Kapitel 17

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05.03.2020

Christina

Nach dem entspannten Abend gestern mit Kathrin und Andrzej, steht heute wieder ein anstrengender Studioproben-Tag an. Da wir logischerweise auch heute Morgen nicht für das Opening proben mussten, treffen wir uns alle erst um 12 Uhr in den MMC Studios und ich konnte entspannt ausschlafen.
Gerade bin ich dabei, mir noch schnell mein Frühstück vorzubereiten, bevor ich mich dann auf den Weg machen werde. Ich freue mich schon sehr auf den Tag. Es ist immer wieder etwas besonderes die restlichen Paare nach einer Woche wieder zu sehen und ihre neuen Tänze das erste Mal zu bestaunen.
Auch dass Luca und ich in unseren Kostümen proben werden, löst ein angenehmes Kribbeln in meinem Bauch aus, weil ich die Outfits von Katia einfach liebe.

Die Probe von Luca und mir läuft fantastisch. Mein Kleid ist der absolute Wahnsinn, gut..., ich hatte wie gesagt auch nichts anderes von Katia erwartet und auch Luca sieht in seinem Anzug aus wie ein wahrer Gentleman.
Gerade befinden wir uns auf dem Weg zurück in unsere Garderoben, weil wir bis zur gemeinsamen Durchlaufprobe mit den Anderen noch genug Zeit haben und eine Kleinigkeit im Catering Essen wollten. „Holst du mich gleich ab, wenn du dich umgezogen hast?", fragt Luca, bevor er in den Promi Flur abbiegt. Ich nicke und setze meinen Weg alleine eine Etage weiter nach unten fort. Unterwegs treffe ich auf Renata die mir im vorbeilaufen zuruft: „Und? Lief gut?" Ich strecke nur den Daumen nach oben und grinse.

Als ich wieder in Sportklamotten an Lucas Garderobe klopfe und er mir nicht sofort antwortet, öffne ich die Tür einen Spalt breit und erkenne, dass er telefoniert. Er steht mit dem Rücken zu mir, weshalb er mich nicht sieht. Ich räuspere mich leise, trete dann aber ein und schließe die Tür hinter mir. Luca dreht sich um und grinst mich kurz an, bevor er sich wieder seinem Telefonat widmet. Anhand der Gesprächsfetzen die ich hören kann, vermute ich, dass es entweder Cyril ist, der etwas berufliches mit ihm bespricht, oder jemand anderes vom Management.
Ich lasse mich auf seinem Sofa nieder und warte geduldig bis er fertig telefoniert hat. „Alles klar, dann heute um 24 Uhr der Song und morgen um 19 Uhr das Video. Super danke! Ich bin schon bisschen nervös muss ich sagen.", höre ich Luca lachen. Song? Video? Scheint so als gäbe es neue Musik von Luca. Davon hab ich ja gar nichts mitbekommen. Ich beobachte wie er sein Handy zurück in die Hosentasche steckt und dann zu mir kommt. „Hast du einen neuen Song?", frage ich sofort neugierig. „Das geht dich gar nichts an...die Öffentlichkeit erfährt davon erst später.", grinst Luca schadenfroh.
Was für eine Frechheit. „Aha. Ich bin also die Öffentlichkeit?", antworte ich schnippisch. „Richtig erkannt, Sherlock." „Achso und es ist natürlich auch ganz normal, dass die Öffentlichkeit sich in deiner Garderobe befindet, während du ein wichtiges Gespräch mit deinem Manager führst stimmt's?!" Luca lacht. „Meine Güte bist du neugierig. Willst du's sehen?" Eifrig nicke ich. Als ob ich mir das entgehen lassen würde. Quasi eine Videopremiere vor der Premiere und das sogar in Anwesenheit des Künstlers selbst. Luca zieht sein Handy wieder aus der Hosentasche heraus und tippt ein paar Sekunden lang darauf herum, während ich gespannt warte. Bevor er es mir aber dann in die Hand drückt, schaut er mich noch mal an. „Sei bitte nicht so streng zu mir. Ich weiß, dass es nicht mein bestes Video ist und ja... ich bin echt aufgeregt das zu zeigen, weil - ... ach keine Ahnung warum eigentlich."
Verständnislos blicke ich ihn an. Luca hat Selbstzweifel? Also wenn das Video nur ansatzweise so gut ist wie seine anderen, ist seine Sorge völlig unbegründet. Ich streiche mit meiner Hand einmal beruhigend seinen Unterarm entlang und nehme ihm dann das Handy aus der Hand. „Alles gut, es bin nur ich.", sage ich noch, ehe ich den Start Knopf drücke.

