Kapitel 40

556 40 27
                                    

,,Das darf nicht wahr sein!" knurrte Draco lautstark und warf einen Stapel Bücher um. Er schlug die Haustür auf; stürmte hinaus.
,,Bitte entschuldigen, Sie." sprach ich verlegen und hob die Bücher wieder auf.
,,Es ist immer schwerer zu ertragen für die, die einen Menschen verlieren werden. Der Mensch der stirbt; geht meist besser damit um." entgegnete der alte Mann wenig beeindruckt. ,,Es war wohl schlimmer für meine Frau und mich, als für unsere Kinder; denn noch am Tage ihres Todes trugen sie ein Lächeln."
,,Das tut mir sehr leid, Sir." flüsterte ich leise und nahm wieder Platz. Ich sah aus dem kleinen ovalen Fenster hinaus zu Draco; er war wütend und enttäuscht; ging hin und her. Seine Emotionen und Gefühle überwältigtend ihn.
,,Nun; habt ihr jetzt mehr Gewissheit?" fragte er ironisch. ,,Ich habe euch gesagt, dass Wissen nicht immer der Schlüssel ist."

,,Erzählen Sie mir von den Zwillingen; erkranken immer beide? Oder kann auch nur einer erkranken? Bis heute wusste ich nichts davon, dass ich einen Zwilling habe. Ich weiß auch nicht, ob ich es wirklich glauben soll."
,,Ein Kreuz." sprach er mürrisch und zusammenhanglos.
,,Entschuldigung?"
,,Zwillingskinder die an Drachensegen erkrankt sind tragen ein Feuermal auf ihrer Haut. Es hat immer die Form eines Kreuzes. Bei manchen groß, bei anderen klein. Ich kenne erst ein Zwillingspaar, wo nur ein Kind erkrankt ist; sein Zwillingsbruder hingegen ist bis heute kerngesund. Auch, wenn er ein Kreuz trägt."
,,Ein Kreuz?" wisperte ich leise und griff an meinen Nacken. Es musste stimmen; seine Worte, er muss die Wahrheit gesagt haben. Ich musste einen Zwilling haben; denn ich trug ein Feuermal auf meiner Haut. Klein, an meinem Nacken. Es war ein Kreuz.

,,Ich kann Ihnen nicht sagen, warum ihre Familie Sie belogen hat." fuhr er fort und kramte in einigen Büchern herum.
,,Ich weiß es auch nicht." flüsterte ich leise; beinah schon enttäuscht.
,,Vielleicht sollten Sie so einiges hinterfragen, Kind." sprach er und sah aus dem Fenster. ,,Ihr Partner sollte sich von meinen Wassertulpen fernhalten."
,,Entschuldigung." antwortete ich verlegen. ,,Entschuldigen Sie mich bitte einen Moment."
Ich stand auf; verließ sein Haus.
,,Draco!" rief ich ihm zu und zog ihn zu mir. ,,Du trampeltst auf seinen dämlichen Wassertulpen herum-"
,,-lass uns gehen." unterbrach er mich aufgebracht. ,,Der Mann ist verrückt. Er erzählt Schwachsinn."

,,Nein." flüsterte ich leise. ,,Das denke ich nicht, Draco."
Mit großen Augen sah er mich an.
,,Warum? Was hat er erzählt?"
,,Zwillinge die mit Drachensegen geboren werden tragen ein Feuermal auf ihrer Haut; in Form eines Kreuzes-"
,,-wie das auf deinem Nacken." fiel er mir leise ins Wort.
,,Draco, er kennt mich nicht. Mein Haar ist offen; mein Schal verhüllt meinen Hals und meinen Nacken. Er konnte es nicht wissen; ich denke, ja; ich denke, dass er wirklich die Wahrheit sagt."

,,Wir haben keine Beweise-"
,,-die brauchen wir nicht." unterbrach ich ihn nun. ,,Es ist so ein Gefühl, Draco. Er hat außerdem gesagt; dass nicht immer beide Zwillinge erkranken." lächelte ich schwach.
,,Was?"
,,Ja; es besteht also die Möglichkeit, dass es meinem Zwilling gut geht." lächelte ich. ,,Ich habe vielleicht noch eine gesunde Schwester oder einen Bruder, Draco."
,,Und wenn er oder sie bereits tot ist? Oder zumindest erkrankt ist?"
,,Dann kann ich wenigstens Antworten liefern; mein Zwilling müsste die selben Augen tragen wie ich, wenn er erkrankt ist. Wenn nicht; dann habe ich Hoffnung, dass nur ich krank bin."
,,"Nur" du?" wiederholte Draco meine Worte ironisch. ,,Als wäre dein Leben nichts wert."
,,Draco, du weißt, dass ich das so nicht gemeint habe." Ich griff nach seiner Hand; sah ihm hoffnungsvoll in seine Augen. ,,Bitte; bitte lass uns wieder hinein gehen. Er mag verrückt sein, doch er ist kein Lügner, Draco."
,,Ich mache es dir zur Liebe, Jane. Nur dir zur Liebe." antwortete er schließlich, als er mir wieder in das kleine Haus folgte.

,,Sir?" flüsterte ich und sah mich um. ,,Mister Twist?"
Wir sahen uns weiter um; die Teekanne stand noch auf dem Feuer, doch von ihm war keine Spur.
,,Ist er weg?" fragte ich Draco und sah die Stufen hinauf. ,,Mister Twist?"
,,Jane; sieh hier." antwortete Draco und griff nach einem Stapel alter Papiere; zugebunden mit alten Ästen und Wurzeln. ,,Er hat dir eine Nachricht dagelassen."
Ich ging wieder zu dem alten kaputten Tisch; nahm den kleinen Zettel zwischen meine Hände.
,,Lesen Sie. Viel. Nur Lesen wird Ihnen den Schlüssel bringen." las ich irritiert vor.
,,Ich habe dir gesagt, dass der Alte verrückt ist." entgegnete Draco und nahm den großen Stapel Blätter an sich. ,,Komm, lass uns gehen." Er öffnete bereits die Tür; ging die kleinen Stufen aus Stein hinaus.

Ich hingegen sah mich noch ein wenig um; verstand seine plötzliche Flucht nicht.
,,Vielleicht hast du ja recht." murmelte ich und ging zur kleinen Tür; als ich über eine Box, geschnürt aus großen Bananenblättern, stolperte.
,,Jane? Komm bitte." rief Draco ungeduldig. Ich hockte mich hin; strich den Staub von der Schachtel.
,,Potenzielles Heilmittel." las ich leise vor, als ich die hangeschriebenen Zeilen auf den Blättern entziffern konnte. Ich schlug meine Augen auf; erschrak. ,,Heilmittel?" flüsterte ich erneut, als ich die kleine Box in meinem Mantel verschwinden ließ. Ich verließ das Haus; ging zu Draco.
,,Komm, lass uns nach Hause gehen."

Es hatte erneut Stunden gedauert, bis wir wieder in Hogwarts angekommen waren. Es war spät geworden; das Abendessen hatten wir verpasst.
,,Da seid ihr ja wieder!" rief Pansy erleichtert, als sie mir in meine Arme sprang; mich zu Boden riss. ,,Geht es euch gut?"
,,Ja." lachte ich überfordert. ,,Uns geht es gut; keine Sorge."
,,Wart ihr erfolgreich?" fragte nun Blaise, als er seine Freundin von mir herunter zog.
,,Da haben wir unterschiedliche Meinungen." antwortete Draco und warf den großen Stapel von Pergamenten mittig auf den Tisch im Gemeinschaftsraum. ,,Er ist verrückt; ein Spinner."
,,Draco; hör auf." ermahnte ich ihn leise. ,,Ich glaube ihm."

,,Ich bin mir da nicht so sicher." knurrte Draco.
,,Wie auch immer; wir haben auf jeden Fall große Neuigkeiten." grinste ich nervös.
,,Neuigkeiten?"
,,Ich bin ein Zwilling; ich habe eine Zwillingschwester oder einen Zwillingsbruder." freute ich mich, als ich in die fassungslosen Gesichter meiner Freunde blickte.
,,Was? Aber wie-"
,,-wenn wir ihm trauen können, Jane." unterbrach Draco Pansys Frage pessimistisch. ,,Vielleicht redet er bloß Schwachsinn."
,,Warum sollte er, Draco?" entgegnete ich ein wenig verärgert. ,,Er hat von dem Feuermal erzählt; das selbe, dass ich auf meiner Haut trage! Er konnte es nicht wissen; er hat damit den Beweis geliefert. Er hat die selben Symptome genannt, dich ich hatte, als sich meine Augen verfärbt hatten. Ich glaube ihm."

Draco verdrehte genervt seine Augen; lehnte sich an der Wand an.
,,Draco; seit wann bist du so hoffnungslos eingestellt?" fragte Pansy irritiert. ,,Das sind doch wunderbare Nachrichten."
Draco antwortete nicht; doch ich gab Pansy die Antwort.
,,Der alte Mann hat uns erzählt, dass seine Kinder, auch Zwillinge, zeitgleich die unterschiedlichen Stadien der Augenfarben erreicht haben. Jedoch ist seine Tochter nach 6 Monaten verstorben; sein Sohn hingegen bereits nach 3 Wochen."
,,Oh." flüsterte Pansy leise. ,,Das klingt furchtbar."
,,Somit stehen wir wieder am Anfang." ärgerte sich Draco. ,,Wir haben keine Antworten auf unsere Fragen bekommen; es war alles umsonst."
Er schlug voller Wut und Enttäuschung gegen das Bücherregal; ging die Treppen hinauf in sein Zimmer.
,,Blaise?" flüsterte ich. ,,Kannst du bitte nach ihm sehen?"
,,Selbstverständlich; er wird sich wieder beruhigen, Jane." zwinkerte er, als er ihm hinterher ging.

,,Draco nimmt das ziemlich mit, hm?" wisperte Pansy leise.
,,Ja; es ist die Hoffnung. Falsche Hoffnung ist tödlich, Pansy. Ich verstehe ihn; doch anders als er, glaube ich dem alten Kauz. Schau her-" ich zog den rießigen Stapel Pergamente hervor. ,,-das alles hat er uns mitgegeben. Vielleicht wollte er nicht darüber reden; doch er hat uns nicht im Stich gelassen. Vielleicht finden wir hier Antworten."
,,Na dann-" grinste sie und zog bereits die ersten Papiere hervor. ,,-machen wir uns an die Arbeit."
,,Pansy; das musst-
,,-ich weiß, dass ich es nicht muss; doch ich möchte." unterbrach sie mich mit einem selbstsicheren Lächeln.

,,Danke." lächelte ich und umgriff ihre Hand. ,,Ich muss dir noch etwas sagen."
,,Ja?"
,,Draco weiß es nicht, doch-" ich zog die kleine Box aus meinem Mantel hervor. ,,-das hier habe ich heimlich mitgenommen."
,,Du hast etwas gestohlen?" entgegnete sie fassungslos.
,,Nicht so laut!" zischte ich. ,,Ich will nicht, dass Draco davon weiß."
,,Warum nicht?"
Ich schob ihr die kleine Box hin. ,,Lies."
,,Heilmittel?" flüsterte sie vollkommen entsetzt.

,,Ich habe es im Haus gefunden; ich weiß nicht was drin ist, doch ich möchte nicht, dass Draco davon weiß. Wenn nur Staub drin ist; dann weiß ich nicht wie er reagieren würde." flüsterte ich traurig.
,,Ich verstehe." antwortete Pansy verständnisvoll.
,,Ich möchte es noch nicht öffnen; ich möchte erst all diese Dokumente durchlesen. In der Hoffnung, dass ich etwas nützliches finden werde. Über die Erkrankung, über ein Heilmittel; über einen möglichen Zwilling." lächelte ich hoffnungsvoll.

,,Du hast vielleicht noch eine Schwester oder einen Bruder." staunte Pansy. ,,Das ist verrückt."
,,Ja." grinste ich. ,,Und wenn es stimmt, dann kann es möglich sein, dass mein Zwilling gesund ist, Pansy." wimmerte ich ein wenig emotional.
,,Was? Das ist möglich?"
,,Ja. Nicht immer tragen beide Zwillinge die Krankheit in sich. Vielleicht finde ich bald meinen Zwilling und kann ihm alles von mir erzählen. Vielleicht habe ich noch Familie da draußen, Pansy."
,,Ich würde mich sehr für dich freuen." lächelte sie und umgriff meine Hand fest. ,,Ein gesunder Zwilling. Ich hoffe es sehr."

till death do us part - Draco MalfoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt