Kapitel 8

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27.02.2020

Christina

Heute ist Donnerstag. Früh. Sehr früh. Aus irgendeinem unerklärlichen Grund streiken die Fluggesellschaften wieder einmal und Luca und ich konnten gestern Abend nicht mehr zurück nach Deutschland fliegen. Da ich aber um 10 Uhr im Studio stehen muss für die Opening Probe blieb uns nichts anderes übrig als den erstbesten Flug am nächsten Morgen zu nehmen. Tja und der geht in einer Stunde. Ich bin gerade dabei meine Klamotten in den viel zu überfüllten Koffer zu stopfen, als es an meiner Türe klopft. „Bist du fertig? Wir müssen uns echt beeilen, sonst ist das Taxi weg.", steht ein klitschnasser Luca vor meiner Türe. „Wie siehst du denn aus?" „Draußen regnet es ein bisschen.", zuckt Luca nur mit den Schultern, schiebt mich beiseite und schließt meinen Koffer, der immer noch auf dem Boden liegt. „Ein bisschen? Das ist ja wohl die Untertreibung des Jahrhunderts.", stelle ich kritisch fest während ich beobachte wie er in meinem Hotelzimmer eine kleine Pfütze hinterlässt. „Hast du alles?" „Ja ich denke schon.", antworte ich ehe ich Luca folge der meinen Koffer die Treppen runterträgt. Unten vor dem Hotel angekommen stößt Luca einige, definitiv nicht jugendfreie, Flüche aus und ich bleibe erschrocken stehen, als ich in sein versteinertes Gesicht schaue. Erst jetzt fällt mir auf, wie blass und müde er eigentlich aussieht und wie distanziert er sich bis jetzt mir gegenüber verhalten hat. Kein Hallo, keine Berührung, kein Lächeln. Irgendetwas stimmt nicht. Das ist absolut untypisch für ihn. Luca zieht genervt sein Handy aus der Hosentasche. „Man das Taxi ist weg. Ich habe ihm doch gesagt, dass er warten soll. Und meinen Koffer hat er auch mitgenommen.", presst er jetzt zwischen seinen Lippen hervor. Taxi? Ich dachte Michèle wollte uns zum Flughafen fahren. Oh, oh. Ich glaube so langsam verstehe ich, was der Grund sein könnte, dass Luca heute so schlecht gelaunt ist. Schon wieder. Sie haben sich schon wieder gestritten. Sanft gehe ich einen Schritt auf ihn zu, nehme ihm sein Handy aus der Hand, auf welchem er wie verrückt in die Tasten haut und halte es mir ans Ohr. Luca selbst seufzt auf, setzt sich auf die Treppenstufen vor dem Hotel und lässt den Kopf in seine Hände sinken. Während ich mit dem Taxiunternehmen telefoniere, beobachte ich ihn im Augenwinkel. Er sitzt da, wie ein Häufchen Elend und die tropfende Kleidung trägt jetzt auch nicht wirklich zu einer Besserung seines Anblicks bei.
Zu allem Überfluss kann der Taxifahrer nicht zu uns zurück fahren. Die einzige Möglichkeit wieder an Lucas Koffer zu kommen, ist durch den Regen zur nächsten großen Kreuzung zu laufen, an welcher das Taxi auf uns wartet. Tja und wie das enden wird, erkennt man bestens an Lucas Kleidung. Aber was bleibt uns schon anderes übrig. Ich gehe auf Luca zu, nehme seine Hand und ziehe ihn hoch. „Komm, wir müssen nach da vorne laufen." „Aber es regnet." „Ja Luca, ich weiß dass es regnet aber wir haben keine andere Möglichkeit und müssen dringend nach Köln. Also jetzt komm bitte." Mit einem Blick auf mein Outfit knirscht Luca mit den Zähnen. „Du holst dir den Tod..." Recht hat er. Ich trage nur meine Oceans Apart Leggins und einen dünnen langärmeligen Pulli über dem Sport BH, da ich direkt vom Flughafen ins Studio zur Probe fahren sollte. „Egal.", sage ich dennoch und zerre ihn hinter mir her durch den Regen. Der Wind peitscht das Wasser durch die, früh morgens noch dunkle Gasse und innerhalb von Sekunden sind wir beide völlig durchnässt.

Als wir endlich am Flughafen aus dem Taxi steigen bleibt Luca mitten im Regen stehen und schaut mich an. „Christina?" Ich hebe fragend die Augenbraue. Seine Haare hängen ihm ins Gesicht und von seinen Wimpern perlen unzählige Wassertropfen ab. „Versprichst du mir, dass wir nächste Woche weniger chaotisch unterwegs sind?", fleht er mich an und schenkt mir das erste Lächeln des Tages. Auch ich grinse ihn jetzt an. „Ich hoffe es zumindest sehr.", sage ich noch, bevor wir uns endlich ins Innere des Gebäudes begeben.  

„Wir müssen uns dringend umziehen. Wenn wir den ganzen Flug in diesen Klamotten bleiben, hätten wir uns die gesamte Trainingswoche sparen können, weil wir dann morgen beide krank im Bett liegen.", stellt Luca kurze Zeit später fest. Auch ich merke, wie meine Lippe anfängt zu zittern. Das Gefühl von der nassen und kalten Kleidung auf der Haut ist nicht sonderlich angenehm. „Wir haben keine Zeit. Die Gepäckabgabe schließt gleich und ich muss meinen Koffer noch abgeben." Da wir am Samstag Morgen schon wieder zurück in die Schweiz fliegen, reist Luca im Gegensatz zu mir nur mit Handgepäck. „Ich weiß was wir machen. Vertrau mir.", greift Luca nach meinem Koffer. „Warte hier."

Dangerous StormWo Geschichten leben. Entdecke jetzt