Kapitel 39

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Der alte Mann verstummte; sah verärgert zu Draco.
,,Ziemlich unfreundlich, du Bengel." motzte er wütend.
,,Draco!" ermahnte ich ihn. ,,Nun benimm dich."
,,Entschuldigen Sie, Sir. Es ist bloß-
,,-Angst." unterbrach er Draco bereits und goss uns unfreiwillig eine erneute Tasse des Basilikumtees ein. ,,Ja; die selben Worte wie die meiner Frau."
,,Ihr Frau? Wo ist sie?" fragte ich leise. ,,Entschuldigen Sie meine Neugierde. Wir-"
,,-sie ist tot." unterbrach er mich erneut.
,,Das tut mir leid."
,,Muss es nicht; es war ihre eigene Entscheidung." sprach er kalt und reichte uns selbst gebackene Weidenkekse. Draco wollte ablehnen; doch nach meinem ernsten Blick ihm gegenüber nahm er sie an; ließ mich reden.

,,Ihre Frau hat sich selbst ihr Leben genommen?" fragte ich behutsam. ,,War sie auch krank?"
,,Es ist eine lange Geschichte, Kind." sprach er ein wenig in Gedanken versunken.
,,Sir-" brachte sich nun Draco wieder ein. ,,-es tut mir leid, wenn wir Sie hier aufwühlen. Doch meine Freundin ist krank; sterbenskrank. Wir sind nicht wie die anderen Zauberer und Hexen; wir glauben Ihnen. Bitte; erzählen Sie uns von ihrer Frau und ihren Kindern. Ich flehe Sie an."
Der alte Mann zögerte, doch tatsächlich hatte es Draco geschafft ihn überreden zu können.

,,Unsere Kinder, Joseph und Elsa, sie wurden beide mit Drachensegen geboren." fuhr er fort. ,,Doch erst an ihrem 13. Geburtstag wurde diese Krankheit diagnostiziert. Diese Krankheit war vorher noch nie in unserer Familiengeschichte aufgetreten; so waren wir verwundert, dass außgerechnet unsere Kinder diese normalerweise vererbbare Krankheit in sich trugen."
,,Es, es ist also möglich an dieser Krankheit zu erkranken ohne, dass sie vererbt wird?" fragte ich fassungslos.
,,Ja." antwortete er ernst. ,,Doch nur unter einer Bedingung."
,,Was für eine Bedingung?"
,,Familien die seit Jahrzehnten, vielleicht sogar seit Jahrhunderten diese Krankheit in ihrer Familiengeschichte tragen, werden sie weiter vererben. An jedes weitere Kind. Anders bei Familien ohne Drachensegen-Erbmaterial; hier können nur Zwillinge an dieser Krankheit erkranken."
,,Wieso weiß Niemand davon? Ärzte; Krankenhäuser?" flüsterte Draco nachdenklich.
,,Weil erst die Erkrankung meiner beider Kinder mir den Beweis geliefert hat. Es gibt in der ganzen Zauberwelt keine Hexe oder Zauberer der ohne dieses Erbmaterial an dieser Krankheit gelitten hat. Es waren immer nur Zwillinge. Es gibt erst sechs Zwillingspaare, die ohne Vererbung an dieser tödlichen Krankheit erkrankt und gestorben sind; zumindest meines Wissens nach. Doch nun-" er stand auf, kam auf mich zu. Nah und unfassbar ernst sah er mir in meine Augen. ,,-scheint es, als gäbe es ein achtes Zwillingspaar."

,,Was? Entschuldigen Sie; aber ich bin kein Zwilling." antwortete ich ein wenig erschrocken. ,,Meine Mutter und mein älterer Bruder starben an dieser Krankheit; sie wurde mir bloß weiter vererbt. Sie trugen das Erbmaterial in sich; wie Sie es gesagt haben, Sir."
,,Du irrst dich, Kind." sprach er konzentriert. ,,Auch du bist ein Zwilling."
,,Wieso sind Sie sich da so sicher?" unterbrach Draco irritiert.
,,Deine Augen." antwortete der alte kauzige Mann. ,,Du hast die ersten Stadien bereits überlebt; du hättes bereits tot sein sollen. Doch du bist es nicht. Es ist, weil du ein Zwilling bist. Ein Zwilling der mit Drachensegen geboren wurde."

,,Ich verstehe nicht; das kann nicht sein. Ich habe keinen Zwilling, Sie müssen sich irren." antwortete ich ernst.
,,Vielleicht weißt du bloß nichts von einem Zwilling; doch du hast oder hattest einen Zwilling."
,,Wieso sind Sie sich da so verdammt sicher, Sir?" fragte Draco. ,,Die Krankheit wurde bei ihr vererbt."
,,Ihre Augen." antwortete er. ,,Wie die meiner Tochter und meines Sohnes. Auch sie waren Zwillinge gewesen; einer schöner als der andere." sagte er ein wenig nachdenklich; traurig und verletzt. ,,Es hieß, Braun wäre die letzte Stufe des Drachensegens. Nachdem sich auch das zweite Auge braun verfärbt haben soll, sollte es schnell zu Ende gehen. Die Kraft würde verloren gehen; sie würden aufhören zu essen. Müdigkeit und Schwäche würden den Alltag bestimmen."
,,Ja." flüsterte ich. ,,So war es bei mir auch."
,,Es war ein kalter Apriltag; da lagen unsere Kinder im Sterben. Wir waren bereit gewesen sie gehen zu lassen. Nach Jahrem voller Schmerz." fuhr er fort.
,,Was ist dann passiert?" fragte ich immer nervöser.
,,Sie wurden ohnmächtig; wir hatten geglaubt, dass sie bereits gehen würden."
,,Wie bei dir, Jane." wisperte Draco. ,,Auch du bist ohnmächtig geworden. Bevor sich deine Augen erneut verfärbt haben. Was ist dann geschehen, Sir?"
,,Sie sind zwei Tage später aus ihrer Ohnmacht aufgewacht; mit einer neuen Augenfarbe."
,,Hellrosa?" fragte ich ängstlich.
,,Hellrosa."

,,Ihre Kinder." fuhr Draco fort. ,,Wie alt sind sie heute?"
,,Sie wären heute Erwachsene; vermutlich hätte ich bereits Enkel."
,,Sie sind also gestorben." sprach Draco angespannt und ballte seine Hand zu einer Faust.
,,Ja. Vor sehr langer Zeit bereits." antwortete der alte Mann ungewohnt zurückhaltend.
,,Was ist mit ihrer Frau?" fragte ich neugierig.
,,Sie hat den Schmerz und die Trauer nicht ausgehalten. Sie ist ein Jahr nach ihnen gestorben. Ich habe sie gefunden; sie hielt ein Foto unserer Zwillinge in ihren Händen."

Ich schluckte, sah zu Draco. Er sah wütend aus dem Fenster; wütend, da er Hoffnung gehabt hatte. Ich stand auf und ging zu dem Mann. Ich hockte mich zu ihm und nahm seine Hand zwischen meine.
,,Es tut mir schrecklich leid, dass Sie so etwas durchleben mussten." flüsterte ich mitfühlend.
,,Schon in Ordnung; es ist lange her."
,,Das Heilmittel." sprach Draco ernst. ,,In den Büchern die wir gefunden haben hieß es, dass Sie auf der Suche nach einem Heilmittel waren."
,,Das ist richtig."
,,Was ist passiert?" hakte er erneut nach.
,,Sie hielten mich für verrückt; nicht in der Lage als Professor weiterarbeiten zu können. Ein solcher Verlust schien Ihnen genug Möglichkeiten geboten zu haben, um mich zu entlassen." antwortete der alte Mann verärgert. ,,Ich habe auch Jahre danach weiter geforscht. Bücher über diese Krankheit veröffentlicht; Zeitungsartikel. Doch beinah alle wurden zerstört."
,,Deshalb finden wir kaum Informationen; oder es fehlen Seiten in den Büchern." wisperte ich nachdenklich. ,,Niemand hat Ihnen geglaubt."
,,Niemand. Also warum solltet ihr es tun?" entgegnete er wütend.
,,Weil wir Ihre Hilfe brauchen." antwortete Draco ernst. ,,Haben Sie mittlerweile ein Heilmittel entwickeln können?"

,,Nein. Mir fehlt es an Erkrankten; besonders an Zwillingen."
,,Was ist mit mir?" fragte ich mit großen Augen. ,,Sie haben gesagt, dass ich ein Zwilling bin. Vielleicht-"
,,-auf gar keinen Fall, Jane!" unterbrach mich Draco lautstark. ,,Es gibt kein Heilmittel, wir müssen es akzeptieren. Ich lasse sicher nicht zu, dass irgendwelche Experimente mit dir gemacht werden!"
Ich ignorierte Draco, drehte mich wieder zu dem alten Mann.
,,Denken Sie, dass Sie es schaffen würden mit meiner Hilfe ein Heilmittel herstellen zu können?" fragte ich nervös.
,,Mag sein." antwortete der alte Kauz. ,,Doch das spielt keine Rolle."
,,Warum nicht? Ich-"
,,Du bist im dritten Stadium; viel Zeit bleibt da nicht mehr." antwortete er kalt und stand auf. ,,Der Tee ist leer; ihr solltet gehen."

Ich war wie versteinert; in meinen Augen sammelten sich Tränen. Erneut war es die Hoffnung gewesen, die mir die wohl schlimmsten Schmerzen zugefügt hatte.
,,Hey!" schrie Draco wütend. ,,Wir sind extra den langen Weg hierher gekommen um Antworten zu bekommen!"
,,Ich habe keine Antworten, Junge." sprach der Mann genervt. Er verräumte das Geschirr; schmiss Holz in den brennenden Kamin. ,,Selbst wenn ich welche hätte; sie würden euch nichts außer Wut und Kummer bringen."
,,Sie irren sich." antwortete ich leise und stand wieder auf. Ich wischte mir meine einzelne Träne weg und sah ihn an. ,,Wenn Sie etwas wissen, dann sagen Sie es uns. Das ich sterben werde weiß ich; doch nicht wie. Oder wann. Das ist alles was ich wissen möchte."
Draco sah mich fassungslos an.

,,Was erwartest du, Kind? Das ich dir von meiner Lebensgeschichte erzähle? Pah!" knurrte er wütend.
,,Nein." erwiderte ich. ,,Ich möchte bloß Antworten, Sir. Sie haben ihre Kinder sterben sehen. Sie haben die ganze Krankheit miterlebt. Ich konnte es nicht. Nicht bei meiner Mutter und auch nicht bei meinem Bruder. Und nun, nun sagen Sie, dass es weitere Stadien dieser Erkrankung gibt. Diese jedoch nur bei Zwillingen auftaucht!" wimmerte ich, als mir die Tränen meine Wangen hinunter liefen. ,,Es ist wirklich verwirrend, da ich nicht geahnt habe, dass ich möglicherweise einen Zwillinge hatte; oder habe. Doch sie wissen mehr, als jeder andere."

,,Was willst du wirklich?" fragte er erneut.
,,Ich möchte, dass Sie mir alles sagen was Sie wissen. Wie viele Stadien es noch gibt; auf was ich mich vorbereiten muss. Wie lange ihren Kindern noch blieb; von den hellrosanen Augen bis zu ihrem Tod. Ich möchte bloß Gewissheit, Sir."
Der Mann verstummte, sah zu Draco. Wieder zu mir.
,,Du willst also, dass ich dir sage wann du stirbst? Was auf dich zukommt? Welche Augenfarbe du tragen wirst, wenn dein Herz aufhören wird zu schlagen?"
,,Ja." wisperte ich mit zittriger Unterlippe. ,,Ich möchte für meine Freunde und mich Gewissheit. Ich-"
,,6 Monate." unterbrach er mich, als er bereits wieder Platz nahm. Draco und mir erneut Tee einschüttete. ,,Zwischen Hellrosa und ihrem Tod lagen noch 6 Monate. Bei meiner Tochter. Bei meinem Sohn waren es nur 3 Wochen."

till death do us part - Draco MalfoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt