Kapitel 29

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24.03.2020

Christina

Heute ist Dienstag und schon wieder unser vorletzter Trainingstag für diese Woche. Neuerdings trainieren wir ja jetzt in Köln, in einer Tanzschule ganz in der Nähe von meiner Wohnung und Luca fährt jeden Tag von seinem Hotel in Düsseldorf hier her. Langfristig ist das sicherlich keine Lösung und die Produktion hat uns auch schon bestätigt, dass sie bereits dabei sind sich eine Alternative zu überlegen.
Bisher hatten Luca und ich jedenfalls relativ unspektakuläre Tage bei den Proben für unseren Slow Fox. Das Highlight war für mich wohl der Anruf von Andrzej am Sonntag Abend, als er mir mit Freude berichtet hat, dass er und Loiza zurückkommen werden. Natürlich war auch ich super happy darüber, dass ich ihn weiterhin sehen werde und freue mich jetzt schon auf die Studioproben am Donnerstag.
Bei Luca und mir hat sich nicht großartig viel verändert, außer dass ich das Gefühl habe, dass ich ihm diese Woche ab und zu echt auf die Nerven gehe. Wir haben ja schon in Woche 2 festgestellt, dass Luca und Standard nicht das absolute Dreamteam sind und auch diese Woche hat er ordentlich damit zu kämpfen. Zugegeben, ich habe es ihm wieder alles andere als einfach gemacht, aber wir müssen ja schließlich auch unsere 30 Punkte verteidigen. Nachdem ich Luca schon den ganzen Vormittag mit dem Tisch durch den Saal hab tanzen lassen, ist es jetzt langsam an der Zeit die Schlusspose zu perfektionieren. In den vergangenen Tagen, haben wir es immer mal wieder versucht und ich bin mir noch nicht wirklich sicher, ob wir sie machen werden oder ob ich mir doch noch etwas anderes überlegen muss. Es will einfach nicht so richtig funktionieren, wie ich mir das vorgestellt habe.
„Okay, lass uns nochmal die Hebefigur üben.", klatsche ich in die Hände und erhalte somit Lucas Aufmerksamkeit. Die Begeisterung steht ihm ins Gesicht geschrieben und ich beginne zu lachen. „Jetzt komm schon. Wir probieren das nochmal und wenn es wieder nicht klappt dann überlege ich mir was neues. Aber du musst dich schon auch ein bisschen anstrengen!", necke ich ihn und ziehe einen mürrischen Luca hinter mir her. Ich weiß genau, dass er absolute keine Lust darauf hat das jetzt zu üben und das zeigt sich leider auch in seiner Konzentration. „Nein! Das Bein muss hinter deinen Rücken." Bestimmt zum fünften Mal erkläre ich ihm jetzt, wie er mich oben festhalten soll und er macht alles, aber nicht das was ich sage. Genervt stöhne ich auf. „Man Luca, du sollst dich anstrengen habe ich gesagt." „Mach ich doch!", zickt Luca jetzt genervt zurück und packt mich unsanft am Oberschenkel. Wenigstens muss ich keine Angst haben runterzufallen, wenn er so fest zudrückt.
Allerdings ist der Abgang ungefähr genauso grob wie sein Griff gerade eben. Er lässt meine Beine viel zu früh los und macht sich nicht wirklich die Mühe, mich sanft auf dem Boden abzulegen. Die Quittung dafür bekomme ich sofort. Mein vorderer Hüftknochen schlägt hart auf dem Boden auf und ich ziehe zischend die Luft ein. „Au!", entfährt es mir leise und ich drücke meine Hand auf die schmerzende Stelle. Ich höre wie auch Luca erschrocken einatmet. „Oh nein, Christina! Es tut mir Leid! Ich wollte das nicht!" Immer noch auf dem Boden liegend winke ich ab. „Geht schon wieder. Das gibt nur einen weiteren blauen Fleck.", versuche ich die Situation zu überspielen. „Lass es uns gleich noch einmal versuchen.", dränge ich die Schmerzen in den Hintergrund und rapple mich vorsichtig wieder auf. Luca blickt mir skeptisch in die Augen. „Bist du sicher?" „Ja! Jetzt komm schon."
