08.03.2020
Christina
Als mein Wecker um 9 Uhr klingelt, bin ich ausnahmsweise mal relativ ausgeschlafen. Die Choreo habe ich gestern recht schnell fertig bekommen, so dass ich früh ins Bett gegangen bin um endlich zu schlafen. Dementsprechend fit springe ich jetzt durch mein Hotelzimmer, voller Elan für einen neuen intensiven Trainingstag. Ich bin gespannt, wie viel Latino aus Woche 1 bei Luca hängen geblieben ist und ich habe das ungute Gefühl, dass es nicht sonderlich viel sein wird.
Da ich weiß, dass Luca nachher Kaffee und wie ich ihn kenne vermutlich auch Frühstück mitbringt, habe ich meine Morgen Routine deutlich verkürzt und länger geschlafen. Ich schmeiße mich noch schnell in mein neues Set von Oceans Apart und mache mich dann gut gelaunt auf den Weg zur Tanzschule. Nicht einmal der Regen kann meine gute Laune trüben, welcher in Strömen vom Himmel kommt.Natürlich ist Luca noch nicht da, als ich den Saal betrete. Ich hänge meine völlig nasse Jacke über die Heizung, stelle schon mal die Technik ein, verbinde mein Handy mit der Musikanlage, lasse unser neues Lied laufen und gehe noch einmal die Choreo durch. Als Luca nach über einer halben Stunde immer noch nicht aufgetaucht ist, greife ich erneut nach meinem Handy. Er ist zwar manchmal unpünktlich, aber dann schreibt er mir eigentlich, dass die Schlange beim Bäcker besonders lang ist oder sonst irgendwas. Aber nichts. Keine Nachricht. Zuletzt online war er gestern Abend. Hat er etwa so sehr verschlafen? Ich mache die Musik aus, setze mich auf eine Bank und warte. Und warte vergeblich.
Um 11:15 Uhr fehlt von Luca immer noch jede Spur und wenn ich ihn anrufe geht nur die Mailbox ran. Langsam mache ich mir ernsthafte Sorgen, dass ihm was passiert ist und ich beginne im Saal hin und her zu gehen. Ich kaue auf meiner Lippe rum, was ich nachher sicher bereuen werden, aber im Moment ist es mir egal. Wo steckt der Kerl?
Ich starre stumm hinaus in den Regen. Erneut schreibe ich ihm eine Nachricht. Er empfängt sie nichtmal. Ich will mich gerade auf den Weg zu seiner Wohnung machen, als die Türe des Tanzsaals aufgedrückt wird und ein klitschnasses Etwas den Raum betritt.
Natürlich weiß ich sofort, dass es Luca ist, der gerade den kompletten Boden voll tropft. Das erste was mir auffällt ist, dass er weder Kaffeebecher, noch eine Tüte mit Frühstück dabei hat. Ich runzle die Stirn. Ok, dann liegt seine massive Verspätung wohl nicht an der zu langen Bäckerschlange. Ich beobachte, wie Luca ebenfalls zur Heizung läuft, seine Mütze vom Kopf nimmt, die er sich tief ins Gesicht gezogen hatte und seine Jacke neben meine hängt. Ich bin absolut verwirrt. Wieso sagt er nichts? Warum bleibt er jetzt mit dem Rücken zu mir stehen und bewegt sich einfach nicht?
„Luca?", versuche ich es jetzt zaghaft und gehe langsam auf ihn zu. Er zuckt zusammen und dreht sich um. Als ich sein Gesicht von vorne sehe bleibe ich ruckartig stehen und ziehe zischend die Luft ein. Ach du meine Güte.
Ich weiß nicht was ich sagen oder tun soll und bleibe wie versteinert stehen. „Luca...", höre ich mich selbst entsetzt flüstern. Langsam hebt er seinen Kopf. Als mein Blick seinen trifft, jagt es mir eine Gänsehaut über den ganzen Körper. Seine Augen sind leer. Kein Strahlen, kein glänzen, kein schönes braun. Sie sind einfach starr auf mich gerichtet.
„Was ist passiert?", traue ich mich jetzt endlich leise zu fragen. Immer noch stehe ich mindestens 3 Meter von ihm entfernt und wir starren uns gegenseitig an. Luca öffnet langsam den Mund und ich merke, wie ich die Luft anhalte. „Michèle." Es ist nur ein einziges kleines Wort, das über seine Lippen kommt, aber mein Herz bricht, als ich den Klang seiner Stimme höre und ich weiß sofort was passiert ist.
Kurz bleibe ich noch erstarrt stehen, bevor ich mich endlich in Bewegung setze und auf ihn zu gehe. Dicht vor ihm bleibe ich stehen. „Hey. Alles gut. Ich bin da.", hauche ich leise und streiche ihm sanft über die Wange und durch die Haare, bevor ich ihn in meine Arme ziehe. Sein Körper beginnt zu zittern und ich drücke ihn noch dichter an mich. Ich spüre wie er hektisch ein und ausatmet. Wenn er so weitermacht, bricht er mir hier in meinen Armen gleich zusammen. Ich löse mich gerade soweit von ihm, dass ich ihn zu den Bänken schieben kann. „Setz dich hin.", befehle ich ihm sanft. Luca folgt zwar meiner Anweisung, macht aber keine Anstalten den Griff um meine Hüfte zu lockern, so dass er mich mit sich zieht und ich wieder seitlich auf seinem Schoß lande. Na gut, dann ist das wohl unsere typische Tröst-Position.
Ich schlinge meine Arme wieder um seinen Nacken und halte ihn fest. Luca selbst vergräbt sein Gesicht an meinem Hals und in meinen Haaren. Seine Arme hat er so fest um meinen Bauch geschlungen, dass ich mich nicht mehr bewegen kann. Aber das muss ich auch nicht. Ich streiche mit meinen Händen seinen Rücken auf und ab und fahre ihm liebevoll durch die vom Regen nassen Haare. Nur langsam beruhigt sich seine Atmung und das Schluchzen wird weniger.
Als er nach einer Weile völlig ruhig und kraftlos in meinen Armen hängt, drücke ich ihn ein paar Zentimeter von meinem Oberkörper weg, ohne ihn loszulassen, aber gerade soweit damit ich ihn anschauen kann. Mit meinem Zeigefinger hebe ich sein Kinn und er schaut mich stumm an. Von nahem sieht er noch miserabler aus, als vorher. Seine Augen sind geschwollen und rot, er hat tiefe Augenringe und ist weiß wie die Wand. Selbst seine Wangen wirken eingefallen und seine Schultern hängen schlaff herunter. „Wie lange hast du geschlafen? Hast du überhaupt geschlafen?", frage ich ihn besorgt. Er zuckt mit den Schultern. Das ist mir Antwort genug. Er hat kein Auge zu getan diese Nacht. Und auch die letzte Nacht war mit nur 4 Stunden Schlaf nach einer anstrengenden Show viel zu kurz, das weiß ich schließlich genau. Ich seufze leise auf und lehne meine Stirn seitlich gegen seine Wange. Was macht er nur für Sachen.
Ich weiß überhaupt nicht was ich machen soll. Luca ist ein einziges Wrack und rührt sich keinen Zentimeter. Ein Training kann ich in diesem Zustand absolut vergessen. Hilflos lehne ich mich wieder zurück und schaue ihn ratlos an. „Und was machen wir zwei jetzt?", spreche ich meine Gedanken laut aus, ohne dass ich eine Antwort von ihm erwarte. Die einzige Reaktion, die ich von ihm bekomme ist, dass er mich wieder näher zu sich zieht und an sich drückt. Ok..., schön, dass er so auf mich fixiert ist und wir können von mir aus gerne kuscheln, aber er sollte jetzt dringend schlafen und dann etwas essen.
Nach weiteren 5 Minuten, in denen ich still auf seinem Schoß verharrt habe, versuche ich erneut mich von ihm zu lösen. Diesmal lässt er es zu, wenn auch wiederwillig. Jetzt stehe ich vor ihm, mit den Händen in die Seiten gestemmt und betrachte das zusammen gesunkene Häufchen Elend vor mir. Ok Christina, das Training muss warten. Luca braucht dich jetzt und zwar eindeutig nicht als Tanzlehrerin. Ich mache mich auf den Weg unsere Jacken von der Heizung zu holen und drücke sie Luca in die Hand. „Los anziehen!", befehle ich ihm und ziehe ihn danach hinter mir her in Richtung seiner Wohnung.
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Dangerous Storm
Fanfic«Mein Herz schlägt einen Purzelbaum, alles in mir fängt heftig an zu kribbeln und ich weiß irgendwie gar nicht mehr genau, wo oben und unten ist. Und dann haucht er mir plötzlich einen letzten Satz in mein Ohr, der mich zum glücklichsten Menschen di...