Jimmys Sicht
Nachdenklich beobachte ich Meike die gerade den Geschirrspüler einräumt. Wie sooft in den letzten Monaten wandern meine Gedanken zu Paddy. Ich war so ein riesen Idiot. Ich hätte für ihn da sein sollen, aber was habe ich gemacht? Ich habe ihn beschimpft. Anstatt diesen Polizeibericht zu lesen, gab ich ihm die Schuld an Elisas Tod. Ich hab seinem gefassel und Gestammel geglaubt, aber er war doch überhaupt nicht Herr seiner Sinne gewesen. Er war so mit Medikamenten voll gepumpt, das er unmöglich einen klaren Gedanken fassen konnte. Ich seufze und reibe mir die Hände durchs Gesicht. Ich habe meinen kleinen Bruder im Stich gelassen. "Hör auf dir den Kopf zu zerbrechen." ,höre ich Meikes Stimme und spüre wie sie mir durch die Haare streicht. Seit 17 Jahren steht sie an meiner Seite. Sie kennt alle meine Guten und meine schlechten Seiten. Sie brauch mich nur ansehen und weiß was in meinem Kopf vorgeht. "Ich werde das nie wieder gut machen können." ,stöhne ich und sehe meine Frau an. Sie lehnt sich an den Tisch und sieht mich seufzend an. "Nein. Wirst du nicht...aber nicht nur du...auch die anderen werden es nie wieder gut machen können." ,ich lasse den Kopf hängen. Meike hat von Anfang an gesagt, das wir einen riesigen Fehler machen. Sie war von Anfang an der Meinung das Paddy nicht wusste was er sagt. Sie war es die den Polizeibericht gelesen hatte, den ich weit von mir gewiesen hatte. Sie sagte mir das die Polizei von einem Unfall spricht, aber ich wollte es nicht hören. Sie hat Wochenlang auf mich eingeredet. Mich angeschrien. Das ich verblendet sei, von meinem Schmerz. Meike war immer der Meinung das wir irgendwann unser Verhalten bereuen würden und das es dann zu spät sei. Alles was ich sagte war, das ich es nie bereuen würde. Nichts und Niemand könne mich umstimmen. Ich wollte einfach nicht hören, was sie zu sagen hat. Ich hatte meine Meinung und von der hat sie mich nicht abbringen können. Wie falsch ich doch lag. Ich wünschte ich könnte die Zeit zurück drehen. Alles anders machen. Für ihn da sein. Wie schwer muss es für ihn gewesen sein, allein dazu stehen. Für Paddy war Familie immer das wichtigste. Selten hat er sich gegen sie gestellt. Hat immer Kompromisse gesucht, das am Ende jeder zufrieden war. Aber genau diese Familie hat sich gegen ihn gestellt. Als ich irgendwann zur Besinnung kam war es zu spät. Ich fuhr die ganze Nacht durch. Ich wollte meinen Fehler wieder gut machen. Endlich für ihn da sein, Ihm beistehen. Doch ich stand vor verschlossener Tür. Das Haus war dunkel und der Briefkasten lief förmlich über. Von der Nachbarin erfuhr ich das er weggefahren sei. Seine Abreise wäre aber schon 2 Monate her gewesen. Wohin er gefahren war wusste sie nicht.
