Kapitel 34

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,,Jane?" rief eine entfernte Stimme. ,,Jane!"
Erschöpft öffnete ich meine Augen; sah hinauf zum Schloss. Es war Blaise der auf mich zugerannt kam. Es war Blaise der mich nach über 2 Stunden hier unten am See gefunden hatte. Seit Draco gegangen war hatte ich mich nicht mehr geregt; hatte den neuen kalten Schnee einfach weiter auf mich hinab rieseln lassen. 2 Stunden lang. Mir war furchtbar kalt. Das Gefühl in meinen Beinen und Armen hatte ich verloren; meine Lippen waren blau unterlaufen. ,,Jane! Was zur Hölle-"
,,Blaise." unterbrach ich ihn schwach lächelnd. ,,Wie hast du mich gefunden?"
,,Pansy ist ganz krank vor Sorge; sie sucht dich bereits seit einer Stunde. Was machst du denn hier ganz allein?" fragte er besorgt und klopfte all den Schnee von mir hinunter. ,,Du bist eiskalt."
Er zog seinen Schal und seine Robe aus; legte sie mir über. ,,Dein Haar ist schon ganz nass; nicht, dass du nun auch noch krank wirst."
,,Ich soll nicht krank werden?" lachte ich ironisch.
,,Du weißt wie ich das meine, Jane. Du sollst nicht noch kränker werden."
,,Noch kränker? Ist das überhaupt möglich?" fragte ich voller Ironie. ,,Zum Sterben allein gelassen; voller Schmerzen. Voller Herzschmerz. Ich wüsste nicht wie man mit einer tödlichen Krankheit und einem gebrochenen Herzen noch kränker werden sollte."
,,Was ist passiert?" fragte er ernst.
,,Draco hat mich hier sitzen gelassen." antwortete ich und sah zu ihm hinauf. ,,Er wollte mich nicht mehr sehen; er ist gegangen nachdem ich ihm die Wahrheit gesagt habe."
,,Was hat er gemacht?" entgegnete Blaise vollkommen irritiert. ,,Was für eine Wahrheit? Habt ihr euch gestritten? Er würde dich doch niemals hier einfach so sitzen lassen. Es ist eiskalt-"
,,Schon gut." wisperte ich. ,,Er ist nicht dazu verpflichtet auf mich aufzupassen."
,,Nein; gar nichts ist gut, Jane! Komm ich bringe dich ersteinmal zurück ins Schloss." antwortete er und hob mich hoch. Sein Schal und seine Robe wärmten mich ein wenig; doch meine Hände und meine Beine waren noch immer eiskalt. Ich hatte kein Gefühl mehr; kein Gefühl außer Schmerz und Einsamkeit.
Eilig trug mich Blaise schließlich ins Warme; trug mich in den Slytherin-Gemeinschaftsraum.
,,Jane?" flüsterte Pansy, als sie mich auf Blaise Armen sah. ,,Was ist passiert? Wie siehst du denn aus?"
,,Ich-"
,,Draco hat sie draußen alleine gelassen." fiel mir Blaise ins Wort, als er mich behutsam auf dem schwarzen Ledersofa hinunter ließ. Er entflammte das Kaminfeuer; Pansy legte mir eine dicke Decke über.
,,Er hat dich alleine gelassen? Einfach so?" fragte Pansy irritiert, als sie sich zu mir setzte. Sie trocknete mir mein Haar; versuchte mich immer weiter aufzuwärmen. Sie sorgte sich so sehr wie sie es immer tat. ,,Wie lange? Wie lange hat er dich draußen alleine gelassen? Deine Lippen sind schon ganz blau. Wo ist er verdammt!?"
,,Er ist bei Astoria." antwortete ich, als die erste Träne meine eiskalte errötete Wange hinunter glitt. Hektisch wischte ich sie mir mit meinem nassen Ärmel weg. ,,Er ist bei ihr."
,,Was? Warum? Warum sollte er bei Astoria sein?"
,,E-er wollte mal mit Jemand anders reden als mit mir." lächelte ich verletzt. ,,Mit Jemanden dem er scheinbar mehr vertraut als mir."
,,Er hat dich draußen im Schnee alleine gelassen, um zu Astoria zu gehen? Und dass, obwohl er weiß, dass du kaum noch laufen kannst? Dass es draußen eisig kalt ist?" fragte Blaise rasend vor Wut. Ich antwortete nicht; schenkte ihm stattdessen ein schwaches Kopfnicken. ,,Ich bringe ihn um-"
,,Blaise; nein." unterbrach ich ihn. ,,Ich bin nicht wütend; ich bin sogar froh."

,,Du bist froh!?" stießen Blaise und Pansy zeitgleich aus. Unverständnis und Wut kamen auf.
,,Ja." antwortete ich nachdenklich. ,,Er streitete sich mit mir; er nimmt einmal keine Rücksicht." fuhr ich fort. ,,All die Zeit hatte ich Angst, dass er mich anders behandelt, weil ich krank bin. Er immer und überall Rücksicht nimmt; er, er einfach Angst hat sich mit mir zu streiten. Doch, dass er mich endlich anschreien konnte, dass er einmal nur an sich gedacht hat und nicht an mich; ich bin froh darüber. Denn so sollte eine Beziehung sein. Ein Streit wie ich einer ganz normalen Beziehung... Er hat an sich gedacht, Pansy. Es war das erste Mal, dass er meine Erkrankung vollkommen vergessen hat. Es ist etwas, dass selbst ich noch nie geschafft habe."
,,Wow; ich-" stotterte Pansy ein wenig überfordert. ,,-ich weiß nicht was ich sagen soll. Ich könnte ihn vor Wut umbringen; doch zeitgleich verstehe ich dich. Und ihn. Doch Astoria-"
,,Ich liebe ihn, Pansy." lächelte ich mit Tränen in den Augen und unterbrach ihre Worte. ,,Doch ich denke, dass all das anders wäre, wenn ich gesund wäre. Mit ihm und mir."
,,Inwiefern?" fragte Blaise ernst.
,,Ich weiß nicht-" lachte ich weinend. ,,-ich würde mir mehr Zeit lassen. Ihn noch besser kennenlernen; meinen Abschluss machen. Heiraten; eine Familie gründen."
,,Doch die Zeit hast du nicht mehr..." flüsterte Blaise nachdenklich.
,,Ja; ich habe keine Zeit mehr. Deswegen wollte ich Draco heiraten; ich wollte ein wenig mehr haben, als bloß jeden Tag auf den gottverdammten Tod zu warten!"
,,Doch du liebst ihn doch, Jane-"
,,-das spielt keine Rolle, Pansy." unterbrach ich sie leise. ,,Ich denke, dass Draco die Liebe meines Lebens ist. Doch es gibt einen Unterschied zwischen verliebt sein und zu lieben. Ich liebe Draco; doch er ist bloß verliebt. Draco braucht jemanden der für ihn da ist. Ihn liebt, an seiner Seite bleibt. Er braucht ein Mädchen, dass ihn versteht. Ein Mädchen, dass immer für ihn da ist; ein Leben lang. Und nicht bloß Tage... Und dieses Mädchen bin nicht ich." fuhr ich fort und schlug die Decke auf. ,,Es ist Astoria. Ich denke, dass Astoria möglicherweise die Liebe seines Lebens ist. Und nicht ich."
,,Jane; wo willst du hin?" fragte Blaise der mir zögernd beim aufstehen half.
,,Weißt du, ich bin nicht wütend auf ihn. Ich denke einfach, dass wir beide Seelenverwandte sind. Doch wir uns zur falschen Zeit getroffen haben..." antwortete ich nostalgisch. ,,Es sollte wohl nicht sein."
