Kapitel 14

859 25 3
                                    

Christina

Am Hotel angekommen, bleibt Luca plötzlich stehen und schaut mich an. „Wollen wir noch zusammen was essen? Ich hab echt Hunger und ich denke es wäre ganz gut, wenn du auch noch etwas essen würdest...", schlägt er jetzt unsicher vor. Sofort nicke ich begeistert. Mir ist gerade alles lieber, als wieder einen einsamen Abend in meinem Hotelzimmer in einem fremden Land zu verbringen, wo ich außer Luca niemanden kenne. Vor allem will ich nach meinem kleinen Gefühlsausbruch von gerade eben auch nicht alleine sein.
„Sollen wir irgendwo in ein Restaurant gehen oder entspannt im Hotelzimmer bleiben?", stelle ich jetzt die Gegenfrage. Luca überlegt kurz und stellt dann aber fest, dass er zu faul ist sich umzuziehen, da er sich nicht in Jogginghose in ein Restaurant setzen will und ich stimme ihm absolut zu.
Also betreten wir gemeinsam das Hotel und machen uns auf den Weg in Richtung Aufzug. „Frau Luft?", erschrocken drehe ich mich um, als ich mit meinem Nachnamen angesprochen werde. Hinter mir steht eine Angestellte des Hotels, welche Luca skeptisch von oben bis unten mustert, der ebenfalls stehen geblieben ist und die Szene beobachtet. „Ja? Gibts ein Problem?", erkundige ich mich vorsichtig. Erst jetzt schaut sie mir in die Augen. „Nein...also doch...sie haben das Hotelzimmer nur für eine Person gebucht..."
Ihr Blick schweift wieder zurück zu Luca und seiner Trainingstasche, die er in der Hand hält. Jetzt verstehe auch ich, dass es den Eindruck macht, als würde Luca bei mir unerlaubt übernachten. „Ach so, keine Sorge er schläft nicht hier. Er ist nur mein Tanzpartner und wir müssen noch einige Dinge besprechen.", versuche ich die Situation zu erklären. Der Gesichtsausdruck der Angestellten entspannt sich merklich. „Ja wenn das so ist. Wir waren nur etwas erstaunt, dass der hübsche junge Mann jetzt mit Gepäck hier auftaucht, nachdem wir ihn schon ein paar mal hier mit Ihnen ein und ausgehen sehen haben.", erklärt sie etwas peinlich berührt und zeigt auf ihre Kollegin, welche hinter der Rezeption steht und ebenfalls zu uns herüber schaut.
Jetzt mischt sich auch Luca ein. „Kein Problem, das ist schließlich ihre Aufgabe, aber ich verspreche Ihnen, dass Frau Luft zumindest die Nacht alleine hier verbringt und ich mich nachher nach getaner Arbeit aus dem Staub machen werde. Und jetzt entschuldigen sie uns bitte, ich habe echt Hunger.", bringt Luca in einer übertriebenen freundlichen Tonlage hervor und zwinkert ihr zu. Das Gesicht der Frau uns gegenüber nimmt schlagartig eine knallrote Farbe an und ich muss mich sehr beherrschen, nicht auf der Stelle laut los zu lachen. Ich presse meine Lippen aufeinander und senke meinen Blick zu Boden. Luca neben mir greift nach meiner Hand, schenkt der Frau noch ein strahlendes Lächeln und zieht mich dann hinter sich her in den Aufzug, dessen Türen sich gerade geöffnet haben. Als ich mich im Aufzug umdrehe, erhasche ich noch einen letzten Blick auf die versteinerte Angestellte, bevor sich die Türen schließen und ich laut die Luft ausstoße, die ich unbewusst angehalten habe. Auch Luca prustet jetzt los. „Also wenn die jetzt nicht total verwirrt ist, dann weiß ich auch nicht.", kichert er.
„Ich vermute mal, dass sie uns nach deiner Aussage auch nicht mehr geglaubt hat, dass wir nur Tanzpartner sind.", lache auch ich. Empört schaut Luca mich jetzt an. „Gutes Stichwort, da wollte ich mich eh noch drüber beschweren. Nur Tanzpartner? Ich bin schwer enttäuscht. 1. bin ich ja wohl der beste Tanzpartner der Welt und 2. sind wir ja wohl mehr als nur Tanzpartner." Dabei spuckt er das letzte Wort fast schon verächtlich aus. „Wehe du sagst jetzt was falsches, dann mache ich auf der Stelle kehrt und verlasse das Hotel wieder, denn zusammen Abendessen in einem Hotelzimmer geht für nur Tanzpartner definitiv zu weit.", hält er mir jetzt drohend, aber mit einem Lächeln auf den Lippen den Zeigefinger vors Gesicht, während wir durch die Hotelflure gehen. „Naja, die Angestellte würde sich bestimmt freuen.", amüsiere ich mich weiter. „Du kannst ja dann mit ihr was Essen gehen, sie scheint dich ja ganz toll zu finden." Luca verzieht angewidert das Gesicht. „Und um dein Gewissen zu beruhigen, du bist der allerbeste Tanzpartner der Welt und ich liebe es, dass du sogar noch mehr als das bist.", blicke ich ihm jetzt in die Augen und er grinst mich breit an. „Eigentlich habe ich das auch nur gesagt, um die Situation möglichst professionell zu lösen, ohne falsche Gedanken aufkommen zu lassen, aber das hast du ja dann auch erfolgreich wieder über den Haufen geworfen." Erneut brechen wir beide in einen kleinen Lachanfall aus, während wir mein Hotelzimmer betreten.

„Luca!", stoße ich geschockt aus und trete aus dem Badezimmer zurück zu ihm ins Wohnzimmer, wo er wieder mal auf dem Sofa sitzt und schon das Prospekt des Zimmerservices genauestens studiert. Erschrocken hebt er den Kopf und schaut mich an. „Wieso hast du mir nicht gesagt, wie schrecklich ich aussehe?!" Verständnislos blickt er mir weiterhin in die Augen. Ich beginne vor meinem Gesicht herumzufuchteln. Meine Augen sind gerötet, die Wimperntusche verlaufen und man erkennt deutlich, dass ich geweint habe. Meine Haare hängen mir trostlos und verknotet ins Gesicht und von unserem kleinen Lachanfall sind meine Wangen immer noch gerötet. Luca zuckt mit den Schultern. „Du sieht's doch aus wie immer." Mein Mund klappt auf und ich schaue ihn entsetzt an.
„Mund zu, es zieht.", grinst Luca mich schadenfroh an. Innerhalb von Sekunden habe ich nach dem Kissen gegriffen, welches neben mir auf dem Sessel liegt und es in seine Richtung geschmissen. Allerdings hat er damit wohl gerechnet und fängt es gekonnt auf. „Willst du mir etwa sagen, dass ich immer so scheiße aussehe?", baue ich mich jetzt vor ihm auf. „Naja...du hattest auch schon bessere Zeiten." Klatsch. Das Kissen landet in meinem Gesicht und fällt dann zu Boden. Immer noch fassungslos starre ich ihn an. Ich bin gerade dabei Luft zu holen, um ebenfalls einen frechen Spruch loszulassen, als mich erneut ein Kissen am Kopf trifft. „Spars dir und such dir jetzt was zu essen aus, ich hab Hunger.", er klopft neben sich auf das Sofa. Ich erbarme mich und lasse mich neben ihn fallen, aber nicht ohne ihm ebenfalls noch einmal grinsend das Kissen an den Kopf zu werfen.

Nachdem wir uns beide für Pasta entschieden haben stehe ich wieder vom Sofa auf. „Ich geh mal kurz duschen, wenn's ok ist. Diesen Anblick kann ja kein Mensch aushalten. Bestellst du?", ohne eine Antwort abzuwarten mache ich mich auf den Weg ins Badezimmer. Plötzlich fliegt ein Kissen auf meinen Rücken und ich drehe mich abrupt wieder um. Luca kichert wie ein kleiner Junge, während ich ihm einen belustigten Blick zuwerfe. Faszinierend, wie sehr man sich über so etwas freuen kann. „Beeil dich. Bis du wieder halbwegs ansehnlich aussiehst, ist das Essen bestimmt schon da und wird kalt.", zieht Luca mich weiter auf. Wow. Was ist denn mit dem plötzlich los. So viel zum Thema am Boden geblieben. Ich strecke ihm die Zunge raus und schließe die Badezimmertüre hinter mir. „Hey das war ein Witz. Du bist wunderschön.", höre ich ihn jetzt schreien und kann nicht anders als zu grinsen. Dieser Typ macht mich noch wahnsinnig. Im positiven und negativen Sinne.

Während ich versuche meine Haare zu kämmen, höre ich wie Luca draußen unsere Bestellung durch das Telefon gibt: „Zweimal die Nummer 13, bitte. Und eine Portion bitte mit viel Parmesan! ... Ja, Zimmer Nummer 405 ... Luft ... Nein, ich bin nicht Herr Luft. Das Zimmer ist auf Christina Luft reserviert ... Jaaa genau ..." Ich lache leise auf, öffne die Türe jetzt doch wieder und blicke belustigt zu Luca, der mir augenverdrehend mit dem Telefon am Ohr gegenüber steht. „Ja vielen Dank. Auf Wiedersehen."
„Herr Luft also?", hebe ich amüsiert die Augenbrauen. Luca schlägt sich mit der flachen Hand an die Stirn. „So hat sie mich bestimmt gerade drei mal genannt. Was ist heute los mit denen.", lacht jetzt auch er. „Ich finde das hört sich ganz nett an.", teile ich ihm meine Meinung mit. „Nett ist die kleine Schwester von scheiße. Wenn schon wird das Christina Hänni." Ich verziehe das Gesicht. „Ne danke, ich glaube ich bleibe lieber bei Frau Luft." Luca hebt grinsend die Schultern. „Dann sollten Sie sich jetzt aber trotzdem wirklich beeilen Frau Luft, weil unser Essen ist bestellt und Sie wollen aus bestimmten Gründen unbedingt noch duschen." Erneut brechen wir in schallendes Gelächter aus und ich ziehe mich ins Bad zurück. Mit einem fetten Grinsen auf den Lippen stelle ich mich jetzt endlich unter die Dusche. Ich liebe es, wie vertraut und unkompliziert unser Umgang miteinander ist.

Dangerous StormWo Geschichten leben. Entdecke jetzt