"Aber findest du nicht, das ihr dabei seit neu anzufangen?" ,holt sie mich aus meinen Gedanken zurück. Nachdenklich sehe ich zu ihr und nicke zögerlich. "Vielleicht." 3 Wochen ist es her, das Paddy mich überraschend anrief. Zuerst spürte ich unbändige Sorge, weil Aéryn nie von selbst anruft. Natürlich haben wir mit Aéryn fast täglich Kontakt gehabt, aber nie hat sie von allein angerufen. Mir hat es die Luft abgeschnürt als niemand etwas sagte und dann sah ich ihn. Ich konnte förmlich hören, wie mir eine ganze Felswand vom Herzen fiel. Sofort sah ich ihm an, das es ihm gut ging. So war es immer schon. Man konnte ihm immer in den Augen ansehen, wie es ihm ging. Ein Blick genügte. Ihm war das nie Recht gewesen, aber seine Augen waren ein offenes Buch. Ich sah das er nervös war und das ihn dieser Schritt Überwindung gekostet hatte. Verständlich. Mir würde es an seiner Stelle nicht anders gehen. Wie zwei Fremde haben wir gestammelt. Wussten nicht über was wir reden sollten. Es war ein komisches Gefühl ihn zu sehen und doch war ich froh. In den Wochen und Monaten nachdem ich vor verschlossener Tür stand, habe ich mir die schlimmsten Szenarien im Kopf ausgemalt. Das er sich etwas angetan hatte. Schließlich hat er Elisa geliebt. Sie war sein ein und alles. Sein Fels in der Brandung. Doch dann sah ich seine gesunde Gesichtsfarbe. Die Haare die wieder länger waren und das Gesicht das nicht mehr eingefallen war. Stundenlang hätte ich mich mit Ihm über diese belanglosen Dinge unterhalten können, aber unser erstes Telefonat ging nur wenige Minuten. Kurz, aber immerhin ein Anfang.
"Nicht nur vielleicht. Es ist einer, wenn auch ein kleiner." ,lächelt sie und wieder nicke ich. Für mich ist es ein kleiner Anfang, aber für Paddy muss es ein ziemlich großer Schritt sein. "Immerhin telefoniert ihr wieder regelmäßig." ,gibt sie mir zu Bedenken. Wie Recht sie doch hat. Nach unserem ersten Telefonat, dachte ich das es das war. Das ich so schnell nicht wieder selbst von ihm hören werde. Ich telefonierte und schrieb weiter mit Aéryn. Aber irgendwann hatte ich wieder Paddy am Telefon. Diesmal war er schon etwas lockerer. An der Umgebung erkannte ich Aéryns Wohnzimmer. Er erzählte von seinem Tag. Das die Renovierung von Agathe, in den letzten Zügen liegt und er bald einrichten kann. So entwickelte sich eine gewisse Routine. Ich rief Aéryn an und hatte immer öfters Paddy am Telefon. Wir redeten über unseren Alltag und so langsam werden unsere Gespräche länger. Ein Kontakt baut sich auf, von dem ich dachte das es ihn nie wieder geben wird. Natürlich habe ich irgendwann Patricia, Maite und John davon erzählt, die über diese Entwicklung mehr als froh sind. Als die drei bei mir zu Besuch waren, telefonierten wir eine ganze Weile mit Paddy. Die Mädels waren ziemlich aufgewühlt ihn zu sehen, während John meinte das er besser aussehen würde als noch im August.
"Aéryn scheint ihm gut zutun." ,sagt Meike. Ein seufzen entweicht mir. Ohne Zweifel tut sie ihm gut und doch bleibt ein komisches Gefühl zurück. Auch wenn es keiner von beiden bis jetzt ausgesprochen hat, so spürt man doch das beide mehr als nur Freunde sind. In Ihren Augen liegt ein funkeln wenn sie von ihm spricht. Dieses gewisse etwas, wo man sofort erkennt das derjenige verliebt ist. Das selbe funkeln was Paddy hat, wenn er von Aéryn spricht. Man müsste schon völlig blind sein, um das nicht zu erkennen. Ich weiß das ich der letzte bin, der darüber zu urteilen hat und nie im Leben würde ich Paddy darauf ansprechen. "Glaubst du...das...das da etwas ist zwischen den beiden?" ,frage ich kaum hörbar und sehe zu meiner Frau. Diese überlegt kurz und zuckt dann mit den Schultern. "Ich weiß nicht...aber selbst wenn. Was wäre so schlimm daran? Man kann nicht von jemanden verlangen, sein Leben lang allein zu bleiben." ,sinniert sie. Sie seufzt und setzt sich jetzt neben mich und legt ihre Hand auf mein Knie. "Ich würde nicht wollen das du alleine bleibst, wenn mir etwas passiert. Ich hab an Opa gesehen, wie gut ihm die neue Liebe getan hat, nachdem Oma starb. Elisa hätte das doch auch nicht gewollt." Ich weiß das sie Recht hat. Wie oft habe ich mit Elisa über sowas sinniert. Immer wieder betonte sie, das sie wolle das Paddy sein Lachen nicht verliert. Sie wollte das er glücklich ist und nicht alleine. Ich weiß all das und doch bleibt dieses komische Gefühl zurück. Ich fühle mich als wenn ich Elisa verrate, weil ich anfange Aéryn zu mögen.
Vom klingeln meines Handys werde ich aus meinen Gedanken gerissen. Auf dem Display erscheint eine mir unbekannte Nummer. Normal würde ich den Anruf weg drücken, aber was wenn das Paddy ist? Noch immer habe ich nicht seine neue Nummer. Von Aéryn weiß ich jedoch das es sie gibt. Kurz nachdem ich auf den grünen Hörer gedrückt habe, erscheint Paddy auf dem Display. Er winkt mir kurz zu und sagt lächelnd: "Hi. Ich hab gedacht ich rufe mal mit meiner eigenen Nummer an." Wieder ein Lächeln, seine Blick schweift kurz durch die Gegend. "Hey. Danke." ,stammel ich. Hinter Paddy herrscht ein reges Treiben. "Wo bist du?" ,will ich jetzt wissen. "Im Möbelhaus. Agathe ist fertig renoviert und jetzt suchen wir Möbel aus." ,sagt Paddy mit einem Lächeln. Dieses kleine Wörtchen wir, rutscht ihm wie selbstverständlich über die Lippen. Als sei es das normalste in der Welt. Interpretiere ich zuviel hinein? Als ich aus meinen Gedanken wieder auftauche und wieder auf das Display schaue, bemerke ich wie Paddy mich mustert. "Seit ihr erfolgreich?" ,frage ich mit einem leichten Lächeln. Paddy nickt. "Ja...nächste Woche werden die Möbel geliefert. Ich bin gespannt wie alles aussehen wird." Er stockt kurz und scheint zu überlegen. "Es...es ist nur noch Dannys Kinderzimmer, was wir aussuchen müssen. Aber ich denke der junge Mann wird sich schnell entscheiden können." Ich muss schlucken. Wohnen sie zusammen? "Jimmy...ich..." ,er seufzt, "...vielleicht könnt ihr mich besuchen kommen. Es gibt einiges was...was ich euch sagen möchte..." Er sieht kurz weg und streicht sich durch die Haare. Dann sieht er wieder auf das Display. "Ich möchte das alles aus der Welt schaffen. Von vorne anfangen, aber das will ich nicht am Telefon bereden. Ich sehe das du Fragen hast und ich möchte sie dir beantworten aber nicht am Telefon." ,sagt er und lächelt leicht. Er lädt uns ein? Am liebsten würde ich laut los schreien, vor Freude, aber mir fehlen die Worte. Mehr als ein ok bekomme ich nicht zustande. "Ich schreibe Maite, Patricia und John gleich. Ab wann passt es dir denn?" ,frage ich vorsichtig. "Wenn das Haus eingerichtet ist, ist das kein Problem. Ich würde dir dann nochmal schreiben, wenn alles da ist." ,zustimmend nicke ich. "Wo finden wir euch denn?" ,frage ich vorsichtig. "In Greencastle..."
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Lighthouse-Taigh Solair
ספרות חובבים"Die Liebe ist, wie ihr wisst, die eine Kraft, die man nicht erklären kann, die nicht auf einen chemischen Prozess reduziert werden kann, sie ist der Leuchtturm, der uns den Weg nach Hause weist, wenn wir allein sind und sie ist das Licht das un...