Kapitel 4

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Wir waren die ersten beim Frühstück. Nur langsam füllte sich die Halle, der erste Trubel entstand. Draco und ich saßen wie immer am unteren Ende des Tisches. Mal nebeneinander, mal gegenüber.
,,Wie läuft es mit Pansy?" hakte er neugierig nach und biss in seinen grünen Apfel. Ich schmunzelte, zupfte mir einige Weintrauben ab.
,,Ganz gut. Sie bereut ihr Verhalten, ich kann es ihr ansehen. Vielleicht werden wir ja doch noch Freundinnen, wer weiß" lächelte ich und aß meine Weintrauben zu Ende.
,,Freut mich zu hören. Hör mal, hast du heute nach dem Unterricht schon was vor? Vielleicht könnten wir etwas zusammen unternehmen?"
,,Nicht das ich wüsste. Heute steht bloß Kräuterkunde und Zaubertränke auf dem Plan." lächelte ich. ,,Bin dabei"
,,Gut, freut m-"
,,Draco?" unterbrach uns Pansy. Sie war so eben gekommen, stand nun vor Draco. ,,Kann ich dich kurz sprechen?"
Draco sah mich irritiert an, erinnerte sich jedoch an meine Worte. Ich nickte ihm behutsam zu. Er stand auf, ging einige Meter mit Pansy. Ich konnte die Beiden nicht hören, doch ich wusste was Pansys Anliegen war. Sie entschuldigte sich. Ich konnte es ihr ansehen. Es von ihren Lippen ablesen.

Ich hingegen blickte währenddessen ein wenig durch die Halle, blieb an einer Gruppe von Mitschülern stehen. Drei Rotschöpfe, ein Mädchen mit lockigem Haar, sowie der nur all zu bekannte Harry Potter. Sie saßen gemeinsam am Griffindor-Tisch. Einer der Zwillinge, ich konnte sie nicht auseinander halten, blickte zu mir, lächelte mir freundlich zu. Sie alle wirkten ziemlich freundlich und loyal. Zuvorkommend. Ich hielt nichts von der Rivalität zwischen den unterschiedlichen Häusern. Ich fand es eher erbärmlich. Entschied für mich, wen ich mochte und wen nun mal nicht. Schließlich erwiederte ich sein Lächeln, ehe Draco wieder vor mir Platz nahm.

,,Und? Hast du ihr verziehen?"
,,Ja." hauchte er. Er wirkte dennoch betrübt, ein wenig unsicher.
,,Das wird schon, Draco" lächelte ich und griff nach seiner Hand. Sie lag vor ihm auf dem Tisch. Das Gefühl seiner Hand, seiner kalten Ringe, stieß in mir ein Gefühl aus. Ein Gefühl wie Nervosität, nur viel intensiver. Er lächelte mir zu, umgriff meine Hand. Wir lächelten uns bloß an.  Ein Gefühl von Vertrauen. Von Freude. Von Geborgenheit. Ja, ein Gefühl aus all dem stieg in mir auf. Es war angenehm, neu und doch so vertraut. Es war ein Gefühlschaos. Die neue Umgebung, die Distanz zu meinem Bruder, die Nähe zu Draco. All das ließ mich nostalgisch werden. Ich war erst kurze Zeit von meinem Bruder getrennt, doch bereits jetzt hatte ich Heimweh. Er war mein großer Bruder. War immer für mich da gewesen. Und nun? Nun hatte er mich fort geschickt. Fortgeschickt unter einer Bedingung, welche ich befolgen musste. Welche ich ihm versprochen hatte. Ich durfte nicht zu Ihm. Nie wieder. Ich durfte seine Augen nicht sehen, würde mir sonst zu viele Gedanken machen. Würde es nicht verkraften. Seiner Meinung nach. Ich willigte schließlich ein. Nicht weil ich es wollte, sondern weil ich ihm seinen Wunsch nicht abschlagen konnte. Seinem wohl letzten Wunsch.

