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Und so kam es dazu, dass ich die nächste Zeit damit beschäftigt war, Taehyungs Beerdigung zu planen. Welcher Pfarrer an diesem Tag sprechen und welche Blumen Tae bekommen sollte bis hin zur Musik, die gespielt werden sollte. Die Trauerrede werde ich ebenfalls noch verfassen müssen.

Das wird eine schwierige Überwindung für mich, aber sie gehörte dazu. Außerdem wollte ich auch einige Abschiedswörter für meinen Tae dalassen. Das war mir wirklich wichtig - auch wenn es hart wird. Ich hoffte, ich könne an diesem Tag überhaupt ein normales Wort rauskriegen, ohne vor Weinen zusammenzubrechen.

Neben diesen Planungen musste ich mich auch um anderes kümmern. Taehyung aus der Wohnung abmelden, seinen Job kündigen und auch Behördenkram wie zum Beispiel Witwen-Rente beantragen. Es war ziemlich viel zutun, weshalb mir kaum Zeit blieb, in düstere Gedanken zu fallen.

Myeong war selbstverständlich auch immer dabei. Die meiste Zeit schlief er im Kinderwagen oder in meinen Armen, aber das war ja normal. Nachdem Behördenkram besuchte ich immer Tae im Krankenhaus, doch so langsam musste ich mir eingestehen, dass es mit ihm zu Ende ging. Er schlief eigentlich nur noch, redete kaum bis gar nicht mehr mit mir.

Ich saß immer neben ihm am Bett, hielt seine Hand und streichelte diese sanft. Währenddessen lag Myeong auf seiner Brust, so auch jetzt. Es war mittlerweile sowas wie eine Routine geworden, meinen Ehemann von früh bis spät im Krankenhaus zu besuchen und ihn still schweigend dabei zu beobachten, wie er friedlich vor sich hin schlummerte.

Am Anfang war ich schockiert, da er mit halb offenen Augen schlief, aber relativ schnell verstand ich, dass der Körper zu schwach war, um die Augenlider geschlossen zu halten. Es sah gruselig aus, aber mich störte es nicht mehr. Ich war einfach nur froh, dass er keine Schmerzen spürte und so friedlich da liegen konnte.

Ändern konnte ich sowieso nichts mehr. Er war so gut wie tot..

Ich beobachtete meinen Sohn, wie er trotz des Schnullers auf das Oberteil Taehyungs sabberte, da er auf dem Bauch lag. Die Arme nach links und rechts ausgestreckt, dass er seinen Appa umarmen wollte, nur leider waren die Ärmchen deutlich zu klein. Myeong liebte seinen Appa über alles. Ich erkannte genau, wie wichtig ihm der Ältere war.

Wenn die Besuchszeit vorbei war und ich ihn auf den Arm nahm, quengelte er immer und strampelte mit Arme und Beine nach seinem Appa. Es zerriss mir jedes Mal das Herz, mein Baby das antun zu müssen.

Wie würde es werden, wenn Tae nicht mehr war..?

Wie würde Myeong das aushalten?

Natürlich vergisst er es irgendwann, er war immerhin ein Baby, aber auch Babys merken, wenn eine wichtige Person fehlte.

Plötzlich schlug Taehyung die Augen auf, rappelte sich etwas auf und guckte sich verwirrt im Raum um, dabei rutschte Myeong von ihm ab, sodass der Kleine zu weinen begann. Ich zögerte nicht und nahm den weinenden Jungen auf den Arm und wog ihn sanft hin und her. Er wurde wirklich ungemütlich aus dem Schlaf gerissen..

"T..Taehyung? Alles okay..?", fragte ich vorsichtig und verwirrt musterte ich den Älteren. Bis vor kurzem konnte er sich noch nicht mal auf die Seite drehen, nun saß er mit weit aufgerissenen Augen vor mir und funkelte mich verdächtig an. "Wer bist du? Was machst du hier? Was mache ich hier?!"

Plötzlich so voller Leben aber Misstrauen und Wut sprach er zu mir. Was war denn aufeinmal los? Ich verstand gar nicht mehr.. Erkannte er mir nicht mehr? Ich bin doch sein Ehemann, wie konnte mich vergessen..? "Huh? Tae, ich bin es. Jungkook, wir sind verheiratet."

Meine Stimme war mal wieder am Beben, den Tränen nahe, aber ich konnte nicht schon wieder vor ihm heulen. "Jungkook? Verheiratet?" Er schüttelte den Kopf. Er erkannte mich tatsächlich nicht mehr..

Aber wieso..? Was hat das zu bedeuten?

Und wieder eine Veränderung traf ein. Seine Pupillen wurden mit einem Schlag riesig, seine Augen weiteten sich zu großen runden Augen. Diese Gestik machte mir Angst. Ich war völlig überfordert mit der Situation. Was passierte nun als nächstes?

"Eomma? Eomma! Wo bist du? Komm mal her!", rief er und wirkte plötzlich wie ein fünfjähriger kleiner Junge, der seiner Mutter einen selbstgebauten Schneemann zeigen wollte. Er wirkte absolut nicht mehr wie ein erwachsener Mann. Sein Erscheinungsbild ist Jahre zurückgefallen.

Was passierte hier..?

"Tae, hör mal. Deine Eomma war gerade eben da und hat dich besucht. Du hast geschlafen, weshalb sie dich nicht wecken wollte.", log ich mit einem ruhigen Ton. Was sollte ich ihm sonst erzählen?
"Lüge!", zischte er und funkelte mich böse an.

Ich wich ängstlich und völlig sprachlos zurück. Ich erkannte ihn nicht wieder..

Er schrie lange und laut nach seiner Mutter, bis eine Ärztin rein kam und ihm ein Beruhigungsmittel verabreichte, dass ihm zum Einschlafen brachte. Traurig und am Ende meiner Kräfte musterte ich den Älteren.

Tae.. komm doch zurück..

𝐈𝐍 𝐓𝐇𝐄 𝐄𝐍𝐃 • ᵗᵃᵉᵏᵒᵒᵏWo Geschichten leben. Entdecke jetzt