Kapitel 1

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07.02.2020

Christina

2 Wochen. Noch 2 Wochen bis das nächste Abenteuer startet. Mein Abenteuer. Wahrscheinlich erklärt ihr mich für völlig verrückt, wenn ich euch sage, dass ich mich wie ein kleines Kind darauf freue. Aber es ist tatsächlich so.
Let's Dance. Endlich wieder Let's Dance. Vermutlich ist es die Zeit in meinem Leben, welche mich körperlich und seelisch so sehr fordert wie keine andere. Dagegen sind sogar die intensiven Trainingswochen zu Zeiten meiner noch aktiven Turnier-Tanzkarriere fast ein Witz.
Wir Profitänzer befinden uns während Let's Dance in einem dauerhaft kreativen Prozess, gepaart mit ganz viel psychologischem Handeln. Und glaubt mir das klingt im ersten Moment harmlos. Ist es nicht. Schlaflose Nächte, weil einem immer wieder neue Ideen für die Choreografie in den Kopf schießen. Der Druck, seinen Promi so gut wie nur möglich zum Strahlen zu bringen. Kleine Fehlerchen oder gar Schwächen von Anfang an vertuschen oder, wenn es dann doch in der Liveshow schief gehen sollte, gekonnt überspielen. Der Stress, jeden Samstag eine komplett neue Choreo zu erstellen welche erstens für den Tanzpartner machbar ist, zweitens aber dennoch so viel Anspruch besitzt dass man nicht nur über das Parkett schlurft, sondern ernsthafte Ambitionen zeigt weiterzukommen und drittens hat man immer die kritischen Zuschauer im Hinterkopf. Ob live im Studio, oder zu Hause vor dem Fernseher. Es bringt dir alles nichts, wenn der Tanz von der Jury technisch und rhythmisch zwar gut bewertet wird, du aber die Zuschauer nicht erreichen konntest. Tanzen besteht aus ganz vielen Gefühlen und die muss man auf die Zuschauer übertragen können. Erst dann lassen sie sich dazu hinreißen eventuell doch für dich anzurufen und katapultieren dich somit hoffentlich in die nächste Show. Die nächste Woche. Und das Chaos beginnt von vorne.

Trotz allem habe ich mich gefreut wie ein kleines Kind als der Anruf von meinem Management kam, ob ich dieses Jahr wieder mit dabei sein möchte. Die Antwort war einfach. Natürlich bin ich dabei. Seit die Live Tour im November zu Ende gegangen ist haben wir Profis uns wie verrückt auf die neue Staffel gefreut. Auf unsere kleine zweite Familie wie wir es liebevoll nennen. Aber immer mit dem bitteren Beigeschmack, dass man sich nie sicher sein konnte, ob man überhaupt dabei war. Dieses Jahr hat es Ekat getroffen. Ich verstehe bis heute nicht, was das Problem der Produktion war oder ist, aber ich weiß dass sie uns allen sehr fehlen wird, da sie die Show als Publikumsliebling und auch die Zeit Backstage unfassbar bereichert hat mit ihrer liebevollen herzlichen Art.
So traurig der „Verlust" von Ekat ist, genauso so sehr freue ich mich aber darüber dass Andrzej zurückgekommen ist. Er ist sowas wie mein Bruder geworden. Manchmal habe ich das Gefühl wir wurden bei der Geburt getrennt und haben uns jetzt, mehr als 20 Jahre später endlich wieder gefunden. Andrzej und ich haben ein Talent dafür uns gegenseitig auf die Nerven zu gehen und trotzdem ist er mein Fels in der Brandung. Wenn ich ihn brauche ist er da und jeder Streit oder kleine Neckerei rückt in den Hintergrund. Im Laufe der Zeit hat er einen richtigen Beschützerinstinkt entwickelt, welchen ich auf der einen Seite unfassbar süß finde und in seiner Nähe deshalb komplett entspanne, auf der anderen Seite kann er in unpassenden Situationen auch echt nervig sein. Letztes Jahr zum Beispiel. Es war während den Proben für die große Tour. Als wir gemeinsam mit den anderen in einem Restaurant zu Abend gegessen haben, hat unser Kellner aus versehen ein Glas fallen lassen. Beim Versuch die Scherben aufzusammeln habe ich mir leider Gottes einen kleinen Schnitt an der Handinnenfläche zugezogen. Von außen war er eigentlich kaum zu sehen, aber geblutet hat es wie verrückt. Wie sagt man so schön: Klein aber oho.
Naja das Ende des Liedes war, dass Andrzej die halbe Weltgeschichte verrückt gemacht hat, dass da unbedingt ein Arzt draufschauen müsse, nicht das was Ernsthaftes im Innern verletzt wurde. Da mir jegliche Diskussion mit ihm in diesem Moment aussichtslos erschien, habe ich mich geschlagen gegeben und von ihm zu einem Arzt seines Vertrauens fahren lassen. Jetzt, 4 Monate nach dem kleinen Unfall, ist davon kaum mehr was zu sehen. Lediglich eine feine Narbe ziert jetzt meine Handfläche und erinnert mich immer wieder an diesen sonst eigentlich schönen Tag zurück.
Vermutlich bin ich auch so zu meinem Spitznamen „Bambi" gekommen. Andrzej sagte damals: „Du bist klein, zierlich, hast große braune Augen, lange braune Haare, bist sehr kuschelbedürftig und einfach nur süß. Das perfekte Bambi." Eigentlich war es nur ein weiterer Versuch mich ein bisschen zu ärgern. Das weiß ich so gut wie er, denn eigentlich mag ich es gar nicht wenn auf meine geringe Körpergröße angespielt wird. Allerdings hat er mit dieser Beschreibung den Nagel ziemlich gut auf den Kopf getroffen und somit wurde aus einem kleinen Spaß wirklich „Bambi". Ich muss sagen ich könnte mir schlimmere Spitznamen vorstellen und ich, als bekennender Disneyfan, habe sowieso nichts dagegen.
Auch bei manch anderen hat sich der Name jetzt so langsam aber sicher eingebürgert und ich kann es mir langsam ohne mein Bambi-Dasein schon gar nicht mehr vorstellen.

