Den ganzen Abend lang hatte ich Draco gesucht, doch er war wohl schon im Schlafsaal. Erschöpft und traurig ließ ich mich auf mein Bett sinken. Den ersten Tag hatte ich mir anders vorgestellt. "Alles in Ordnung?" Meine beste Freundin setzte sich sofort zu mir und strich mir behutsam über den Arm. Ich schüttelte nur den Kopf. Ich wusste, dass wenn ich auch nur ein Wort sagte, die Tränen fließen würden. "Ist es wegen Draco?" "Nein." Meine Stimme brach, doch ich zwang mich, weiter zu reden. "Es ist wegen diesem bescheuerten Nott und dieser noch bescheuerteren Parkinson. Ich kann Draco nicht mal helfen, weil er mir nichts erzählt." Nun flossen doch die ersten Tränen und Hermine nahm mich in den Arm. "Ich will, dass auch sein Jahr schön wird. Ich will, dass er schöne Erinnerungen an Hogwarts hat. Und sie wollen es ihm vermiesen. Als wären ihre Eltern nicht böse gewesen." Ein Schluchzer entwich meiner Kehle und ich drückte mich enger an Hermine. Behutsam strich sie mir über den Rücken. "Ich bin sicher, sie beruhigen sich bald wieder. Und Draco ist stark." "Ja. Aber er hat schon so viel durch gemacht. Wie viel braucht es noch, bis er zerbricht oder explodiert?" Hermine seufzte. "Er hat dich." Schniefend löste ich mich aus der Umarmung und sah sie unter tränen verschleiertem Blick an. "Was, wenn das nicht reicht?"
Die nächsten Tage waren etwas ruhiger, doch Parkinson, Nott und Crabbe hörten nicht auf, dumme Sprüche los zu lassen. Dracos Laune sank von Tag zu Tag. Ebenso wie meine. Blaise und ich versuchten, Draco abzulenken, doch er ließ die Worte viel zu sehr an sich ran. Die drei hatten gelernt, dass sie Draco am meisten verletzen konnten, wenn sie seine Mutter oder mich erwähnten. Also kamen jeden Tag Sätze wie: "Deine Mutter muss sich doch schämen. Einen Todesser als Ehemann und einen Mörder als Sohn." "Gabott wird dich hassen, wenn sie erst mal erkennt, dass du Schuld an jedem Tod bist." Natürlich war dem nicht so, doch Draco hörte ihre Stimmen mittlerweile mehr als meine. Die letzte Stunde für heute war Zauberkunst. Professor Flitwick gab uns eine Hausaufgabe auf und verabschiedete sich dann. Erleichtert packte ich mein Buch in meine Tasche und verließ das Klassenzimmer. Vor der Tür stand Professor McGonagall. "Ms. Gabott, kann ich Sie kurz sprechen?" Nickend folgte ich der Professorin in ihr Büro. "Setzen Sie sich." Ich tat wie mir geheißen. "Es geht um zwei Dinge. Einmal um Mr. Malfoy." Seufzend hielt ich ihrem Blick stand. "Die Prügelei hat ihm Nachsitzen beschert. Warum hat er das getan?" Tonlos begann ich zu lachen. "Sie fragen das wirklich? Theodore, Pansy und Crabbe machen ihm das Leben hier zur Hölle. Kein Wunder, dass er irgendwann explodiert." "Bei seiner Vorgeschichte sollte er nicht explodieren. Ich habe ein Auge zugedrückt, als ich ihn eingeladen habe, seinen Abschluss hier zu machen, aber ich werde nicht noch einmal ein Auge zudrücken." "Tja, dann sollten Sie das auch nicht bei den wahren Schuldigen tun." Ich war bereit, aufzustehen, da ich keine Lust mehr auf dieses Gespräch hatte. "Ms. Gabott, eine Minute noch." Genervt setzte ich mich wieder auf den Stuhl. "Einige Ihrer Mitschüler haben mir vorgeschlagen, dass ich Sie zur Wahl der Schulsprecherin ausschreiben lassen soll." "Mich?" McGonagall nickte. "Ich wollte nur wissen, ob Sie damit einverstanden sind?" Verwirrt nickte ich. "Schön. Die Wahl ist nächste Woche. Sie können jetzt gehen."
Noch immer überrumpelt verließ ich das Büro von Professor McGonagall. Ich hätte nicht damit gerechnet, dass mich irgendwer als Schulsprecher vorschlagen würde. "Bella!" Ich drehte mich um und sah meine beste Freundin auf mich zukommen. "Kommst du mit in die Bibliothek? Ich wollte die Hausaufgaben in Zaubertränke anfangen." Ich nickte und folgte ihr zur Bibliothek. Wir setzten uns, nahmen unsere Bücher und begannen zu schreiben. Jedenfalls fing ich damit an. Hermine beobachtete mich die ganze Zeit. "Was ist los? Warum fängst du nicht an?" "Bella, das, was ich dich jetzt frage, sagst du bitte niemandem weiter, okay?" Verdutzt blickte ich sie an und nickte. "Du und Malfoy... Ihr habt doch schon...?" Plötzlich ging mir ein Licht auf. "Bei Merlins Bart, Hermine! Ron und du, ihr habt noch nicht miteinander geschlafen?" Hermines Augen weiteten sich. "Bella, nicht so laut." Panisch sah sie sich in der Bibliothek um. "Nein, haben wir nicht. Mit der Trauer um Fred und allem anderen kam es nie dazu." "Aber du würdest gerne?" Hermine nickte zögernd. "Ich habe aber auch Angst. Wir haben nie darüber gesprochen. Ich weiß nicht mal, ob er schon jemanden hatte. Vor mir." Kritisch beäugte ich meine beste Freundin. "Wen denn? Lavender? Das ich nicht lache." Grinsend beugte ich mich nach vorne. "Du wirst auch seine Erste sein, glaub mir." Hermine nickte und versuchte, ihr rotes Gesicht zu verstecken. "Ich habe nur Angst. Was, wenn es mir nicht gefällt?" "Hermine." Behutsam legte ich meine Hand auf ihre. "Du brauchst davor keine Angst zu haben. Ihr liebt euch doch. Glaub mir, es gibt kein besseres Gefühl als denjenigen so nah zu spüren, den man liebt." Lächelnd umarmte sie mich. "Danke, Bella. Ron kommt am Wochenende zu Besuch und ich dachte, da wäre der richtige Zeitpunkt..." Nervös puhlte sie an ihren Fingern. "Ihr werdet schon merken, wann ihr bereit seid. Dräng dich nicht dazu. Wenn es passiert, passiert es." "Du hast Recht. Ich sollte einfach die Tage mit ihm genießen." Lächelnd nickte ich. "Und jetzt sollten wir wirklich unsere Hausaufgaben machen."
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Everything for you
FanfictionZwei Menschen, die sich noch nie leiden konnten und völlig verschieden sind. Können sie überhaupt befreundet sein, geschweige denn wirklich ineinander verliebt sein? Isabella Gabott ist 15 Jahre alt und geht auf die Hogwartsschule für Hexerei und Za...