Kapitel 28

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20.03.2020

Christina

Tatsächlich haben Andrzej und ich seit meinem kleinen Ausraster gestern kein Wort mehr miteinander gesprochen und ich habe es die restliche Zeit vermieden ihn anzusehen. Eigentlich hasse ich es, wenn wir uns streiten, aber gestern war es mir einfach irgendwann zu viel. Obwohl es ja nicht mal ein richtiger Streit war, da hatten wir definitiv schon schlimmere, sondern wir sind nur wieder einmal beide zu stur den ersten Schritt zur 'Versöhnung' zu machen. Auch Vica ist die Eiszeit zwischen uns beiden heute Morgen schon aufgefallen, als ich die beiden backstage nur flüchtig begrüßt habe. „Was ist denn bei euch los?", hat sie uns mit hochgezogenen Brauen gemustert, nachdem wir uns nichtmal richtig "Hallo" gesagt haben. Ich habe es einfach ignoriert und habe mich auf den Weg in die Maske gemacht. Soll Andrzej ihr doch erzählen, was das Problem ist.
Als ich dann endlich auf meinem Stuhl in der Maske sitze, versuche ich mich zu beruhigen. Zu allem Überfluss bin ich nämlich auch echt aufgeregt. Der Tanz bedeutet Luca und mir ziemlich viel und ich wünsche mir einfach, dass wir ihn einigermaßen ordentlich aufs Parkett zaubern können.

Auch India macht uns während dem versprochenen Face Time Anruf kurz vor der Show nochmal ordentlich Feuer unterm Hintern. „Ihr zwei geht jetzt da raus und zeigt denen wo's lang geht.", redet sie energisch auf uns ein und Luca und ich können uns ein Lachen nicht mehr verkneifen. Vielleicht ist es ganz gut für uns, dass India nicht live dabei ist, denn es sieht so aus, als wäre sie selbst unglaublich nervös. Vermutlich wäre das Ganze hier dann in einem völligen Desaster geendet. Reicht schon, dass Luca und ich uns den ganzen Tag gegenseitig nervös machen.
Wir verabschieden uns von India und machen uns langsam auf den Weg ins Studio. Mit Andrzej habe ich immer noch nicht gesprochen, aber das ist auch gerade nur Nebensache. Aktuell habe ich nämlich andere Probleme.

Kurz vor dem Tanz zupft Luca vorsichtig an meinem Arm. „Ich bin so aufgeregt.", flüstert er leise und ich nehme schnell seine Hand in meine. „Musst du nicht. Das wird super.", versuche ich ihn zu beruhigen.
Sobald das Licht gedimmt wird, breitet sich eine unglaubliche Gänsehaut auf meinem gesamten Körper aus. Die Atmosphäre ohne Publikum ist etwas ganz besonderes und es fühlt sich fast so an, als gäbe es nur Luca und mich. Ich blende alles um mich herum aus und auch Luca schaut mir während dem Tanz so intensiv in die Augen, wie er es bis jetzt noch nie getan hat. Als die Musik endet atme ich tief durch und wische mir eine Träne von der Wange. Wir haben es geschafft. Sofort drehe ich mich zu Luca um, der schon auf mich zu kommt und im nächsten Moment verlassen meine Füße den Boden. Fest drückt er mich an sich, und ich versuche meine Emotionen wieder in den Griff zu bekommen. Als er mich wieder runterlässt und wir uns vor dem Jury Pult aufstellen, wische ich mir noch einmal schnell über die Wange. Luca legt seinen Arm um meinen Rücken und hält mich nah bei sich. Ab und zu spüre ich, wie sein Daumen an meiner Taille sanft auf und ab fährt. Richtig aufmerksam bin ich nicht und höre der Jury deshalb nur mit halbem Ohr zu. Ich bin viel zu sehr auf Luca und seine Berührungen fixiert, der immer noch schwer atmend dicht neben mir steht. Ich bin so unglaublich stolz auf ihn, dass ich es vermutlich nicht mal in Worten ausdrücken könnte. Ich weiß, dass es für ihn nicht einfach war, diese, für ihn noch sehr frischen, Erinnerungen und Emotionen zuzulassen und währenddessen noch zu tanzen und das was er jetzt hier abgeliefert hat ist einfach der absolute Wahnsinn.
Die nächsten Minuten fühlen sich an wie ein Traum. Wie in Trance starre ich, an Luca gelehnt, auf den Monitor. „Wooooow, 30 Punkte!", ertönt Victorias Stimme und Lucas und meine Freude ist kaum zu bremsen. Voller Adrenalin hüpfen wir wie zwei Flummis auf und ab, ehe ich mich mit Schwung in seine Arme werfe. Ich glaube Worte können nicht beschreiben, wie glücklich ich gerade bin.
Als dann die super süße Grußbotschaft von Lucas Familie gezeigt wird, atme ich tief durch und verstärke meinen Griff um Lucas Rücken, um ihm zu signalisieren, dass er nicht alleine ist. Allerdings macht er nicht den Eindruck, als wäre er sehr traurig und auch ich entspanne mich wieder. Überglücklich zieht mich Luca noch einmal an sich und auch ich schlinge meine Arme um seinen Hals und drücke fest meinen Kopf gegen seinen. In diesem Moment ist mir völlig egal, dass wir immer noch live im Fernsehen zu sehen sind. Irgendwie muss ich meine Erleichterung und Freude rauslassen.
Sobald wir uns dann aber im Backstagebereich befinden rasten wir beide erneut aus und hüpfen durch die Gegend. Luca strahlt von einem Ohr zum anderen und ich kann nicht anders, als ihn schon wieder in den Arm zu nehmen. „Du hast das so gut gemacht. Danke, dass du mir meine ersten 30 Punkte geschenkt hast.", grinse ich ihn jetzt an. „Es war mir eine Ehre. Du hast sie dir wirklich verdient.", grinst er breit zurück und zückt sein Handy. „Ich glaube ich weiß, wer gerade vor Stolz vor dem Fernseher fast platzt.", erklärt er und gemeinsam schauen wir auf seine letzte eingegangene Nachricht.

Dangerous StormWo Geschichten leben. Entdecke jetzt