,,Jane? Ist alles in Ordnung?" unterbrach Draco meine Gedankengänge. Er griff nach meiner zweiten Hand, sah mich ein wenig zaghaft an.
,,Ja, tut mir leid. Alles in Or-"
,,Du blutest.." unterbrach mich Draco erneut. Er reichte mir eine Serviette, sah mich nun umso besorgter an. Das Blut tropfte auf meinen Teller. Auf meine weiße Bluse. Auf meinen Rock. Ich hatte Nasenbluten. Nichts ungewöhnliches bei mir. Ein Zeichen für eine baldige Veränderung. Eine negative Veränderung.

,,Verdammt..." hauchte ich und hielt mir die Serviette an meine Nase. ,,Ich gehe kurz ins Bad, ich komme gleich wieder" lächelte ich verlegen. Eilig stand ich auf, rannte in mein Zimmer, schloss die Tür ab. Ich ging eilig ins Badezimmer, sah mich an. Es war noch keine Veränderung erkennbar. Noch nicht. Ich hatte Glück gehabt. Ich wusste, dass ich Draco mein Geheimnis nicht für immer verheimlichen konnte. Und auch nicht wollte. Doch zumindest so lang, bis keine Veränderung erkennbar war. Erfahrungen nach zu urteilen hatte ich noch drei bis fünf Wochen Zeit, bis ich es ihm sagen musste. Ich würde nicht lügen. Ich log nie und würde dies auch beibehalten. Ich hatte es mir geschworen.

Ich wusch mein Gesicht, stoppte die Blutung. Ich zog mich um. Meine Bluse und mein Rock waren voller Blutstropfen, nicht gerade ansehnlich. Schließlich ging ich wieder zurück zu Draco, setzte mich neben ihn.
,,Jane, ist alles-"
,,Wir müssen zum Unterricht oder?" unterbrach ich Draco und deutete auf die Uhr. ,,Ich will doch nicht an meinem ersten Schultag zu spät kommen, hm?" grinste ich und zog ihn mit mir. Er wirkte irritiert, verstand jedoch, dass ich auswich. Nicht antworten wollte. Er ließ es gut sein, hakte nicht weiter nach. Gemeinsam verbrachten wir so die nächsten Unterrichtsstunden. Den restlichen Tag. Und auch den Abend. In nur zwei Tagen wurden wir unzertrennlich. Ungewohnt, doch so war es. Wir brauchten uns mehr, als wir zugeben würden. Einsamkeit begleitete uns bereits zu lang. Es war Zeit die Einsamkeit durch Zweisamkeit zu ersetzten. Durch Freude, durch Zufriedenheit, durch Geborgenheit.

