Träge schleppte ich mich auf die Besuchertoilette. Nach diesem Erlebnis brauchte ich erstmal Zeit für mich. Vielleicht war eine Krankenhaustoilette nicht der beste Platz dazu, aber das war mir in diesem Moment egal. Ich wollte allein sein. Und wenn es nur für kurze Zeit war.
Ich schloss die Tür hinter mir ab und rutschte diese mit dem Rücken zu Boden. Automatisch zog ich die Beine eng an meinen Körper und platzierte meinen Kopf auf die Knie, während die Arme um meine Beine geschlungen waren.
Alles fühlte sich so unbeschreiblich schwer an. Mein Kopf, meine Arme, meine Füße, die mich nur noch schwer tragen konnten. Meine Augen brannten vom vielen Weinen, aber das war kein Grund, nicht mehr weinen zu können.
Kaum hatte ich den Raum von Tae verlassen, liefen die Tränen in strömen. Es fiel mir wirklich schwer, nicht in seiner Gegenwart zu weinen, irgendwie schaffte ich es dann doch jedes Mal. Aber sobald ich für mich alleine war, brachen sämtliche Dämme. Es schmerzte so unglaublich, ihn so zu sehen.
Er erkannte mich nicht mehr, hielt mich für einen Fremden. Ich bin mir sicher, dass er Myeong auch befremdlich war. Wer hätte sich vor ungefähr drei Monaten vorstellen können, dass es einmal so enden würde?
Keiner..
Ich wollte meinen Tae zurück. Ich wollte, dass er wieder gesund wird. Ich wollte wieder glücklich mit ihm sein und ihn nicht beim Sterben hilflos zu schauen.
So etwas wünschte ich wirklich keinem.
Klar dachte ich am Anfang, wieso wir und nicht jemand anderes. Aber dieses Denken war mehr als egoistisch. Niemand sollte so leiden müssen, wie wir es taten.
Der Krebs ist ein Arschloch. Nicht mehr und nicht weniger.
Noch mehrere Minuten verweilte ich weinend in der Position und dachte über die momentane Situation nach. Nachdem Myeong alleine bei Tae war, rappelte ich mich dann doch auf und wusch gründlich mein Gesicht. Ich wagte keinen Blick in den Spiegel, da ich meinen grässlichen Zustand nicht sehen wollte.
Mir war auch so bewusst, dass ich Augenringe bis zum Boden hatte, blasse Haut, rote Augen, glanzloses und zersaustes Haar. Ja, ich bin mir sicher, dass traf es ganz gut.
Einmal tief durchatmen, Jungkook. Du schaffst das. Du gehst jetzt da rein, holst Myeong gehst nach Hause und nimmst dir erstmal ein Entspannungsbad mit einem leckeren Früchtetee.
Ob ich alleine in einem ruhigen Raum so gut entspannen konnte, wird sich noch zeigen.
Ich stolperte mehr oder weniger über den Gang, bis plötzlich eine Krankenschwester um die Ecke kam, und ich fast in sie reinlief. Nervös und geschockt musterte ich sie. Peinlich..
Ich wollte schon an ihr vorbei huschen, doch hielt ich inne, sah herab zu meinen Füßen und spielte nervös mit meinen Fingern. "W..wieso erkennt er mich nicht mehr..?", hauchte ich tottraurig.
Zu Beginn verstand sie es nicht, denn sie lag verständnislos den Kopf zu Seite, dann nickte sie und gab ein verstehendes "Ahhh" von sich. "Wissen sie, der Krebs und dazu die Schmerzmittel bringen alles in dem Kopf des Patienten durcheinander. Nehmen Sie es ihm nicht übel und versuchen sie das Beste noch daraus zu machen.", das waren ihre Worte, ehe sie an mir vorbei lief und mich hoffnungslos stehen ließ.
Wieso sind die Ärzte hier alle so kalt?
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Am nächsten Morgen besuchte ich meinen Tae ein weiteres Mal mit einem unguten Gefühl im Magen. Zwar war das gestern ein Schlag ins Gesicht, aber deshalb werde ich ihn nicht nicht mehr besuchen. Ich werde ihn begleiten, bis er seinen Frieden gefunden hat. So lange werde ich noch stark sein müssen.
Zögernd und mir einem gewaltigen Kloß in meinem Hals öffnete ich die Tür, wie immer mir Myeong auf dem Arm. Dieses Mal war er sogar wach und erkundete die Umgebung mit riesigen Knopfaugen. Ich musste Schmunzeln, weil es einfach so unglaublich niedlich aussah, aber das verfiel relativ schnell wieder, wenn ich daran dachte, was hinter dieser Tür nun auf mich zu kommen könnte.
Doch wieder kam alles ganz anders wie erwartet. Kaum stand ich in diesem Horrorraum - sowie ich es nun getauft hatte - begrüßte mich ein sitzender Taehyung, der mich über beide Ohren anstrahlte. Er lachte mich an, als wenn alles gut wäre. Das Glänzen in seine Augen war zurück.
Er wirkte wieder so unglaublich lebendig, nur sein eingefallenes Gesicht und sein schwacher, knochiger Körper behielten die Wahrheit auf dem Boden. "Taehyung, was machst du da- Leg dich wieder hin!" Ich wusste nicht wie ich sonst reagieren sollte, was war denn nun schon wieder? Wieso ist ständig alles anders?
"Aber wieso denn Kookie? Ich fühle mich super! Ich verstehe gar nicht was ich hier mache. Lass uns doch nach Hause gehen!" Wir können nicht nach Hause, Tae.. Das solltest du eigentlich wissen..
"Wir müssen doch noch einkaufen. Ich will am Wochenende unbedingt einen Kuchen backen!"
"Tae..-" Die Tränen stiegen wieder auf. Ich verstand gar nichts mehr. Gestern lag er halb Tod da, heute könnte er Wurzeln schlagen? Wie grausam ist dieser scheiß Krebs? Er soll meinen Tae endlich in Frieden lassen. Wieso tut er ihm das an?!
"Myeong, mein Sohn! Ich hab dich so vermisst. Deine Eomma ist einfach mit dir gegangen, dabei wollte ich mir dir im Park spazieren gehen und Enten füttern. Jagiya ist echt böse.", nun schmollte er, entriss mir meinen Sohn und drückte ihn an seine Brust. Ich konnte das alles nur perplex verfolgen.
Wann nimmt das endlich alles ein Ende..?
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𝐈𝐍 𝐓𝐇𝐄 𝐄𝐍𝐃 • ᵗᵃᵉᵏᵒᵒᵏ
FanfictionEine schwierige Zeit bricht in dem Haus des Paars ein. Taehyung geht es über Wochen hinweg schlechter, verliert Appetit und Ausdauer. Er und sein Mann Jungkook gehen zum Arzt, um ihn untersuchen zu lassen und dann die Diagnose. Kim Taehyung leidet...