Kapitel 36

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Mit einem Mal; mit einem tiefen Atemzug riss ich meine Augen auf.
,,Jane!" rief Draco erleichtert, als er mich fest an seinen Körper presste. Mich so umarmte, als würde er mich nie wieder loslassen wollen. Als könnte er mich nie wieder loslassen.
,,Draco-" stammelte ich außer Atem, als ich mich panisch umsah. Ich lag im Krankenflügel; draußen dimmerte es bereits. Ich trug ein weißes Nachthemd; mir war furchtbar kalt. Meine Arme waren von blauen Flecken übersehen; meine Augen brannten wie Feuer.
,,Du bist wieder hier; bu bist wieder bei mir." flüsterte Draco immer wieder. ,,Du-"
,,Ich habe alles gehört." unterbrach ich ihn hektisch. ,,Alles."
,,Was?" entgegnete er und ließ mich langsam wieder los.
,,Ich habe alles gehört, Draco." wiederholte ich meine Worte. ,,Als du bei Astoria warst."
,,Du bist da gewesen?"
,,Ja." antwortete ich leise und griff mir schmerzerfüllt an meinen Kopf. ,,Ich wollte euch nicht belauschen; ich, ich habe nicht gewusst, dass ihr da wart. Ich-"
,,Ich bin so froh, Jane." unterbrach er mich und ungriff mein Gesicht. Seine kalten Hände lagen an meinen heißen Wangen; seine kalten Ringe hinterließen ihre Abdrücke. ,,Es tut mir so leid, Darling. Ich hätte mir nie verziehen, wenn du nicht wieder aufgewacht wärst. Du hattest mit allem so recht."
,,Draco-" lächelte ich erleichtert und einfach nur glücklich. ,,-es ist alles in Ordnung. Mir geht es gut. Ich bin wach."
,,Astoria wird sich von uns fernhalten, hörst du?" entgegnete er und zog die Decke weiter über mich. ,,Ist dir kalt? Hast du Schmerzen?"
,,Mir geht es gut; bloß ein wenig kalt." lächelte ich. ,,Meine Augen; sie schmerzen besonders. Es ist, als würden sie brennen, Draco."

,,Jane; es hat einen Grund warum deine Augen so schmerzen-" begann er fürsorglich. ,,-sie haben die Farbe geändert. Erneut; und das zeitgleich."
,,Was?" fragte ich geschockt. ,,Das ist nicht möglich."
,,Sie sind nicht mehr braun." fuhr er fort und griff nach einem kleinen Handspiegel.
,,A-aber braun ist das letzte Stadium, Draco." stotterte ich. ,,Es gibt keine weiteren Farben; es hätte mit braun enden müssen!"
,,Es scheint, als gäbe es tatsächlich weitere Stadien." sprach Draco ein wenig besorgt, als er mir den Spiegel reichte. Nervös nahm ich ihn an; hielt ihn mir vor mein Gesicht.
,,Aber wie?" wimmerte ich, als ich meine Augen das erste Mal in dem kleinen Spiegel erblickte. ,,Sie, sie sind-"
,,Wunderschön." unterbrach mich Draco und griff nach meiner Hand.
,,Sie sind hellrosa." flüsterte ich vollkommen schockiert. ,,Beide; sie haben sich zeitgleich verfärbt. In eine Farbe von der wir alle nichts wussten. Was hat das zu bedeuten, Draco?"

,,Vielleicht ist das ein gutes Zeichen, Darling." antwortete Draco nachdenklich. ,,Vielleicht gibt es wesentlich mehr Stadien, als wie angenommen hatten. Vielleicht wurde deine Lebenserwartung falsch berechnet."
,,Draco-" wisperte ich und umgriff seine Hand. ,,-Hoffnung zu haben ist gefährlich. Wir sollten abwarten. Es kann nicht stimmen; das kann einfach nicht wahr sein." sprach ich weiter und sah erneut in den kleinen Spiegel.
,,Meine Hoffnung wird niemals sterben, Jane." lächelte er. ,,Dir geht es besser; deine Augen haben sich erneut verfärbt. Es gibt ein neues Stadium; wenn dies kein Zeichen ist, Darling."

Tatsächlich hatte Draco recht behalten. In einer Hinsicht; es gab mehr Stadien als wir alle angenommen hatten. Mehr Farben, mehr Merkmale; mehr Hoffnung?
Madame Pomfrey und ein hinzugezogener Arzt aus dem St. Mungo-Hospital hatten mich den ganzen restlichen Tag untersucht. Keiner konnte sich dieses neue Stadium erklären; laut den Ärzten hätte ich bereits tot sein müssen. Sie wollten weiterforschen und abwarten; anders als Draco.
,,Hier; schau." flüsterte Draco konzentriert, als er mir ein Buch rüber schob. Er hatte es in den tiefen der Bibliothek gefunden. Seit über 80 Jahren war es nicht mehr ausgeliehen worden.