So vergingen auch die nächsten zwei Wochen. Zwei Wochen in Hogwarts. Zwei Wochen in meinem neuen Zuhause. Zwei Wochen mit Draco. Es war Abend, wir saßen draußen. Im Vorhof, unter dem großen Baum. Die Sonne ging langsam unter, das Wetter wurde herbstlicher. Kühler.
,,Und? Wie waren deine ersten zwei Wochen? Hier in Hogwarts?" hakte Draco nach und schubste mich leicht mit seiner Schulter zur Seite.
,,Perfekt. Ich hätte es mir nicht besser vorstellen können." grinste ich. ,,Die Professoren sind nett, das Essen gut, der Unterricht spannend. Besser als in meiner Vorstellung"
,,Freut mich zu hören. Endlich habe ich wieder eine Sitznachbarin..." hauchte er grinsend und sah zu Boden. Er trat ein paar Steine weg, wirkte nur Sekunden später nachdenklich.
,,Die wissen gar nicht was sie alles verpassen." murmelte ich aufmunternd. ,,Da habe ich das große Glück gezogen!"
,,Ach ja? Der komische blonde Typ der nie lacht? Ich hätte mich auch nicht zu mir gesetzt, wenn ich mich so sehen würde. Ich-"
,,Wieso sagst du sowas?" ich stupste ihn wütend an. ,,Sei nicht so streng mit dir. Wieso machst du dich so schlecht Draco?" ich stand auf, hockte mich zu ihm hinunter. So, dass er mich gezwungenermaßen angucken musste. ,,Du bist die loyalste, selbstloseste und treuste Seele, welche ich kenne. Du bist charmant, klug und witzig. Ja, du bist witzig. Du lachst wieder, zeigst wer du wirklich bist. Kein Ignorant, kein selbstverliebtes Arschloch. Du bist du. Du-"
,,Ich lächel nur wegen dir, Jane." unterbrach er mich leise. Er nahm seinen Blick vom Boden, sah mir direkt in die Augen. ,,Du bist der Grund warum ich wieder lächeln kann. Es klingt verrückt, wir kennen uns erst seit zwei Wochen und doch weißt du mehr über mich als ich selbst." er schüttelte ironisch-lachend seinen Kopf, stand auf. ,,Ich brauche dich mehr als du denkst, denn du zeigst mir wie ich wirklich bin, Jane. Wie ich sein kann. Wie ich sein will. Dass ich stark bin, meinen eigenen Willen habe. Du findest einfach immer die richtigen Worte, so wie noch nie Jemand zuvor."
Ich stand nun auch wieder auf, ging zu ihm, berührte sanft seinen Oberarm.
,,Draco..." hauchte ich und nahm ihn in den Arm. Lange, feste. Er sollte spüren, dass ich da war. Dass es das richtige gewesen war, mir von seinem Gefühlschaos zu erzählen. Dass es kein Zeichen von Schwäche, sondern von Stärke war. Einfach, dass ich da war.

 Dass ich genauso empfand...

Es fing an zu regnen. Die Sonne war beinah unten, die Blätter der Eiche fielen auf uns hinab, blieben in meinem Haar hängen, auf seinem langen grünen Schal liegen. Doch wir standen noch immer da. Einfach so. Spürten den kalten Regen auf unserem Gesicht. Auf unserem Haar. Wir waren allein. Keine Seele weit und breit. Nur er und ich.
,,Draco, ich brauche dich ebenso wie du mich. Du bist mir wichtig. Verdammt wichtig." hauchte ich und nahm seine Hand. ,,Komm; tanz mit mir" grinste ich und zog ihn mittig in den Vorhof. So, dass der Regen nun vollständig auf uns hinab prasseln konnte. ,,Vertrau mir, tanzen macht immer glücklich" Er lachte ein wenig irritiert, willigte schließlich ein. Er drehte mich um meine eigene Achse, ließ mich zurück in seine Arme fallen. Ich schmiegte mich an ihn, lächelte, fühlte mich unglaublich frei. Sicher. Glücklich. Langsam, Arm in Arm, schaukelten wir nun hin und her. Mein Kopf an seine Brust gelehnt, meine Hand in seine gelegt.
,,Noch nie habe ich so etwas gefühlt..." flüsterte er.
,,Was fühlst du..?" entgegnete ich leise mit geschlossenen Augen.
,,Dieses Gefühl. Zu einer Person....Zu dir, Jane.."

Ich löste mein Gesicht von seiner Brust, sah zu ihm hoch. Sein Haar war bereits völlig durchnässt, lag kreuz und quer über seiner Stirn. Sein Blick? Unfassbar aussagekräftig in meinen Augen versunken.
,,Ich auch nicht ..." hauchte ich ebenso verlegen. Mein Herz schlug schneller. Viel zu schnell. Ich konnte das Klopfen bereits in meinem Hals spüren. Meine Gänsehaut spüren. Mein Zittern spüren. Mein Verlangen spüren. 

Meinen Fehler spüren.

till death do us part - Draco MalfoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt