Kapitel 38 ~ Im Fuchsbau

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Die Beerdigung von Dumbledore fand an einem wunderschönen, warmen Frühlingstag statt. Es waren jede Menge Lehrer und Schüler am See, an welchem die Beerdigung stattfand. Innerlich hoffte ich, auch während immer mehr Gäste eintrafen, Draco würde auch auftauchen, doch dies war und blieb Wunschdenken. Ich saß neben Fred und Luna, die meine Hand hielt. Die letzten Tage waren reinste Folter. In Hogwarts zu sein, welches nicht mehr so war wie vorher. Die traurigen Gesichter der Schüler und Lehrer. Selbst die Hauselfen waren betrübt. Von hinten tippte mir jemand auf die Schulter. Überrascht blickte ich in Tonks Gesicht, die Remus Hand hielt. Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen und umarmte beide. "Endlich seid ihr vereint." Tonks lächelte mich selig an und auch Remus konnte sich dem Lächeln nicht entziehen. Die beiden so glücklich zu sehen, ließ meinen Glauben an die Liebe wieder hoch leben. Remus flüsterte mir zu: "Niemand gibt dir die Schuld. Du hättest nicht ahnen können, das Snape der Böse ist. Das wusste niemand von uns." Ich nickte nur und bedankte mich kurz.

Die Bestattung begann mit einem Abschiedslied, welches von Wassermenschen dicht unter der Wasseroberfläche gesungen wurde. Eine Gänsehaut breitete sich auf meinem ganzen Körper aus. Hagrid trug den Leichnam von Dumbledore, welcher in ein Tuch gehüllt war, mit Tränen in den Augen, nach vorne. Irgendjemand vom Zaubereiministerium hielt eine Rede, bei der ich nicht wirklich zuhörte. Mein Blick glitt zu meinen ehemaligen Freunden. Hermine hatte ihren Kopf an Ron's Schulter gelehnt und musste die Tränen zurück halten. Wie gerne ich jetzt bei ihr gewesen wäre, um sie zu trösten. Doch das würde nie mehr der Fall sein. Hoch auflodernde Flammen erhoben sich um Dumbledores Leichnam. Als dieses verlöschte, hatte sich ein riesiger Mamorblock gebildet, welcher den Tisch mit dem toten Körper umschloss.

Nach der Beerdigung, die wirklich sehr emotional war, hielt sich Fred an seine Familie, während ich mit Luna zurück zum Schloss lief. Wir beide würden heute Hogwarts verlassen. Schweren Herzens musste ich zu den Weasleys, da meine Eltern untergetaucht waren, um sich Voldemort nicht beugen zu müssen. Das Zaubereiministerium wurde zwar noch nicht von ihm beherrscht, doch das war nur noch eine Frage der Zeit. Dafür würde Melissa im Fuchsbau auf mich warten. Seit unserem Streit und ihrem Verrat hatte ich kein Wort mehr mit ihr gewechselt, doch dies war dann wohl unvermeidlich.


Wir kamen relativ spät im Fuchsbau an. Mrs. Weasley umarmte mich und freute sich sichtlich, mich wieder zu sehen. "Melissa schläft schon, aber du kannst ihr ja morgen Hallo sagen." Ich nickte lächelnd und lief hinter Fred und George her. Ron würde erst morgen ankommen, während ich keine Ahnung hatte, wann Hermine und Harry hier auftauchten. Fred und George ließen sich direkt am Küchentisch nieder und machten sich über das Essen her. Ich jedoch hatte gar keinen Hunger. Meine Gedanken schweiften immer wieder zu der Nacht, in der Draco fast zum Mörder wurde. Zu der Nacht, in der er mich verließ.

Auch im Bett hielten meine Gedanken nicht eine Minute die Klappe. Ständig dachte ich an meine Eltern, die irgendwo untergetaucht waren und nicht mal Melissa wusste, wo genau sie waren. Sie meldeten sich nur sporadisch bei uns. Außerdem hoffte ich dauernd, dass es Draco gut ging. Und natürlich machte ich mir Gedanken darüber, wie man Voldemort aufhalten konnte. Irgendwann glitt ich doch in einen unruhigen Schlaf.

"Du hast zu tun, was ich von dir verlange." Mein Blick schweifte durch einen dunklen Raum, der sich als eine Art Kerker entpuppte. "Finde sie und dann tötest du sie. Liebe macht uns schwach und wir sind nicht schwach." Ich hörte ein Klatschen auf eine Wange, weswegen ich panisch herumfuhr. Dort stand ein aufgebrachter Draco, der sich nun die rote Wange hielt, vor ihm sein vor Wut schäumender Vater. "Wie kannst du dich überhaupt in eine wertlose Gryffindor verlieben? Habe ich dich so erzogen?" "Nein, Vater." Ich wollte zu Draco, mich vor ihn stellen, ihm die Schmerzen nehmen, doch mein Körper gehorchte mir nicht.

"Wirst du sie töten?" Mein Herz setzte einen Moment aus. Es war gar keine Frage, dass sie über mich redeten. "Natürlich, Vater." Draco blickte stur zu Boden. Sein Vater verließ aufgebracht den "Kerker", während Draco auf die Knie sank und sich durch die Haare fuhr. Meine Beine gehorchten mir endlich, weswegen ich auf ihn zu ging und mich zu ihm setzte. "Draco." Meine Stimme war wie ein Echo, doch er reagierte nicht.

Die Szenerie wechselte und nun sah ich Draco, der vor mir stand und den Zauberstab mit zitternden Händen auf mich richtete. Ich konnte wieder nicht reagieren, sondern einfach sagen, was mir in den Sinn kam. "Draco, du musst das nicht tun." "Doch. Liebe macht uns schwach. Und ich will nicht schwach sein." Mir liefen heiße Tränen die Wangen hinab. "Du bist nicht schwach. Du bist einer der stärksten Menschen, die ich kenne. Du bist kein Mörder." Dracos Blick wurde für eine Millisekunde weicher, bevor er wieder seinen eiskalten Blick auflegte und schrie: "Avada Kedavra!" Mein Körper fiel kraftlos und unbelebt zu Boden. Draco warf mir einen letzten, eiskalten Blick zu, bevor er apparierte.

Schreiend und schweißgebadet wachte ich auf. Die Kette an meinem Hals pulsierte und war glühend heiß. Mein Herz klopfte so schnell, dass ich Angst hatte, jetzt auf der Stelle einen Herzinfarkt zu erleiden. Dieser Traum hatte sich so echt angefühlt. Meine Zimmertür ging hastig auf, als Fred hinein gestürmt kam. "Was ist passiert?" Der Schock musste mir noch ins Gesicht geschrieben sein, denn er nahm mich ohne weitere Worte in den Arm. "Ich hab nur schlecht geträumt." "Willst du darüber reden?" "Ich habe von Draco geträumt. Er wurde von seinem Vater angewiesen, mich zu töten, weil Liebe "schwach" macht. Er hat es getan. Mit einem eiskalten Blick." Bei dem Gedanken lief es mir eiskalt den Rücken hinunter und mir stiegen Tränen in die Augen. Fred strich mir behutsam über den Rücken. "Es war nur ein Traum." Ich nickte nur, löste mich von ihm und legte mich zurück in mein Kissen. Fred stand auf und wollte wieder gehen, doch ich hatte Angst vorm Alleinsein. "Kannst du bitte hier bleiben?" Sofort bejahte er und legte sich neben mich, zog mich in seine Arme. Ich fühlte mich direkt sicherer und geborgen. "Gute Nacht, Fred." "Gute Nacht, Kleines."

Am nächsten Morgen wartete Melissa schon ungeduldig in der Küche auf mich. Als ich hinein kam, umarmte sie mich sofort. "Geht es dir gut?" Auch wenn ich noch sauer auf sie war, war ich überglücklich, sie in meinen Armen halten zu können. Ich nickte. "Und dir?" "Einigermaßen. Hör zu, Bella. Es tut mir unfassbar Leid. Ich hätte Mom und Dad nie von Draco erzählen dürfen." Ich winkte ab. "Schon okay. Spielt jetzt eh keine Rolle mehr." Ich setzte mich zu den anderen an den Esstisch und Molly stellte mir sofort einen Teller voller Leckereien vor die Nase. "Du musst etwas essen, Kind. Sonst fällst du mir hier noch um." Gespielt lächelnd bedankte ich mich und nahm einen kleinen Bissen von dem Toast, von dem mir jedoch sofort wieder schlecht wurde. Angeekelt schob ich den Teller von mir weg. Fred sah mich prüfend an. "Mir ist übel." Er hob beschwichtigend die Hände. "Du musst dich nicht rechtfertigen." Ich verbrachte den Tag bis mittags mit Fleur, die alles für die Rückkehr von Bill und die bevorstehende Hochzeit vorbereitete. Irgendwann kam Ron an, der mich keines Blickes würdigte, jedoch rum meckerte, weil er nicht wollte, dass ich hier wohnte. Ich beachtete ihn nicht weiter. "Heute kommt auch Charlie endlich an." Fleur strahlte. "Ach, der Bruder, den ich noch nie kennen gelernt habe." Wir lachten, jedoch war die Sache Ernst. Harry würde bald vom Orden abgeholt werden und sechs andere mussten sich durch Vielsafttrank in ihn verwandeln. Mein Gefühl sagte mir, dass dies eine ganz schlechte Idee war, aber ich hatte nicht mehr viel Mitspracherecht.

Tatsächlich kam am Abend ein weiterer rothaariger Weasley im Fuchsbau an. Charlie war groß, muskulös (soweit ich dies durch seine Klamotten beurteilen konnte) und hatte tiefe, blaue Augen. Als er jeden begrüßt hatte, kam er auf mich zu. "Und du musst Isabella sein. Hab schon viel von dir gehört. Ich bin Charlie." Er grinste Fred an, bevor er mir die Hand gab. Ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen. "Hallo Charlie. Freut mich, dich endlich mal kennen zu lernen." "Die Freude ist ganz meinerseits." Er gab mir spielerisch einen Kuss auf die Hand, bevor er sich lächelnd wieder zu seiner Familie wandte. Nun stand ich da und fühlte mich vollkommen fehl am Platz. Melissa war noch bei der Arbeit, weshalb ich die einzige in dem Haus war, die keine Weasley war. Abgesehen von Fleur, jedoch wurde sie auch bald in die Familie aufgenommen. Fred schien mein Unbehagen zu bemerken, weshalb er mir einen Arm um die Schulter legte und lässig grinste. "Wie gefällt dir Charlie?" Was sollte die Frage denn jetzt? "Er ist... nett!?" Fred's Grinsen wurde nur noch breiter. Langsam verstand ich, worauf er hinaus wollte und das versetzte mir einen Stich. Ich war noch lange nicht über Draco hinweg und wollte es auch gar nicht sein. Tief in mir drin hatte ich die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass er sich doch für die richtige Seite entschied.

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