Wir lagen mittlerweile gemeinsam in seinem Bett; er sorgte sich fürsorglich um mich. Er hatte mir etwas vom Abendessen gebracht; er hatte mir ein Bad eingelassen. Ich würde die Nacht bei ihm bleiben; ich wollte nie wieder wo anders sein.
,,-ein Fall aus dem Jahre 1876. Eine Frau, 24 Jahre, erkrankt an Drachensegen. Bei ihrem Tod im Jahre 1876 waren ihre Augen lavendel-farbend gewesen."
,,Lavendel?" entgegnete ich irritiert und nahm einen großen Schluck von dem heißen Apfel-Blüten-Tee. ,,Aber meine Augen sind nicht lavendel; sie sind rosa. Hellrosa."
,,Das bedeutete, dass es mindestens noch ein weiteres Stadium gibt." sprach er konzentriert. ,,Wie konnte ich dieses Buch bloß übersehen?"
,,Vielleicht ist es eine Lüge, Draco." entgegnete ich ein wenig pessimistisch. ,,Keiner der Ärzte wusste davon."
,,Nein; es ist geschehen, Darling. Es entspricht der Wahrheit."
,,Aber warum hatten mein Bruder und meine Mutter dunkelbraune Augen, als sie starben? So wie die meisten Menschen, die an Drachensegen erkranken." fragte ich nostalgisch. Traurig und tiefsinnig.
,,Es muss Einflussfaktoren geben-" antwortete er konzentriert. ,,-irgendetwas muss dieses Stadium ausgelöst haben. Wir-"
,,Draco?" unterbrach ich ihn leise und sah zu ihm. Ich stellte meinen Tee beiseite; sah auf seine Hände.

,,Ja?"
,,Die Tinte der alten Bücher klebt bereits an deinen Händen." lächelte ich schwach. ,,Können wir morgen weiterlesen?" fragte ich leise. ,,Ich möchte einfach diese Zweisamkeit genießen. Nicht an meine Augen und diese verfluchte Krankheit denken. Nicht heute."
,,Natürlich, Darling." lächelte er und legte die Bücher zur Seite. ,,Du wirst mich nie wieder los werden." grinste er kühn, als er mich in seine Arme zog.
,,Das ist alles was ich jetzt noch will." kicherte ich zufrieden und schloss meine Augen. ,,Ich fühle mich wirklich gut."
,,Du hast keine Schmerzen?"
,,Nein; meine Augen schmerzen nicht mehr; meine Beine schmerzen nicht mehr. Mein Herz schmerzt nicht mehr; das ist das wichtigste."

,,Erstaunlich." flüsterte er konzentriert und strich über mein langes Haar. ,,Vielleicht wird es dir mit diesem Stadium wieder besser gehen; vielleicht ist diese Stufe der Erkrankung anders als die vorangegangenen."
,,Wieso denkst du das?" lächelte ich.
,,Weil es wie ein Zeichen ist, Darling. Ein Zeichen, auf das wir alle so sehnsüchtig gewartet haben."
,,Laut Madame Pomfrey hätte ich bereits tot sein müssen-"
,,-aber das bist du nicht." unterbrach er mich dominant. ,,Du bist nicht tot, Jane. Du lebst. Deine Schmerzen sind weniger geworden. Wir haben ein neues Stadium erreicht; ein Stadium von dem niemand wusste. Es muss einfach ein Zeichen sein."
,,Ich hoffe, dass du recht hast, Draco." lächelte ich, als er meiner Stirn einen Kuss gab.
,,Das habe ich. Das habe ich."

Es hatte nicht lange gedauert, da waren Draco und ich in Folge der Erschöpfung in den Schlaf gefallen. Wir schliefen so gut, wie lange nicht mehr.
,,Guten Morgen." lächelte er, als ich meine Augen öffnete; in die hellen Sonnenstrahlen des nächsten Morgens blickte.
,,Guten Morgen." erwiderte ich und gab ihm einen Kuss.
,,Wie hast du geschlafen?"
,,Noch nie besser." antwortete ich glücklich.
,,Möchtest du etwas essen? Wir haben kaum noch 30 Minuten; wir haben viel zu lange geschlafen." grinste er, als ich ihm bereits die Decke wegzog und aufstand.
,,Oh ja." lachte ich amüsiert. ,,Ich-"
,,-deine Arme." unterbrach mich Draco mit großen Augen. ,,Die blauen Flecken; sie sind alle weg."
,,Tatsächlich." flüsterte ich, als ich an mir hinab sah. ,,Ich glitt mit meinen Fingern an meine Augen; erschrak, als ich keinen Schmerz wahrnehmen konnte. ,,Ich habe keine Schmerzen mehr, Draco."
,,Gar keine?"
,,Gar keine." antwortete ich vollkommen perplex

Sekundenlang sahen wir uns bloß an; vollkommen schockiert. Überfordert. Glücklich.
,,Es fängt an dir besser zu gehen-" flüstere Draco konzentriert, als er zu mir kam. ,,-seit diesem neuen Stadium geht es dir besser."
,,Ja." antwortete ich fassungslos. ,,Mir geht es gut, Draco. Wirklich gut."
Er griff nach meiner Hand; zog mich an meiner Taille zu ihn.
,,Ich habe gestern die Wahrheit gesagt. Es ist ein Zeichen."
,,Vielleicht hast du recht." lächelte ich und lehnte meine Stirn an seine. ,,Ich; ich möchte mehr darüber erfahren."
,,Du möchtest rechachieren?" fragte er überrascht.
,,Ja." antwortete ich schüchtern. ,,Ich denke, das; dass ich vielleicht wieder hoffen kann, Draco. Kann und auch will."
,,Ich liebe dich, Darling. Du weißt nicht wie viele mir diese Worte aus deinem Mund bedeuten." entgegnete Draco überglücklich. ,,Ich werde nicht zulassen, dass du mir weggenommen wirst. Ich werde dafür sorgen, dass die Hoffnung siegen wird. Ich verspreche es."

till death do us part - Draco MalfoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt