Der Tag zog sich wie ein Kaugummi. Den ganzen Tag schmiegte der Ältere Pläne, was er alles in den nächsten Tagen mit uns machen wollte. Und was tat ich? Ich ließ mich voll und ganz auf seine hoffnungslosen Worte ein. Stimmte zu oder versuchte mit einem traurigen Lächeln, seine Träume und Wünsche zu erweitern. Zum Glück merkte er meine Traurigkeit nicht.
Myeong bekam auch die vollste Aufmerksamkeit von seinem Appa - wenigstens einer, der diesen Moment ohne Hintergedanken vollkommen genießen konnte. Meinem Sohn tat die Nähe zu seinem Appa gut, keine Frage. Dafür wird die Trennung umso schmerzhafter. Ich rechnete jetzt schon mit schlaflose Nächte.
Alles nahm einmal sein Ende, so auch der heutige Tag. Wenn ich gewusst hätte, dass dieser, der letzte sein würde, hätte ich es vielleicht mehr zu schätzen gewusst.
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Wieder lief ich den Gang entlang, erneut stand eine Kerze vor dem Zimmer eines Patienten. Ein gängiger Brauch war es, vor der Zimmertüre des Verstorbenen eine Kerze aufzustellen. Ich hatte immer Angst davor, einmal die Gänge entlang zu laufen und das Licht vor seinem Zimmer vorzufinden, aber auch dieses Mal war dem zum Glück nicht so.
Routiniert betrat ich das Krankenzimmer, bereitete mich innerlich auf einen entweder total aufgeschlossenen und glücklichen Tae vor oder auf einen verwirrten, aggressiven, der rein gar nichts mehr wusste.
Doch zu meiner Verwunderung lag er einfach nur dort, auf den Rücken, die Arme links und recht neben seinen Hüften platziert. Seine eingefallene, kranke Statur ignorierte ich gekonnt und setzte mich wie immer neben ihn ans Bett. "Hey Tae..", hauchte ich leise und griff nach seiner Hand, um sie fest zu drücken.
Sie war warm, was mich beruhigt Seufzen ließ. Ich nahm auch seinen leisen aber schwachen Atemzug wahr. Ich schluckte leise, als er schwach die Augen öffnete und mir ein minimales und doch so sanftes Lächeln schenkte. "Tae..-", die Tränen stiegen mir nach oben. Das gefällt mir nicht.
Wie erwartet kam keine Antwort im Sinne von Worten sondern drückte er müde meine Hand. Es war nur ein sehr schwacher Händedruck, aber ich spürte es. Ich fühlte es genau. Er wollte mir etwas mitteilen, aber ich verstand nicht was er meinte.
Doch als er mir ein letztes wehrloses Lächeln schenkte und langsam seine Augen schloss, legte sich ein Schalter in mir um. "Tae! Nein! Bitte! Tu mir das nicht an! Tae!", schrie ich ihn verzweifelt an, drückte seine Hand so fest ich konnte. Heiße Tränen rollten meine Wangen hinab und tropften auf die Bettdecke.
Wirrloses Zeug plärrte ich. Versuchte vergebens eine Reaktion von ihm zu bekommen. Ich wollte doch nur, dass er mich wieder ansah, sein schönes Lächeln schenkte und mir mit einem liebevollen Kuss hauchte, wie sehr er mich liebte.
Wimmernd brach ich vor ihm zusammen, legte die Arme auf seinen Brustkorb und den Kopf auf diesen.
Kein Herzschlag.
Kein Herzschlag war mehr zu spüren. Nichts. "Tu mir das nicht an.. Ich flehe dich an, Tae.. komm zu mir zurück.." Meine Worte waren nicht mehr als ein unverständliches Winseln. Alles was ich tat, war ihn anzuflehen, die Augen wieder zu öffnen, aufzuwachen, mich nicht allein zu lassen.
Doch es war alles hoffnungslos. Er würde nicht mehr zurückkommen.
Nie mehr.
Ich wusste nicht wie lange ich auf ihn lag und still vor mich hinweinte. Aber irgendwann hob ich den Kopf an und sah in sein schlafendes Gesicht. Er wirkte so friedlich, als wenn er nur vor sich hin schlummerte und bald wieder aufwachen würde, um mich zu küssen und mich mit seiner guten Laune zu überschütten.
Wie gerne ich das nun erleben würde..
Zitternd griff ich nach seiner Hand und erschrak. Die Fingerspitzen waren bereits total kalt. Diese Tatsache treibte nur wieder heiße Tränen hoch, doch ich versuchte mich zusammenzureißen. Ich hatte schon genug für heute geweint..
Leider war dies leichter gesagt als getan, denn wenn ich nur daran dachte, dass ich meinen Tae an einem unheilbaren Krebs verloren hatte, der noch so jung war, erst Appa wurde und nun im Himmel über uns wachen wird, schluchzte ich auf. "Ach Tae.. So traurig ich bin, so sehr ich dich jetzt schon vermisse. Du bist nun befreit von Schmerzen. Du wolltest sterben. Du hattest schon lange vorher aufgegeben. Nun ist deine Erlösung gekommen und es ist okay.." Ich biss mir auf die Unterlippe.
Nichts war okay.
"E..es ist okay, dass du nun glücklich und unbeschwert weiterleben kannst.. B..bitte vergesse nicht, dass.. dass ich dich liebe und dich immer.. lieben werde..!" Mit diesen Worten streichelte ich durch seine noch so weichen Haare und küsste ihn ein letztes Mal, ehe ich den Raum verließ.
Vorher drehte ich mich noch einmal zu ihm um und zwang mich zu einem traurigen Lächeln. "Ich bin gleich wieder da, Schatz.. Ich gehe nur kurz frische Luft schnappen.."
Draußen war es frisch, da ein leichter Wind ging. Und trotzdem schien die Sonne mit ihrer vollen Stärke. Wie konnte an so einem schönen Tag, wo die Sonne doch mit ihrer vollen Kraft lächelte, so etwas trauriges passieren?
Tae..
Ich stand noch eine Weile einfach da, versuchte einen leeren Kopf zu bekommen und starrte in den Himmel, den Taehyung nun sein neues Zuhause nennen konnte. Ich lächelte kraftlos.
Du bist endlich angekommen, Tae..
Nachdem Durchatmen ging ich zurück und obwohl ich es wissen sollte, rechnete ich nicht damit, eine brennende Kerze vor seiner Zimmertür vorzufinden. Das war jetzt die brutale Realität.
Tae war tatsächlich gestorben..

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𝐈𝐍 𝐓𝐇𝐄 𝐄𝐍𝐃 • ᵗᵃᵉᵏᵒᵒᵏ
FanfictionEine schwierige Zeit bricht in dem Haus des Paars ein. Taehyung geht es über Wochen hinweg schlechter, verliert Appetit und Ausdauer. Er und sein Mann Jungkook gehen zum Arzt, um ihn untersuchen zu lassen und dann die Diagnose. Kim Taehyung leidet...