war der Verbrauch von Alex umso höher. Lila widmete sich dem Sekt, Alex hatte sich schon den Wein geholt. Jetzt war Lila mal wieder an der Reihe, nachdem Alex ausführlich von ihrem heißesten Traum mit einem Promi erzählt hatte.

Tell them the story about your first sex!

Lila wurde rot als Alex laut verkündete, was sie nun zu erzählen hatte. "Ach hab dich nicht so. Wir sind doch alle erwachsen also los erzähl schon", ungeduldig forderte Alex Lila auf ihre Geschichte zu erzählen. Sie war echt hartnäckig und man merkte schon deutlich, dass Alex betrunken war. "Aber da gibt es nichts zu erzählen", kam es leise zurück."Was? Das glaub ich dir nicht. Du willst mir erzählen du lässt den armen Leo nicht ran? Oder ist er etwa so schlecht im Bett?", lachte Alex los. "Das geht dich gar nichts an!" Lila wurde sauer, zu recht, wie ich fand. "Ist doch alles gut, ich erzähl einfach meine Story", schlug ich vor um die Runde ein wenig zu beruhigen.

"Ich war auf einer Party und wir haben Flaschendrehen gespielt. Ich musste einen Typ zwei Klassen über mir küssen und weil ich auch endlich mal dazu gehören wollte und nicht immer nur ausgelacht, beleidigt oder ignoriert werden wollte, hab ich das dann gemacht. Anschließend hab ich mich zulaufen lassen, ansonsten hätte ich den Abend nicht überlebt. Irgendwann bin ich dann wieder zu ihm hin und hab ihn einfach geküsst, schnell wurde daraus ne Knutscherei. Wir sind dann irgendwann auf ein Zimmer gegangen und naja, haben es dann halt getan. Es war echt nicht schön und zum Glück kann ich mich nicht mehr so genau dran erinnern. Das war als ich mir noch nicht so ganz eingestehen wollte das ich lesbisch bin, aber danach hab ich es nicht mehr geleugnet, es war ein prägendes Erlebnis. Also hatte war zumindest irgendwas daran positiv."

"Also mach dir keinen Stress, wenn es sich noch nicht richtig anfühlt, dann ist es das auch nicht", munterte ich Lila ein wenig auf und lächelte ihr sanft zu. "Danke", kam es glücklich zurück. Alex hingegen stöhnte nur laut auf und verdrehte, mal wieder, ihre Augen.
Dann übernahm sie wieder die Kontrolle über das Handy und es ging weiter. Schnell war ich wieder dran.

Tell them your biggest secret!

Plötzlich spielte sich alles vor mir in Zeitlupe ab. Langsam hallten die Worte durch den Raum und kamen schließlich an meinen Ohren an, aber nicht in meinem Kopf. Mir wurde schwindlig und mir war heiß und kalt gleichzeitig. Wenn ich nicht auf dem Bett gesessen hätte, hätten meine Beine jetzt nachgegeben. Was sollte ich denn jetzt sagen? Panik machte sich in mir breit. Wie sollte ich auch nur ansatzweise was erklären können. Mir wurde langsam schwarz vor Augen, ich musste raus. Ich sprang auf und rannte so gut es ging zum Balkon.

"Kneifen gilt nicht", rief Alex. "Ihr seid echt solche Spielverderber. Macht gar keinen Spaß mit euch", beschwerte sie sich als ich aufsprang. "Lass sie doch. Du hast echt zu viel getrunken" Lila klang wütend.

Dann war ich endlich draußen. Ich stützte mich mit meinen Ellenbogen am Geländer ab und fing mit meinen Händen meinen Kopf auf. Noch immer war mir fürchterlich heiß aber mein ganzer Körper war überzogen von einer Gänsehaut. Ich musste mir ne Lüge ausdenken, was hatte bloß auf den Zetteln gestanden, die Mike mir mitgegeben hatte. Verdammt.
Als ich die Tür zum Balkon hörte, drehte ich mich um. Es war Lila die dort stand und mich besorgt ansah. Genauso stand sie auch letztens im Fitnesstudio mir gegenüber. Ihre Stirn lag in Falten und ihre Augen strahlten pure Besorgnis aus. Sie hatte den Kopf ein wenig gesenkt und versuchte leicht zu lächeln. Ich sah aber wie nervös sie mit ihren Händen spielte und sich durch ihre langen, gewellten Haare fuhr. Ihr war das wohl auch unangenehm.

"Du musst uns nichts erzählen. Alles gut", versuchte sie mich zu beruhigen. Aber irgendwie musste ich mein Verhalten doch erklären. "Ich lass dich mal wieder alleine." Und dann stand ich dort noch eine Weile und hatte mir ein paar Ausreden zurechtgelegt.

Als ich wieder rein kam, war das leichte Flackern von meinem Fernseher die einzige Lichtquelle die den Raum erhellte. Gleichzeitig waren leise Stimmen zu hören, es lief irgendein Film. Auf meinem Bett lag eine schlafende Alex und gerade als ich bei der Couch angekommen war, kam Lila aus dem Badezimmer. Sie trug jetzt eine kurze Schlafhose und ein locker sitzendes schwarzes Shirt. "Ähm Alex schläft schon, wie du sicher gesehen hast, und ich dachte ich geh auch jetzt schlafen. Also wenn das ok ist", den letzten Teil des Satzes hatte sie noch schnell hinterher geschoben. Mit einem Blick auf mein Handy, sah ich dass es schon nach Mitternacht war, kein Wunder das Lila müde war. "Ja klar. Brauchst du noch was?", fragte ich nach.

"Ich glaube ein paar Ohrstöpsel wären hilfreich. Alex ist ganz schön betrunken", lachte Lila, die sich mittlerweile neben Alex gelegt hatte. "Ja das stimmt wohl", lachte ich zurück. "Gute Nacht", war das letzte was ich dann noch von Lila hörte. Den Fernseher machte ich dann auch aus. Jetzt schien nur der Mond noch durch die Fenster und erleuchtete den Raum ein wenig.

Nach einer gefühlten Ewigkeit, die ich versucht hatte einzuschlafen aber es mir einfach nicht gelang, gab ich mich meinem ratternden Kopf geschlagen. Meine Hand tastete unter der Couch nach dem kleinen Karton der dort versteckt war. Ich nahm ihn an mich, griff mir meine Decke und schlich mich auf den Balkon und setzte mich auf den Stuhl dort. Dann öffnete ich den Karton, nahm den Block und den Kugelschreiber raus und begann zu schreiben. Ich musste meine Gedanken auf Papier bringen und mein innerliches Chaos beseitigen.

Black StarWo Geschichten leben. Entdecke jetzt