Kapitel 37

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06.04.2020

Christina

Von der entspannten Atmosphäre und dem beruhigenden Gefühl von Lucas Hand auf meinem Bein ist zwei Tage später irgendwie nur noch wenig erkennbar.
Es ist unser letzter Trainingstag vor der Osterpause und Luca treibt mich seit gestern wahrhaftig in den Wahnsinn. Auch da war er schon nicht bei der Sache und irgendwie hat mir sein Kampfgeist gefehlt. Zuerst habe ich es auf das harte und wirklich anstrengende Training am Samstag bei Motsi geschoben, aber mittlerweile ist schon wieder Montag und das dürfte ihn nicht mehr so sehr beeinträchtigen. Allerdings habe ich aktuell wirklich das Gefühl, ich rede mit einer Wand und nicht mit einem Menschen. Er hört mir einfach nicht richtig zu und kann somit meine Verbesserungen nicht umsetzen, weshalb wir nicht weiter kommen und uns im Kreis drehen.
„Christina, das geht nicht! Ich kann das nicht!", reißt Luca mich jetzt aus meinen Gedanken, indem er schon wieder anfängt zu jammern und langsam reißt mir wirklich der Geduldsfaden. „Dann bewegt dein Arsch so lange, bis dein Körper das jetzt macht!", stoße ich genervt aus und sehe, dass Luca unmerklich zusammenzuckt. Ich bin mir ziemlich sicher, dass er mich in diesem Moment wieder einmal verflucht, aber eigentlich will ich ihm damit nur helfen, weil wenn wir nach der Osterpause so weiter machen, wird diese Rumba eine reine Katastrophe.
Laut seufzend lasse ich mich auf die Bank am Rande des Tanzsaals fallen und greife zu meiner Wasserflasche. Luca wirft mir einen prüfenden Blick zu. „Pause?", erkundigt er sich schüchtern und ich schüttle sofort den Kopf. „Nein. Das hast du dir nicht verdient. Ich will sehen, dass du dich anstrengst. Das was du gerade hier auf die Fläche bringst ist wirklich erbärmlich und du kannst das wesentlich besser. Also weiter machen!", versuche ich die strenge Lehrerinnenrolle aufrechtzuerhalten und Luca widmet sich tatsächlich wieder seinen Tanzschritten, was ich kritisch beobachte.
Anscheinend hat meine Ansprache allerdings Wunder bewirkt, denn plötzlich funktioniert es wesentlich besser als vorher. Nicht perfekt, aber immerhin. „Na geht doch.", klatsche ich wieder lächelnd in die Hände und trete zurück zu ihm aufs Parkett. Unsicher blickt Luca zu mir. „Ja? War das besser?" Ich nicke bestätigend und wir beginnen eine andere Figur zu üben.

Der restliche Trainingstag verläuft ähnlich und wir geraten immer wieder wegen Kleinigkeiten aneinander. Seit wann reden wir denn so sehr aneinander vorbei? Normalerweise verstehen wir uns beide fast blind und kennen diese Probleme wirklich nicht.
Erschöpft lässt Luca sich auf das Sofa fallen, als ich gerade das Training für beendet erklärt habe. „Auf geht's in die Osterpause... in der Hoffnung, dass du danach wieder mit einem klaren Kopf hier auftauchst.", kann ich es nicht lassen, ihn erneut aufzuziehen und klopfe ihm dabei aber aufmunternd auf die Schulter. „Man, ich weiß auch nicht was los ist. Irgendwie klappt das nicht so, wie ich mir das vorstelle und ich mach mir selber zu viel Druck.", beginnt Luca jetzt endlich seine Gedanken mit mir zu teilen, die ihn scheinbar blockieren. Ich lasse mich ihm gegenüber am Tisch nieder und beobachte ihn kurz stumm dabei, wie er seine Schuhe wechselt. „Wieso machst du dir selber so viel Druck?", greife ich jetzt seine Aussage auf und schaue ihn abwartend an, während er mit den Schultern zuckt. „Ich weiß es nicht. Von mir erwarten immer alle, dass ich alles gut kann und es nervt mich, dass ich das hier in der Show nicht so zeigen kann, wie ich eigentlich will. Und außerdem hast du mir gesagt, dass die Rumba dein Lieblingstanz ist, dann muss ich die ja wohl einigermaßen anständig mit dir tanzen.", erklärt er mir jetzt doch vorsichtig. Ich warte einen Moment, bis ich ihm antworte. „Luca, lass dich von der Öffentlichkeit nicht so unter Druck setzen okay? Du machst das alles hier großartig und bist mit vollem Herzen dabei. Hör nicht darauf, was die Anderen von dir erwarten, sondern darauf, was ich erwarte. Und ich weiß, dass du das kannst, wenn du endlich anfängst an dich zu glauben. Wir müssen es nur irgendwie gemeinsam aus dir heraus kitzeln.", rede ich vorsichtig auf ihn ein und verfehle meine Wirkung nicht. Luca beginnt langsam wieder zu lächeln und steht auf. „Na dann. Auf in die Osterpause. Tschüss Tanzsaal... bis nächste Woche.", verabschiedet er sich spielerisch von unserem mittlerweile zweiten Zuhause und ich folge ihm kichernd die Treppe nach unten.

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