Philipp und ich sitzen nebeneinander auf der Picknickdecke am Steg und frühstücken die übriggebliebenen Sandwiches von gestern. Zuerst bot er an, ins nahegelegene Dorf zu fahren und dort beim Bäcker Brötchen zu holen, doch ich bin ohnehin nicht der große Frühstücker und solange er Kaffee hat, bin ich glücklich.
„Du lachst mich jetzt bestimmt aus," hat er gesagt und allen Ernstes eine Packung Haselnussmilch aus dem winzigen Kühlschrank gezaubert. Ich habe tatsächlich verblüfft gelacht, aber innerlich hat mein Magen gekribbelt, weil er meine Lieblingsmilch gekauft hat.
Und so blicken wir auf den stillen See und trinken leckeren Kaffee mit Haselnussmilch, während die Natur um uns langsam zum Leben erwacht.
„Kann ich was fragen?" fragt Philipp leise und als ich ihn ansehe, erkenne ich grüblerisches Fernblau um ihn. Auch flaschengrüner Zweifel ist zu sehen und ich ahne bereits, in welche Richtung seine Frage gehen wird.„Natürlich," erwidere ich heiser und sehe wieder aufs Wasser.
„Weiß er es?"
Ich seufze und nicke vorsichtig. „Er weiß, dass es dich gibt und dass du meine Gedanken beherrschst. Dass ich hier bin.. ich habe es ihm nicht gesagt, aber er ist nicht dumm."
„Ricardo, ich wollte nie-" beginnt er, doch ich falle Philipp gleich ins Wort.„Es hat nichts mit dir zu tun, Philipp," antworte ich und bereue meine Wortwahl sofort, denn das Elfenbein, dessen Bedeutung ich bis gestern Abend noch nicht kannte, kehrt schlagartig zurück und er starrt auf den See. „Ich bin es, okay? Es ist als.. als hättest du mich aufgeweckt oder sowas."
Er schnaubt abfällig und schüttelt ungläubig seinen Kopf.
„Dean und ich sind schon eine Weile zusammen," erkläre ich. „Es hat sich irgendwie so ergeben. Davor war ich lange Zeit allein und er war nett und freundlich und zeigte Interesse.. es lag einfach nah. Wir haben uns immer gut verstanden, er ist sehr ausgeglichen und ich fühlte mich immer wohl bei ihm."In Philipps Farbe zeigt sich enttäuschtes Bordeauxviolett und ich bemühe mich, meine Erklärung schnell fortzuführen: „Und dann kommst du und stellst meine Welt auf den Kopf, Philipp. Und das, ohne irgendetwas zu tun. Ich konnte mich nicht von dir fernhalten, es ging nicht. Mit jedem Mal, wenn wir uns sahen, fühlte ich mich mehr zu dir hingezogen und erst Maddie brachte mich darauf, dass ich, Zitat: ‚Auf den Fotografen stehe.'"
Philipp schaut überrascht auf und ich nicke verlegen. „Sie musste mir sprichwörtlich in den Hintern treten, zu dir zu gehen und es zu riskieren. Dean ist gut und sicher, aber nicht das, was ich brauche. Und auch nicht das, was ich will. Noch am gleichen Abend habe ich es ihm gesagt, Philipp. Das schulde ich ihm. Und dir."
„Und wie geht es jetzt weiter?" will er wissen. Ich zucke mit den Schultern. „Es gibt einiges zu klären, aber darüber denke ich nachher nach. Jetzt würde ich gern noch die kurze Zeit bis zu unserem Aufbruch einfach nur mit dir verbringen und genießen," sage ich ehrlich. „Außerdem wollte ich noch deine Nippel malen."
Er lacht schüchtern auf und ich krabbele über die Picknickdecke zu ihm und küsse zärtlich seine weichen Lippen. „Okay," kichert er und zieht sich in einer geschmeidigen Bewegung sein Sweatshirt über den Kopf. „Hier oder drinnen?"
Gebannt starre ich auf seinen entblößten Oberkörper und besonders seine Brustwarzen, die sich in der kühlen Morgenluft aufstellen.„Nur die Nippel," mahnt er und ich schmolle leicht, denn natürlich würde ich gern alles malen. Jedes winzige Detail. Die beiden Leberflecke in der Kuhle unter seinem Hals, die weichen, dunklen Haare, die seinen Oberkörper bedecken oder seinen schönen-
„Ricardo?" lacht er und ich schüttele meinen Kopf, um ihn wieder klar zu bekommen.
„Ja," stammele ich. „Ich.. hole meine Sachen."Schnell stehe ich auf, nehme gleich die Dosen, in denen unsere Sandwiches waren, mit in sein kleines Häuschen und klettere die Leiter nach oben, um meine Zeichenutensilien zu holen. Mein Blick fällt auf die kleine Tube neben dem Futon und in einem Anflug von Spontanität stecke ich diese in meine Hosentasche. Wer weiß, was der Morgen noch so bringt?
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Farbenspiel | ✓
Teen FictionRicardo Cook hat eine besondere Gabe: er kann recht passabel zeichnen und er kann die Farben anderer Menschen sehen. Doch nicht alle Menschen haben die gleichen Farben und manche sind ein wahrer Regenbogen. ------------ ❝ Verzweifelt suche ich in me...