Fasziniert und mit großen Augen blicke ich auf und mein Blick trifft direkt Lucas. Er hat, während ich das Video geschaut habe, jede kleinste Reaktion von mir genauestens beobachtet. „Ist das dein Ernst?", frage ich ihn jetzt ungläubig. Er zuckt eingeschüchtert zusammen und will sich schon wieder rechtfertigen und anfangen das Video schlecht zu reden, als ich aufspringe und mit meinen Armen wild durch die Luft fuchtle. „Luca das ist unfassbar. Das ist richtig gut. Das Licht. Die Location. Die Choreo. Dein Outfit. Und der Song! Halleluja. Man könnte fast meinen du wärst ein guter Tänzer. Mit der richtigen Trainerin lässt sich da bestimmt was machen." Luca hat meinen kleinen Ausbruch mit einem Lächeln auf den Lippen beobachtet. „Hol mal Luft.", lacht er jetzt und ich lasse mich tatsächlich etwas außer Atem wieder neben ihn fallen. „Wirklich das ist richtig gut, ich weiß echt nicht warum du so aufgeregt bist.", erkläre ich jetzt ein wenig gefasster als vorhin. Luca beginnt überfordert zu lächeln und seine Wangen nehmen einen leichten Rotton an. „Danke schön. Das bedeutet mir viel, wenn du das sagst." „Immer wieder gerne."
„Hey, aber zwei Fragen hab ich jetzt.", beginnt er plötzlich frech zu grinsen. Ohje, was kommt jetzt?
„Erstens hast du gesagt man könnte meinen ich 'wäre' ein guter Tänzer und zweitens, mein Outfit?! Du magst das Outfit?! Das ist ja mal sowas von langweilig." „Also das mit dem Tänzer werden wir hier ja noch herausfinden. Ich mach dich schon noch zum perfekten Tänzer da kannst du dir sicher sein. Und ja das Outfit... ich mag es, dass es so schlicht ist...und...du...du hast halt schöne Arme...", rücke ich vorsichtig heraus und jetzt sind es meine Wangen, die ein unnatürliches Rot annehmen. Luca kichert und stupst mir gegen die Wange: „Wie süß du sein kannst, wenn du verlegen bist." Gespielt böse schaue ich ihn an, was ihn nur noch mehr zum lachen bringt. „Christina lass es. Du kannst einfach nicht böse schauen." Ich verdrehe die Augen, stehe wieder auf und schaue ihn auffordernd an. „Was ist? Gehen wir jetzt essen?" Das lässt sich Luca natürlich nicht zweimal sagen und er springt sofort auf und folgt mir nach draußen.

Unserer Tradition folgend haben wir Profis beschlossen diese Woche nach der Durchlaufprobe gemeinsam mit den Promis in unserem Standard Restaurant Essen zu gehen. Natürlich ist dies bei Allen auf große Begeisterung gestoßen und alle freuen sich, den Tag gemeinsam ausklingen zu lassen. Massimo hat dort angerufen und uns angekündigt, damit wir alle gemeinsam an einem großen Tisch sitzen können.
Ich will gerade meine Garderobe betreten und meine Tasche holen, als ich am Arm zurück gehalten werde und in Andrzejs Augen blicke. „Huch, Was gibt's?" „Gute Freunde, also?", greift er erneut das Thema vom Vorabend auf. „Ach Man, Andrzej!", stöhne ich jetzt genervt auf. „Kannst du mal aufhören mich zu stalken? Ja, Freunde! Oder hast du irgendwas gesehen was das Gegenteil beweist? Meines Wissens haben wir uns nicht geküsst oder Ähnliches.", antworte ich sarkastisch. Mir ist schon den ganzen Tag aufgefallen, dass er mich im Augenwinkel immer im Blick hat. Und es macht mich verdammt nochmal nervös. „Nö noch nicht, aber fast..." Sprachlos klappt mir die Kinnlade herunter. Noch nicht?
„Sag mal, reden wir von der gleichen Person? Ich kann mich nicht daran erinnern ihn fast geküsst zu haben." Bewusst lasse ich seinen Namen außen vor. Das Risiko, dass diese Unterhaltung jemand mitbekommt, ist mir hier auf dem Flur definitiv zu hoch.
„Und was ist mit eurer Endpose? Die sieht für mich schon seeeehr vertraut und definitiv nach Kuss aus. Und im Gegensatz zu anderen Tanzpaaren, sieht das bei euch nicht so aus, als wäre es euch großartig unangenehm." Aha, daher weht der Wind. Er hat ja eigentlich Recht. Unsere Endpose ist tatsächlich sehr innig, wenn man bedenkt dass wir uns erst zwei Wochen kennen. Gegenseitige Berührungen im Gesicht sind sonst meistens schwierig zuzulassen für Leute, die noch nie getanzt haben und sich dann oft verspannen, weil es für fast Fremde dann doch ein sehr intimer Bereich ist.
Glücklicherweise haben Luca und ich dieses Problem gar nicht, und das trotz dass sich in dieser Pose unsere Nasen manchmal berühren, er seine Stirn runter gegen meine lehnt und wir relativ lange ruhig so verharren. Ich weiß selbst, dass es gewagt ist und vor allem für die Presse solche intimen Szenen ein gefundenes Fressen sind, aber es passt nunmal perfekt zu der Stimmung von unserem Tanz. 'Tanz' ist ein gutes Stichwort.
„Du weißt selbst genau so gut wie ich, dass diese Nähe ein Teil der Choreo ist, welche wir speziell für den Tanz erschaffen. Also ich weiß nicht, was du von mir hören willst, aber ich befürchte von einem Kuss ist das noch weit entfernt. Und jetzt würde ich gerne meine Sachen holen, damit ich die Zeit mit meinen Freunden genießen kann." Dass ich das Wort 'Freunde' dabei extra stark betone, fällt Andrzej natürlich auf und er grinst mich schelmisch an. „Stimmt, du hast natürlich absolut Recht. Ihr kreiert diese Nähe natürlich nur auf dem Parkett. Abseits davon steht und sitzt ihr ja immer so weit auseinander, berührt euch nicht und seht euch eigentlich kaum.", erklärt er ironisch und lacht. Ich versuche so gleichgültig wie möglich darauf zu reagieren, in dem ich bloß bestätigend nicke und ihm dann den Rücken zu drehe, um endlich meine Tasche aus der Garderobe zu holen. Kaum habe ich mich abgewendet, verdrehe ich doch die Augen. Das konnte ja noch heiter werden, wenn wir ab sofort immer so unter die Lupe genommen werden.

Dangerous StormWo Geschichten leben. Entdecke jetzt