Christina
Luca liegt immer noch auf dem Sofa, aber hat die Augen mittlerweile geöffnet. „Na, gut geschlafen?", mache ich mich so leise wie möglich bemerkbar, so dass er nicht erschrickt. Dass Luca sofort energisch den Kopf schüttelt, lässt mich kurz inne halten. „Nein. Du hast mich alleine gelassen.", gibt er trotzig von sich und ich kann mir ein grinsen nicht verkneifen. Er erinnert mich gerade viel zu sehr an ein kleines wütendes Kind. „Gar nicht wahr, ich bin ja noch hier. Ich saß draußen auf deinem Balkon und außerdem habe ich dir Essen gemacht."
Es ist faszinierend, in welchem Tempo sich Luca ruckartig aufsetzt. „Du hast gekocht?", bringt er ungläubig hervor und ich nicke bestätigend. „Nichts wildes, nur Nudeln mit Tomatensoße, aber besser als nichts."
Ich muss mir ein Lachen verkneifen. Lucas Liebe zu Essen ist unglaublich. Kaum habe ich erwähnt, dass ich gekocht habe, hat sich ein kleines Funkeln in seine Augen geschlichen, aber er gefällt mir so schon wieder wesentlich besser als vorher. Er steht stumm auf und läuft in Richtung Küche, während ich ihm folge. Plötzlich bleibt er stehen und ich wäre fast in ihn reingelaufen. „Huch.", entfährt es mir erschrocken und ich lege ebenfalls eine Vollbremsung ein. „Das stimmt.....du hast wirklich gekocht.", flüstert er jetzt ungläubig. Verwirrt ziehe ich die Augenbrauen zusammen. „Ja hab ich doch gerade gesagt?!" Zweifel überkommen mich. Bin ich doch zu weit gegangen? Aber ehe ich meine Gedanken weiterführen kann, dreht sich Luca mit offenem Mund zu mir um und starrt mich an. Unsicher beginne ich zu lächeln und weiß nicht was ich tun oder sagen soll. Aber Luca nimmt mir die Entscheidung ab, in dem er mich in den Arm nimmt. „Danke Christina! Du bist die Beste." Als er sich wieder von mir löst, drückt er mir einen schnellen Kuss auf die Wange und macht sich auf den Weg sich einen Teller zu holen. Lächelnd betrachte ich die Szene vor mir. Scheint so, als würde es ihm nach dem Schlafen, zumindest körperlich, wieder etwas besser gehen. Luca streckt sich gerade und zieht zwei Teller aus dem Schrank. „Ich will nichts essen.", mache ich mich erneut bemerkbar, da ich mir denken konnte, für wen der zweite Teller sein soll. Völlig unbeeindruckt von meiner Aussage fährt Luca fort die beiden Teller anzurichten. Eine große Portion und eine kleine. Danach nimmt er beide Teller in eine Hand, kommt auf mich zu und schiebt mich mit der anderen Hand an meinem Rücken in Richtung Esstisch. „Hier wird gemacht was ich sage. Und wenn du für mich kochst, während ich schlafe, dann isst du gefälligst auch was davon. Vor allem, weil ich weiß, dass du heute eh nichts gefrühstückt hast und es jetzt schon nach 15 Uhr ist.", erklärt er mir bestimmt. Ich bin chancenlos. Beim Thema Essen versteht er absolut keinen Spaß und somit gebe ich mich geschlagen und fange, ihm gegenüber sitzend, an meine Nudeln zu essen.
Amüsiert beobachte ich Luca, wie er sich eine volle Gabel nach der anderen in den Mund schiebt. „Man ich hab echt Hunger.", schmatzt er mit vollem Mund und grinst mich an. Kein Wunder, dass es ihm heute Morgen so schlecht ging. Luca ohne Essen ist unvorstellbar. Ich grinse zurück. Erleichtert darüber, dass er anscheinend langsam wieder halbwegs normal wird. Zugegeben es hat mir schon etwas Angst eingejagt, wie apathisch er sich vorhin verhalten hat. Aber mittlerweile ist auch seine normale Gesichtsfarbe wieder zurück gekehrt und er gleicht nicht mehr einer weißen Wand.
