Kapitel 34 ~ Krankenflügel

780 35 0
                                    

Unkontrolliert liefen mir Tränen die Wangen hinab, als ich mich zu Draco auf die Knie sinken ließ und seinen Kopf auf meinen Schoß legte. Wütend starrte ich zu Harry. "Hol sofort einen Lehrer!" Harry stand wie angewurzelt da und sah zu Draco und das Blut um ihn herum. "Harry! Verdammt nochmal, er stirbt!" Meine Stimme war eine Mischung aus Schluchzern, Wut und Schniefen. Harry schien endlich aus seiner Starre zu erwachen, nickte und rannte nach draußen. Nun legte ich meine gesamte Aufmerksamkeit auf Draco. Sanft strich ich ihm über die Wange. "Es wird alles gut, gleich kommt jemand und hilft dir." Draco sah mich mit halb geschlossenen Augen und einem schmerzerfüllten Blick an. "Ich... liebe dich, Isabella." Dies brachte mich nur noch mehr zum Weinen. "Tu das nicht, Draco. Das wird kein Abschied." "Die Schmerzen... lassen nach. Es soll so sein."

Weinend strich ich ihm immer wieder durch die Haare. Panisch zog ich meine Strickjacke aus und drückte sie auf die Wunden. "Harry kommt bestimmt gleich wieder." Jede Sekunde, die verging, während Draco quasi sterbend vor mir lag, kam mir vor wie Tage. Meine Angst schlug auf meinen Magen, weswegen mir übel wurde. Ich biss die Zähne zusammen und versuchte, nicht zu würgen. Nach quälenden Minuten kam Professor Snape zu uns, setzte sich sofort zu Draco und begann, Zaubersprüche zu sagen. Die Wunden schlossen sich langsam, weswegen ich erleichtert ausatmete. Dracos Augen waren zu, doch er atmete noch. "Gehen Sie bitte in Ihren Gemeinschaftsraum, Ms. Gabott." "Nein! Ich kann ihn jetzt nicht allein lassen." Harry, der hinter Snape stand, nahm mich unter den Armbeugen und zog mich sanft nach oben. "Gehen Sie." Fast dachte ich, so etwas wie Mitleid in Snapes Augen zu erblicken. "Ich liebe dich auch, Draco." Ich war mir zwar nicht sicher, ob er es noch hörte, doch mir war wichtig, es noch zu sagen, bevor ich mich von Harry aus der Toilette ziehen ließ.

Irgendwann kamen wir im Gemeinschaftsraum an. Ich fühlte mich, wie in einer Trance, ausgeschlossen von der Realität. Das einzige, was ich vor mir sah, war Dracos blutender Körper. Dann starrte ich auf meine Hände, die voll mit seinem Blut waren, genau wie meine Kleidung. Ein Schluchzer entwich meiner Kehle, als Hermine auf mich zu kam. "Was ist mit euch beiden passiert?" Auch wenn ich eine Antwort hätte geben wollen, es ging nicht. Kein Laut kam aus meinem Mund. Stattdessen lief ich einfach an allen vorbei in den Schlafsaal und dann in das Badezimmer. Ich musste das Blut abwaschen.

Ich wusste nicht, wie lange ich unter der Dusche stand und einfach nur das warme Wasser über mich laufen ließ. Irgendwann klopfte es. "Bella, geht es dir gut?" Hermines gedämpfte Stimme drang ins Bad. "Ja", rief ich, so laut es eben ging. Endlich begann ich, meine Haut sauber zu schrubben. Erst als sie rot war, weil ich zu fest gewaschen hatte, hörte ich auf und stieg aus der Dusche. Ich sah mich im Spiegel an. Meine Augen waren gerötet und mein Blick war leer. Schnell sah ich weg, zog mir frische Klamotten an und ging in den Schlafsaal zurück, wo Hermine schon auf mich wartete. "Gehts wieder?" Es tat mir weh, sie so besorgt zu sehen, und vor allen Dingen zu wissen, dass es das letzte Mal war. Gleich würde ich mich der Wahrheit stellen.


Hermine hatte mich noch eine Zeit lang getröstet, bevor ich mich auf den Weg zum Krankenflügel machte. Harry versteckte das Buch des Halbblutprinzen zusammen mit Ginny, da der Zauberspruch daraus war. Das ärgerte mich nur noch mehr. Hermine und ich hatten ihn oft genug gewarnt und sein blinder Hass gegen Draco hatte ihn dazu gebracht, einen Zauberspruch gegen ihn zu verwenden, den er nicht mal kannte.

Mit zitternder Hand öffnete ich die Tür zum Krankenflügel. Die Betten waren relativ leer, nur vereinzelt lagen ein paar darin. Da es aber schon spät war, schliefen sie bereits. Langsam bewegte ich mich in den Raum und sah mich weiter um. Draco konnte ich nirgends erblicken, weswegen ich mir denken konnte, dass er in dem Bett lag, welches von einem Vorhang verdeckt war. Ich klopfte an Madam Pomfreys Tür, welche mir fast sofort geöffnet wurde. "Ah Ms. Gabott. Was führt sie hierher?" "Ich... wollte zu Draco." Meine Stimme war heiser vom vielen Weinen und schon wieder traten mir Tränen in die Augen. Madam Pomfrey seufzte. "Er schläft schon. Mr. Malfoy hat viel Blut verloren und muss sich ausruhen." Ich spürte, wie meine Wangen nass wurden. Schon wieder weinte ich. "Bitte, nur ganz kurz." Mitleid blitzte in Madam Pomfreys Augen auf, während sie nickte und mit mir Richtung Vorhang lief.

Vorsichtig zog Madam Pomfrey den Vorhang etwas zur Seite. Als ich Draco in dem Bett liegen sah, schnürte meine Kehle sich zusammen. Er war blass, noch blasser als je zuvor, sein Oberkörper war mit dicken Verbänden verbunden und sein Atem ging noch immer etwas ungleichmäßiger als sonst. "Wird er wieder gesund?" Ich starrte nur auf Draco. "Ja. Professor Snape wusste sofort, welche Zauber nötig waren, um die Wunden zu heilen. Er bekommt nun Tränke, die seinen Bluthaushalt wieder auffüllen." Nickend bedankte ich mich. "Kann ich noch ganz kurz mit ihm alleine sein?" Zögernd stimmte Madam Pomfrey zu und ging zurück in das Nebenzimmer.

Ich setzte mich auf den Stuhl neben Dracos Bett und nahm seine Hand in meine. Sie war noch kälter als sonst. Sanft strich ich ihm darüber und sah in sein Gesicht. "Es tut mir so Leid, Draco. Harry hätte dir sowas nie antun dürfen." Schniefend legte ich meinen Kopf auf seinen Arm, bevor mich die Schluchzer übermannten. Hätte ich die beiden abgehalten, sich zu duellieren, würde Draco jetzt nicht hier liegen. Ich schloss die Augen und konzentrierte mich voll und ganz auf Dracos Atmung, bis ich immer mehr in die Traumwelt abdriftete.

Draco

Mit pochenden Kopfschmerzen wachte ich auf. Wo war ich? Leicht panisch sah ich mich in dem Raum um, den ich recht schnell als Krankenflügel identifizierte. Sofort kamen die Erinnerungen an das Duell mit Potter wieder hoch. Er hatte einen Fluch gesprochen, der mich fast getötet hätte. Mehr Gedanken konnte ich mir nicht darum machen, als ich nach unten an meinen Arm blickte und Isabella auf dem Stuhl neben meinem Bett erkannte. Lächelnd sah ich ihr beim Schlafen zu. Sie sah so friedlich aus, doch ich erkannte sofort, dass sie geweint hatte.

Eine gefühlte Ewigkeit beobachtete ich sie einfach nur, bis sie mit einem schmerzverzerrten Gesicht aufwachte. Sie sah sich kurz um, bis sie mir ins Gesicht blickte. Leicht lächelnd setzte sie sich auf und nahm sofort meine Hand. "Wie geht es dir?" Sorge umspielte ihre Augen. "Außer Kopfschmerzen ganz gut." Schief lächelnd wollte ich mich leicht aufsetzen, doch dann schossen Schmerzen in meinen Oberkörper, die ich das letzte Mal beim Cruciatus-Fluch gespürt hatte. Stöhnend legte ich mich wieder hin. Isabella sah mich hilflos und besorgt an. "Soll ich Madam Pomfrey holen?" "Nein, bleib einfach hier." Ich rückte vorsichtig etwas zur Seite und zog sie neben mich aufs Bett. Sie schmiegte sich an mich. "Ich hatte solche Angst, dass du stirbst." Sanft strich ich ihr über den Rücken und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. "So schnell wirst du mich nicht los."

"Es tut mir so Leid, Draco", murmelte sie irgendwann aus dem Nichts. "Was denn?" Meine Verwirrtheit war nicht zu überhören. "Ich hätte euch beide aufhalten sollen. Dann wäre das nie passiert. Dir würde es gut gehen." Ich drückte sie sanft etwas fester an mich. "Du bist an gar nichts Schuld. Mach dir bitte keine Vorwürfe." Sie nickte, doch mir war bewusst, dass sie nicht überzeugt war. Sanft küsste ich sie auf die Lippen. "Ich liebe dich, Isabella." Ihr gespieltes Lächeln verwandelte sich in ein echtes, welches auch ihre wunderschönen Augen erreichte. "Ich liebe dich auch."

Irgendwann kam Madam Pomfrey, die nicht glücklich darüber wirkte, dass wir beide zusammen im Bett lagen. Doch Isabella war schon wieder eingeschlafen. Sie schien wirklich erschöpft zu sein. "Kann ich etwas gegen die Kopfschmerzen haben?" Madam Pomfrey nickte und gab mir ein Paar Schmerzmittel, welche ich dankend nahm und sofort schluckte. Die Schmerzen linderten sich direkt. "Sie brauchen Ruhe. Sobald Ms. Gabott wach ist, soll sie bitte gehen." Seufzend nickte ich widerstrebend. Eigentlich wollte ich Isabella bei mir haben, aber vor allen Dingen brauchte sie Ruhe und Schlaf.

Ich schien auch in einen ruhigen Schlaf gefallen zu sein, denn ich wurde von einer sanften Berührung in meinem Gesicht geweckt. Isabella hatte mir einen Kuss auf die Wange gedrückt und lächelte mich schmerzhaft an. Sie stand vor meinem Bett. "Ich muss jetzt gehen. Du musst dich ausruhen. Ich komme später wieder." Ich drückte ihre Hand zum Abschied, da ich für Worte zu müde war. Kaum hatte sie das Zimmer verlassen, schlief ich wieder ein.

Everything for youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt