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Plötzlich ging alles so schnell. Alle schrien mir ins Ohr, versuchten zu helfen, mich zu stützen oder einfach nur da zu sein. Ich drückte die Hände so stark ich konnte auf meinen ziehenden Bauch. Mein Unterleib schmerzte höllisch. Ich konnte mich kaum noch auf den Beinen halten. Ich wollte schon sagen, dass ich nie wieder ein Kind zur Welt bringen möchte, weil es so schmerzte, aber das hat sich sowieso erledigt.

Ich wollte keinen anderen Partner als Taehyung, aber er wird bald nicht mehr bei mir sein..

Diese harte Erkenntnis tat nur noch mehr weh.

"Scheiße! Aber ist das nicht etwas zu früh?!", drang die schrille Stimme Jins hindurch. "Eigentlich schon. Jungkook befindet sich meines Wissens nach erst im achten Monat.", erwiderte daraufhin Yoongi deutlich ruhiger. "Vermutlich war er einfach zu viel Stress ausgesetzt."

Ich hörte nicht wirklich auf ihnen. Ich konnte es nicht, viel zu sehr war ich auf die bevorstehende Geburt fixiert aber auch auf Tae, der mich mit weitaufgerissenen Augen anstarrte. Der Schock stand ihm wortwörtlich ins Gesicht geschrieben. Ich sah ihm genau an, wie sehr es ihm kränkte, dass er mehr oder weniger ans Bett gefesselt war und sich nicht zu mir knien konnte, um mich in seine Arme ziehen zu können.

Wie schön die Vorstellung doch war, dass ich jetzt - in diesem Moment - in seinen Armen legen konnte, er sanft meinen Oberarm streichelte und beruhigende Worte zu flüsterte. Leider konnte dies einzig und allein nur mit meiner Vorstellungskraft geschehen.

Ich schenkte Tae ein letztes gequältes, dennoch liebevolles Lächeln, ehe ich von einem Arzt mitgenommen wurde, da anscheinend jemand den roten Notfallknopf betätigte.

Alles um mich herum passierte unheimlich schnell. Ehe ich mich versah war ich im Op-Saal, bekam eine Narkose und eine Anweisung was nun passieren würde und wie ich mich verhalten sollte. Zwar spürte ich durch die Narkose nichts, aber der seelische Schmerz saß umso tiefer.

Ich brachte gerade allein unser Baby zur Welt. Tae konnte nicht teilhaben. Meine Hand blieb während der Geburt kalt neben meinem Körper, statt in den warmen Händen Taehyungs. Unser Sohn durfte nicht seine ersten Minuten seines Lebens in den Armen seines Vaters verbringen. Nein, er musste allein gewogen, gewaschen und gemessen werden. Und nicht zu vergessen, konnte mein Ehemann nicht die Nabelschnur unseres Engels abtrennen, das er sich immer so wünschte.

Es war einfach nur grausam.

Einfach alles.

So kam es auch, dass ich während der Operation die ganze Zeit nur am Weinen war. Ich konnte dagegen nichts machen. Die Tränen liefen ohne Halt. Ein so unglaublicher Moment entwickelte sich für mich zu einem absoluten Horror.

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Die Zeit verging und so lag ich wenige Stunden später mit meinem Sohn in einem Krankenbett und beobachtete den kleinen schlafenden Jungen still. Er sah wirklich unheimlich süß aus, seine kleine Stuppsnase, die feinen Wimpern und seine mehr als niedlichen Paustbäckchen. Einfach zum Anbeißen.

Aber trotz dass mein Sohn gesund auf die Welt kam, mit einer Frühgeburt, schmeckte ich diesen salzigen Nachgeschmack. Jetzt wo er da war, realisierte ich erst, was das nun zu bedeuten hatte. Tae hatte nicht mehr lange, aber mein Sohn blieb für immer. Die Erziehung blieb nun wirklich völlig mir überlassen.

Ich war komplett auf mich allein gestellt.

Erst jetzt wurde mir das so richtig klar.

Ich fühlte mich müde, ausgelaugt und schwach und trotzdem stand ich schwankend auf, nahm den kleinen Körper vorsichtig auf meinen Arm und verließ auf wackeligen Beinen das Zimmer mit einem klaren Ziel vor Augen.

Tae musste ihn unbedingt sehen, ihn ganz viel Liebe geben, solange es noch möglich war.

Unser kleiner Saengmyeong musste die restliche Zeit noch mit seinem Appa verbringen und so viel Liebe bekommen, wie es nur möglich war.

Hätte ich doch nur etwas gewartet...

𝐈𝐍 𝐓𝐇𝐄 𝐄𝐍𝐃 • ᵗᵃᵉᵏᵒᵒᵏWo Geschichten leben. Entdecke jetzt