Plötzlich hält er in der Bewegung inne und schaut mich stirnrunzelnd an. „Warte Mal, heute ist Sonntag." Ich nicke. „Wenn heute Sonntag ist, dann sollten wir eigentlich gerade im Tanzstudio sein und tanzen und nicht bei mir zu Hause sitzen und Nudeln essen.", stellt er trocken fest und ich nicke erneut. „Christiiina, was machen wir dann hier?", wirft er panisch die Hände in die Luft. „Wie sollen wir denn am Freitag tanzen, wenn uns ein kompletter Trainingstag fehlt? Das wird die reinste Katastrophe. Hilfeeee.", dramatisch gestikuliert er in der Luft herum und ich kann mir nur mit Mühe das Lachen verkneifen. „Beruhige dich! Es freut mich ja sehr, dass du wieder zurück unter die Lebenden gekommen bist, aber übertreiben musst du jetzt auch nicht gleich.", lache ich und füge dann hinzu: „Ich habe keine Ahnung wie wir das machen sollen, aber ich bin optimistisch. Wir schaffen das, egal wie. Zur Not muss ich die Choreo noch etwas anpassen."
Skeptisch runzelt Luca die Stirn. „Du hättest vorhin einfach mit mir trainieren sollen. Das hol ich ja nie wieder auf." Ich lache laut auf. „Klar, weil du vorhin ja auch im Stande warst zu trainieren. Niemals hätte ich auch nur die kleinste Hebefigur mit dir üben können. Wie hättest du mich denn bitte festgehalten, wenn ich schon Angst haben musste, dass du in meinen Armen zusammenklappst. Ne, das war schon gut so. Von mir aus tanzen wir auch in deinem Wohnzimmer, wenn du Angst hast, dass es sonst zu knapp wird.", lache ich über diese Vorstellung.
Luca allerdings schaut mich ernst an. „Das ist die beste Idee des Tages.", und schon springt er auf, trägt unsere leeren Teller in die Küche und zieht mich hinter sich her ins Wohnzimmer. Dort schiebt er den kleinen Sofatisch beiseite und breitet stolz die Arme aus. „Tadaaa, unsere Tanzfläche für heute. Los. Bring mir meine neuen Tanzschritte bei." Er hält inne. „Hey, was tanzen wir eigentlich?", grinst er jetzt.
Immer noch perplex schaue ich mich um. Lucas Wohnzimmer ist echt groß und für die Grundschritte reicht der Platz auf jeden Fall. „Samba. Wir können also an deinem Schweizer Hüftschwung weiterarbeiten.", grinse ich verräterisch. Luca stöhnt auf. „Oh nö, jetzt geht das wieder los. Kann man nicht mal bei einer Richtung bleiben? Erst Latino-Hüfte, dann unbequeme Haltung und jetzt wieder Latino-Hüfte? Ihr wollt mich doch verarschen." Lächelnd beobachte ich ihn, wie er sich trotzig über die Tanzauswahl beschwert. Noch nie habe ich jemanden gesehen, der ständig so viel meckert und jammert und dann schlussendlich doch so viel Spaß an der Sache hat. Aktuell ist es mir aber egal, wie viel er motzt. Ich bin einfach froh, dass es ihm scheinbar deutlich besser geht und der Gedanke an Michèle zumindest für kurze Zeit in den Hintergrund rückt.
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Dangerous Storm
Fanfiction«Mein Herz schlägt einen Purzelbaum, alles in mir fängt heftig an zu kribbeln und ich weiß irgendwie gar nicht mehr genau, wo oben und unten ist. Und dann haucht er mir plötzlich einen letzten Satz in mein Ohr, der mich zum glücklichsten Menschen di...