Aber zurück zum eigentlich Thema. Noch 2 Wochen bis es endlich losgeht. Ich weiß ich wiederhole mich, aber ich bin echt aufgeregt. Sagen wir mal so... Nach meinen bisherigen Staffeln sind meine Erwartungen zwar eher niedrig, aber irgendwann hat ja jeder mal Glück oder? Nachdem ich mir nämlich 2017 in der Probe vor Show 5 dummerweise den Fuß gebrochen habe und somit für den Rest der Staffel aussetzen musste, habe ich mich letztes Jahr wieder zurück getraut. Naja, wirklich Glück hatte ich da allerdings auch nicht. Zwar blieb ich diesmal heile, (was im Nachhinein betracht auch wirklich an ein Wunder grenzt) aber der Fokus lag diesmal wohl eher auf der Show an sich anstatt auf dem Tanzen. Mit Oli hatte ich wahrhaftig die skurrilsten Sachen aufs Parkett gelegt und zum Ende hin noch ein kleines Discofox Trauma erlitten. Aber so genau möchte ich da eigentlich auch nicht drüber nachdenken. Ich für meinen Teil finde, dass RTL sich dieses Jahr echt mal eine Wiedergutmachung überlegen könnte und ich vielleicht einen Tanzpartner mit etwas mehr Potential verdient hätte. Aber wir sind hier ja nicht beim Wunschkonzert und somit habe ich recht wenig Einfluss auf das was auf mich zukommen wird.

Eigentlich habe ich auch nicht ganz die Wahrheit erzählt. Ganze 2 Wochen dauert es auch nicht mehr, denn schon nächsten Samstag treffen wir uns alle wieder um mit den Profis für das voraussichtlich grandios-spektakuläre Opening zu proben und um den Trailer der Show, oder wie auch immer man das nennen mag, aufzuzeichnen. Das wird somit auch der Tag sein, an dem wir alle neuen Profis zum ersten Mal sehen würden und die Gruppen und Tänze zugeteilt werden für die erste Liveshow. Klingt chaotisch und aufregend und ihr könnt mir glauben wenn ich sage, dass ich jetzt schon wie verrückt durch meine Wohnung hüpfe vor lauter Vorfreude auf meine zweite Familie.

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