Lavendel

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Philipps Farbe ändert sich schlagartig zurück in Aschgrau und er hebt den Kaffeebecher an seinen Mund.
Überraschtes Himmelblau zeigt sich auf einmal und er schluckt schnell. „Das ist.." murmelt er verblüfft und starrt seinen Kaffeebecher an.
„Lecker, oder?" grinse ich stolz.
„Lecker? Das ist.. göttlich. Ich werde nie wieder etwas anderes trinken können," erklärt er feierlich und nimmt einen weiteren Schluck.

„Das kann ich zu einhundert Prozent bestätigen," kichere ich und trinke ebenfalls von meinem Kaffee.
„Was hast du noch alles für leckere Geheimnisse, Ricardo?" überlegt er und das grübelnde Fernblau ist wieder da.
„Sagt der geheimnisvolle Mann, der mir meine Fragen nicht beantworten will," erwidere ich verschmitzt und blättere meine Seite um.

„Welche Fragen denn?" versucht Philipp auszuweichen und schielt interessiert auf meinen Block. „Hast du schon eins fertig?"
„Ja, aber ich habe mir überlegt, dass ich dir die Bilder nur gegen Antworten gebe," erkläre ich feierlich.
Philipp sieht mich entsetzt an und plötzlich erkenne ich verschmitztes Cyan und einen Hauch von Lavendel in seiner Färbung. Was hat er vor?

„Lässt du mit dir handeln?" fragt er mit tiefer Stimme und beugt sich zu mir nach vorn. Sein Gesicht ist meinem ganz nah und wieder starre ich in seine blauen Augen mit den goldenen Flecken darin, die man nur aus der Nähe sieht. Auch die kleine Narbe an seiner Augenbraue erkenne ich wieder.

„W-Was bietest du als Handel an?" flüstere ich leise und frage mich, warum ich plötzlich stottere. Sein Blick schießt zu meinen Lippen und unwillkürlich fahre ich mit meiner Zunge darüber. Bevor ich etwas antworten kann, ob ich auf den scheinbaren Handel eingehen möchte, legt Philipp seinen Mund auf meinen.

Seine Lippen sind warm und weich und erst als er sich wieder vorsichtig von mir löst, fällt mir auf, dass ich die Luft angehalten habe.
„Also?" haucht er und sein Mundwinkel hebt sich amüsiert.
„Was?" mache ich.
„Zeigst du es mir?"
„N-Nö."
Seine Augenbrauen ziehen sich zusammen und verwirrtes Perlbrombeer zeigt sich.

„Mein Bild ist viel mehr wert," entgegne ich leise. Das Cyan gepaart mit amüsiertem Gelbgrün kommt zurück und ich erkenne auch vorfreudiges Türkisblau. Vorfreude? Oh.
„Ist das so?" grinst er und ich nicke nur. Irgendwie kann ich nicht aufhören, auf seine Lippen zu sehen, wenn sie so dicht vor meinen sind.
„Hm," ist alles, was ich hervorbringen kann.

Plötzlich setzt Philipp sich zurück und seufzt theatralisch auf. „Schade," macht er bedauernd und trinkt einen weiteren Schluck von seinem Kaffee.
Ich kann ihn nur verblüfft ansehen, wie er nun vollständig von Gelbgrün umhüllt ist und bei meinem Anblick lacht er schallend auf.

Das Klicken des Auslösers seiner Kamera lässt mich zusammenzucken. „Hast du mich gerade fotografiert?" frage ich und sehe, dass er die Kamera neben sich hält, die Linse aber direkt auf mich zielt.
„Vielleicht," grinst er.
Ich runzele meine Stirn. „Einfach so? Das ist doch bestimmt total verwackelt."
„Es ganz bestimmt nicht verwackelt," widerspricht Philipp mir fachmännisch. „Es wird ganz sicher nicht nach dem goldenen Schnitt aufgebaut sein, aber dank Autofokus nicht verwackelt."

„Machst du das öfter?"
„Was? Fotos? Ja," kichert er und knipst mich erneut, ohne durch den Sucher zu sehen. Kreatives Zitronengelb umhüllt ihn, gemischt mit amüsiertem Gelbgrün.
„Aber.. so, meine ich," versuche ich klarzustellen.
Philipp zuckt mit den Schultern. „Es geht schnell und die Bilder sehen immer spannend aus. Ich mag es sehr gern, so zu fotografieren."

„Dann bin ich gespannt, was dabei rauskommt," lächele ich und trinke einen weiteren Schluck.
„Worauf hast du dich gefreut?" will ich nun wissen und Philipp sieht mich verwirrt an.
„Du hattest eben einen Hauch von Türkisblau," erkläre ich und zeige um ihn herum, dorthin, wo ich die Farben sehe. „Das bedeutet Vorfreude."

„Oh, ich.." murmelt er und zieht verlegen an einem Grashalm. Sofort kommt das verlegene Aschgrau zurück und ich befürchte, dass er sich gleich wieder verschließt. „Ich dachte nur.."
Nun muss ich schief grinsen und lege meinen Skizzenblock zur Seite, bevor ich mich zu ihm nach vorn beuge.
„Dass ich dich nochmal küssen will?"

Lavendel flammt in ihm auf und ich erkenne, dass er sich ein Lächeln verkneifen will. Noch immer spielen seine langen Finger mit dem Grashalm.
„Willst du denn?"
„Was?"
„Dass ich dich nochmal küssen will?"
Vorsichtig hebt er seinen Kopf und sieht mich an. „Ist es schlimm, wenn ich ja sage?" fragt er und ich kichere leise.

„Ich denke, wenn du jetzt nein sagtest, wäre ich bedeutend enttäuschter," gebe ich zu.
„Dann ja," murmelt er und sieht wieder auf meine Lippen.
„Sagst du das jetzt nur, weil du mir einen Gefallen tun willst?" frage ich und kichere.
Philipp atmet laut durch die Nase aus und hebt eine Augenbraue. „Kannst du mich jetzt einfach küssen, Ricardo?" fragt er leicht genervt und ich meine, sogar eine Prise Moosgrün zu sehen.

Ich lächele und beuge mich noch weiter vor. Ganz sanft lege ich meine Lippen auf seine und mein Herz macht einen kleinen Hüpfer, als seine Hand nach meiner greift, als würde er Halt suchen. Vorsichtig bewegen sich unsere Münder und auf einmal spüre ich, wie seine Zunge gegen meine Unterlippe stupst. Ich öffne meinen Mund ganz leicht und Philipps Zunge dringt zaghaft hinein. Er schmeckt süß, nach Kaffee mit Haselnussmilch und irgendetwas anderem, das mich buchstäblich ganze Regenbogenfeuerwerke hinter meinen geschlossenen Lidern sehen lässt.

Ich seufze überrascht auf, denn diese Erfahrung ist vollkommen neu für mich und als ich mich von ihm löse, betrachten mich seine blauen Augen fragend. Seine Farbe ist fast vollkommen Lavendel und ein wenig neugieriges Capriblau.
„Alles okay?" fragt er und ich nicke zögerlich.
„Ich.. ich hab nur irgendwie gerade so einen Farbrausch," gebe ich leise zu.
„Bin ich so bunt?"
„Es war eher.. in meinem Kopf," versuche ich zu erklären. „Du hast nur neugieriges Capriblau und Lavendel."
„Was bedeutet Lavendel?"

Ich sehe auf unsere Hände und verschränke vorsichtig unsere Finger miteinander.
„Zuneigung für jemanden oder auch verliebt sein," flüstere ich.

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