Kapitel 21

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09.03.2020

Christina

Neuer Tag, neues Glück. Ich kann nicht verhindern, dass sich eine kleine Grundanspannung im Inneren meines Körpers breit macht, als ich die Tanzschule am nächsten Morgen betrete. Heute Nacht habe ich geträumt, dass Luca wieder nicht auftauchen wird und ich am Freitag alleine tanzen muss. Seltsam ich weiß, aber nachts verarbeite ich oft die Gedanken, Ängste und Erlebnisse die Ich tagsüber hatte und da war Luca wohl offensichtlich sehr präsent.
Vorsichtig drücke ich die Türe zum Saal auf und atme auf, als ich Luca direkt am Rand sitzen sehe. „Du bist hier.", entfährt es mir erleichtert. Luca schaut mich verständnislos an. „Natürlich bin ich hier. Schließlich muss ich am Freitag einigermaßen tanzen können. Was hast du denn gedacht?" Er kommt auf mich zu und umarmt mich zur Begrüßung. „Ich habe geträumt, dass du nicht zum Training gekommen und abgehauen bist.", gestehe ich ihm schüchtern und drücke ihn etwas fester, als es nötig gewesen wäre. „Keine Sorge, ich bin hier und ich lauf auch so schnell nicht weg.", versichert er mir sofort. „Kaffee? Ich hab mein Versprechen von vorgestern eingelöst.", und bevor ich reagieren kann, hält er mir schon einen Coffee to Go Becher unter die Nase. Dankend nehme ich ihn an und nehme vorsichtig einen Schluck von dem heißen Getränk. „Frühstück habe ich im gleichen Zug auch mitgebracht, aber das können wir auch später noch essen." Ich pruste los und muss aufpassen, dass ich den Kaffee nicht im gesamten Saal verteile. Luca ist sichtlich verwirrt. „Was ist denn jetzt los?" „Ach ich bin nur immer wieder erstaunt, wie gut ich dich schon kenne. Gestern habe ich nämlich extra nicht gefrühstückt, weil ich mir zu 100% sicher war, dass wenn du Kaffee vom Bäcker mitbringst, auch Frühstück für beide holst." Luca strahlt wie ein Honigkuchenpferd. „Du kennst mich tatsächlich. Aber-...", er stupst mir sanft gegen die Schulter bevor er weiterspricht. „Tut mir Leid dich enttäuschen zu müssen, aber ich kenne dich mindestens genau so gut. Als ich dich zum Nudeln essen gezwungen habe, habe ich nämlich gesagt, dass du eh nicht gefrühstückt hast. Offensichtlich hatte ich Recht. Und weil du es heute höchstwahrscheinlich wieder nicht getan hast, habe ich glücklicherweise Frühstück mitgebracht." Wir grinsen uns beide an und fangen dann an uns aufzuwärmen.

Das faszinierende ist, dass Luca im Vergleich zum Vortag, wie ausgewechselt ist. Er ist fröhlich und lustig und wir haben super viel Spaß zusammen. Auch wenn seine Hüfte ihm immer noch Probleme bereitet. „Komm mal her. Du musst dein Becken nach vorne kippen." Ich ziehe ihn zum Spiegel und mache es ihm erneut vor. Das was Luca dann allerdings nachmacht sieht zwar sehr lustig aus, aber vom perfekten Endergebnis ist es noch weit entfernt. „Gott im Himmel, nein. So können wir das nicht lassen. Fühl mal." Ich stelle mich vor ihn und lege seine Hände auf meine Hüftknochen, während ich die Bewegung ausführe. „Jetzt du auch. Mit mir zusammen." Nur zögerlich beginnt er sein Becken immer wieder nach vorne zu kippen und in die Knie zu gehen, bevor er dann in der Bewegung inne hält und mir über den Spiegel in die Augen schaut. „Also ich will ja echt nichts sagen, aber das kann auch ganz schön falsch aussehen.", grinst er jetzt schelmisch. Schnell habe ich verstanden auf was er hinaus will und mir entfährt ein empörtes „Man Luca!" Dieser kichert nur und erklärt dann trocken: „Ich glaube es ist besser, wenn ich vorne stehe." „Mir ist egal wo du stehst, solang du dein Becken endlich in Bewegung bringst.", lache ich jetzt und fordere ihn auf es erneut zu versuchen, während ich ihn im Spiegel beobachte.
Kurz geht das auch gut, aber Lucas Stöhnen und Seufzen, gepaart mit seinem verzweifelten Gesichtsausdruck und dieser seltsamen Bewegung seines Beckens lässt mich dann doch wieder laut auflachen und ich halte mir die Hand vors Gesicht. „Geht das auch ohne die Geräusche? Du förderst echt mein Kopfkino und ich weiß nicht, ob ich das so gut finde. Du sollst das sexy machen und nicht dirty sexy.", krümme ich mich immer noch vor lachen. „Ich kann das aber nicht anders.", stöhnt Luca schon wieder.
„Ok Pause, wir üben die Hebefiguren." „DAS kann ich.", meint Luca selbstbewusst und ich muss schon wieder lachen. „DAS werden wir ja jetzt sehen." Ich stelle mich neben ihn und erkläre ihm den Aufschwung. „Bei 3 springe ich hoch, du nimmst meine Beine und drehst mich quasi nach oben, so dass ich mit dem Bauch auf deiner Schulter lande, ja?" Luca scheint sichtlich überfordert zu sein und ich winke ab. „Mach einfach. Mehr als schief gehen kann es nicht."
Tatsächlich lande ich gleich beim ersten Versuch auf seiner Schulter. Wenn auch eher wie ein Mehlsack und weniger elegant, aber hey, immerhin bin ich oben. „Ja, fast. An den Feinheiten üben wir noch.", kichere ich, immer noch schlapp auf seiner Schulter hängend. „Und runter ist jetzt eigentlich ganz easy." Langsam lasse ich mich nach vorne kopfüber seinen Oberkörper hinunterrutschen. „Christina was machst du da?", panisch greift er mit beiden Händen um meinen Rücken. „Ja bleib genau so. Und jetzt musst du mich einfach machen lassen und eigentlich nur noch festhalten." Ich schiele von unten zu ihm hoch und er prustet los. „Sorry, aber was soll das denn werden wenn's fertig ist? Aktuell sieht es schon wieder eher fragwürdig aus wie du hier an mir hängst." Auch ich kann mein Lachen nicht mehr unterdrücken und mein Kopf wird ganz rot, weil ich immer noch kopfüber an Luca hänge. „Ok lass mich runter, egal wie.", flehe ich, während ich versuche mich zu beruhigen. Keine Ahnung wie er es geschafft hat, aber nach wenigen Sekunden stellt er mich mit den Füßen auf dem Boden ab. „Danke." Außer Atem streiche ich mir meine Haare aus dem Gesicht. „Ok, neuer Versuch. Diesmal vielleicht mit etwas mehr Eleganz und weniger falschen Gedanken."
Tatsächlich lande ich diesmal schon wesentlich besser auf seinen Schultern, aber der Abgang will wieder nicht funktionieren. „Ich mach doch alles selbst.", werde ich etwas lauter, muss aber trotzdem lachen, als Luca mich viel zu stark festklammert und ich deshalb keine Chance habe mich zu drehen. Letztendlich landen wir beide auf dem Boden und amüsieren uns prächtig. Nach drei weiteren Versuchen sind wir dann aber endlich so weit, dass es einigermaßen akzeptabel aussieht.

Luca

Der Pegel an Zweideutiger Gedanken ist heute im Training irgendwie besonders hoch und ich vermute, dass es an den seltsamen Bewegungen liegt, die ich ausführen soll. Spätestens als Christina aber sagt, dass mein Tanzstil aussieht, als hätte ich eine Ganzkörpererektion, ist es um meine Beherrschung endgültig geschehen. Prustend drehe ich mich zu ihr um. „Was hast du gerade gesagt?" Ihr ist es sichtlich unangenehm und sie schlägt die Hände vors Gesicht. Ich gehe auf sie zu, packe ihre Handgelenke und ziehe die Hände weg. „Kannst du das bitte noch mal wiederholen?", versuche ich es erneut und versuche ernst zu bleiben. „Nein! Du hast mich genau verstanden.", verschränkt sie jetzt trotzig ihre Arme. Ich fange an zu kichern. Es ist niedlich, wie sich ihre Wangen sofort rot färben, wenn ihr etwas unangenehm ist.
„Los weiter. Wir sind hier nicht zum Spaß. Auslachen kannst du mich später noch.", scheucht sie mich jetzt wieder zurück in die Mitte des Saals. „Ich hab dich nicht ausg-...", versuche ich mich zu rechtfertigen, aber Christinas warnender Blick lässt mich verstummen. Abwehrend hebe ich die Hände „Okay okay, ich geh ja schon..."
Erst nach einer gefühlten Ewigkeit sieht es einigermaßen Christinas Vorstellungen entsprechend aus. „Joa, kann man erstmal so lassen...Aber da ist definitiv noch Luft nach oben.", grinst sie mich an. Ich stöhne auf. „Man Christina, jetzt dachte ich, ich habe endlich mal etwas gut gemacht." „Hast du ja, aber verbessern können wir es immer noch.", amüsiert sie sich über meinen genervten Gesichtsausdruck.
„Ich habe noch nie jemanden getroffen, bei dem Zuckerbrot und Peitsche so sehr passt wie bei dir.", murmle ich leise vor mich hin und jetzt ist es Christina, welche losprustet und mich bittet das noch mal zu wiederholen. „Zuckerbrot und Peitsche.", zucke ich mit den Schultern und füge dann schmollend hinzu: „Du kannst so süß und nett sein und im nächsten Moment bist du gemein und holst die Peitsche raus."
Christina mir gegenüber grinst mich bloß stumm an. Genau das mein ich. Wenn sie mich so mit ihren großen braunen Augen und dem breiten Lächeln anstrahlt, steckt sie mich automatisch an und es motiviert mich noch mehr, sie zum strahlen zu bringen.
„Solange Zuckerbrot und Peitsche funktioniert, werde ich das wohl auch so weiterführen.", reißt sie mich jetzt, immer noch grinsend, aus meinen Gedanken. Sie wirft mir einen übertriebenen Luftkuss zu, bevor sie mir dann einen sanften Klaps auf die Schulter gibt. „Weiter machen." Ich hebe die Augenbrauen und beobachte wie sie kurz über sich selbst lachen muss, dann aber wieder völlig ernst wird und mich in Position schiebt. Diese Frau macht mich noch wahnsinnig.

Dangerous StormWo Geschichten leben. Entdecke jetzt