Natürlich klappt es wieder nicht und ich gerate erneut ins Straucheln. Diesmal aber ist Luca aufmerksamer und versucht mich irgendwie vorsichtig auf den Boden zu bringen, was ihm allerdings nicht gelingt. Das letzte was ich noch richtig mitbekomme ist, wie ich Luca angrinse, bei seinem Versuch uns zu retten und dann ist da plötzlicher dieser harte Schlag auf den Hinterkopf. Sternchen schieben sich in mein Sichtfeld und dann wird mir schwarz vor Augen. Ich habe keine Ahnung wie viel Zeit vergangen ist, bis ich plötzlich eine rüttelnde Hand an meiner Schulter spüre und ich blinzelnd versuche die Augen zu öffnen. „Christina?", höre ich von weit weg Lucas besorgte Stimme. Mein Sichtfeld ist total verschwommen und ich krümme mich stöhnend zusammen. Meine Hand presse ich erneut auf meinen Hüftknochen und meinen Bauch und ich habe das Gefühl, dass ich gleich meinem Frühstück wieder guten Tag sagen werde. Nachdem ich mich eine Weile von Schmerzen geplagt auf dem Boden herum gewälzt habe, bleibe ich jetzt mit geschlossenen Augen zusammengerollt auf der Seite liegen und versuche zumindest meine hektische Atmung zu kontrollieren. Wo ist eigentlich Luca? Schießt es mir plötzlich durch den Kopf.
Meine Antwort bekomme ich recht schnell, als ich hinter mir auf einmal seine wütende Stimme höre. „Mach sofort die Kamera aus und hör auf sie zu filmen!", zischt er Matthias, unseren Kameramann, an. Meine Augen sind immer noch geschlossen, aber ich kann hören wie sich zuerst Schritte entfernen und sich dann kurz darauf jemand neben mir auf dem Boden nieder lässt. „Christina?", ertönt jetzt Lucas leise Stimme neben meinem Ohr und von seiner Wut ist nichts mehr zu hören. „Mhm?", brumme ich leise, bewege mich aber nicht. Ich spüre wie er seine Hand vorsichtig auf meine Schulter legt. „Oh Gott sei dank, du bist wach. Ich dachte schon du bist wieder bewusstlos. Es tut mir so leid! Hier, ich hab dir unten ein Kissen und ein Kühlakku geholt." Vorsichtig fange ich wieder an zu blinzeln und erkenne einen zusammengesunkenen Luca, welcher betroffen vor mir sitzt. „Schon gut. Du kannst da nichts dafür.", versuche ich ihn zu beruhigen, aber er lässt mich kaum ausreden. „Sei still. Ich hätte dich besser festhalten müssen, keine Wiederrede. Kannst du jetzt bitte deinen Kopf kühlen? Vielleicht sollte ich doch den Krankenwagen anrufen..." „NEIN!", erschrocken richte ich mich auf, bereue es aber sofort wieder und greife mir stöhnend an den Kopf. Bestimmt werde ich von Luca wieder auf den Boden gedrückt, aber diesmal landet mein Kopf auf etwas weichem. „Ok, kein Krankenwagen...", flüstert er jetzt leise. „Aber dann bleib bitte wenigstens ruhig hier liegen." Ich schließe meine Augen wieder, da mein Sichtfeld sich nach meiner abrupten Bewegung wieder gefährlich schnell dreht.
Ich höre, wie Luca aufsteht und plötzlich schiebt sich ein Arm unter meine Beine und auch mein Oberkörper wird vorsichtig angehoben. „Ganz ruhig. Ich bringe dich nur auf die gepolsterte Bank.", ertönt erneut Lucas Stimme an meinem Ohr. Kaum hat er mich sanft wieder abgelegt, überkommt mich plötzlich eine bleierne Müdigkeit. Nur am Rande nehme ich noch wahr, wie Luca seine Jacke über meinen Körper legt, das Kissen wieder unter meinen Kopf schiebt, sich neben mich setzt und vorsichtig etwas kühles an meinen Hinterkopf hält. Seine Finger fahren immer wieder sanft meinen Arm entlang und schon bin ich eingeschlafen.

Dangerous StormWo Geschichten leben. Entdecke jetzt