,,Jane, bitte bleib-"
,,Ich möchte alleine sein." flüsterte ich und trocknete mir meine Tränen. ,,Du wirst alleine geboren; und du stirbst alleine. Ich denke, dass der Tod erst eintreten wird, wenn du dazu bereit bist."
,,W-was? Was redest du denn da?"
,,Pansy; es tut mir leid für all die Mühe." wimmerte ich und zog meinen Verlobungsring ab. ,,Bitte gib ihn Draco wieder."
,,Du gehst jetzt nirgendswo hin, Jane!" schrie sie, als ich jedoch bereits verschwunden war. Ich hatte meine letzte Kraft dafür genutzt um zu verschwinden. Vor meinen Freunden. Vor den einzigen Menschen die mich jetzt noch hätten auffangen können...

Vollkommen kraftlos tauchte ich kaum eine Sekunde später beim Eulenturm auf. Ich fiel auf meine Hände; auf meine Knie. Sie schmerzten; genauso wie meine Augen. Es war, als hätten meine letzte Worte; meine Einsicht, etwas in mir ausgelöst. Ein weiterer Schritt; näher an den baldigen Tod. An die Akzeptanz.
Ich war beim Eulenturm; hatte instinktiv an Hope gedacht. Die Eule die mir Draco als Geschenk gemacht hatte. Ich wollte aufstehen; wollte über ihr Gefieder streichen, als ich eine Stimme wahrnehmen konnte.
,,Ich verstehe sie einfach nicht." ertönte die Stimme. ,,Ich habe das Gefühl, dass sie mich immer mehr von sich stößt. Ich weiß nicht einmal mehr warum sie ja zu meinem Antrag gesagt hat, wenn sie mich doch gar nicht heiraten will. War all das umsonst? War alles bloß gespielt?"
Ich versteckte mich hinter einer Säule; sah zu den Treppen. Zu den durch den Mond erhellten Treppenstufen.
,,Draco-" ertönte eine zweite Stimme. Ich wusste sofort, dass es Astoria war. ,,-Jane weiß was sie tut. Sie wird sterben; sie wird keine Zukunft haben. Du wirst keine Zukunft mit ihr haben." fuhr sie fort. ,,Vielleicht will sie dir so bloß zeigen, dass andere Mädchen eher zu dir passen. Sie hat euch doch bereits aufgegeben; sie hat mich gefragt ob ich mich nach ihrem Tod um dich kümmern kann. Von Anfang an hat sie doch bloß darauf gewartet, dass sie endlich sterben wird-"
,,Was?" entgegnete Draco. ,,Wie meinst du das? Was redest du denn da?"
,,Draco-" stieß sie ernst aus. ,,Jane ist meine Freundin; doch ich mag auch dich. Ich mag dich sogar sehr, Draco. Ich denke es wird Zeit mit Jane abzuschließen. Sie hat mich schon mehr als einmal darum gebeten."
,,Astoria!" entgegnete er wütend. ,,Wie kannst du sowas bloß sagen? Du redest so über sie, als wär sie bereits tot!"
,,Sie wird auch sterben, Draco! Sie hat dir vorhin noch gesagt, dass sie dich bloß deswegen heiraten wollte. Sie liebt dich nicht." antwortete Astoria ernst. ,,Sie hat dich bloß ausgenutzt; sie hat mit dir gespielt! Für jeden Schritt den du vor gehst, geht sie drei Schritte zurück! Du würdest für sie sterben; doch würde sie das auch für dich?"
Draco wurde ruhiger; er sollte antworten. Er sollte antworten, verdammt! Ihr widersprechen! Doch er blieb still.
,,Ich habe dir gesagt, dass sie sich bloß lebendig fühlen will. Wie, das ist ihr doch vollkommen egal." sprach Astoria weiter. ,,Sie wird bloß noch Tage haben; danach hat sie keine Verpflichtungen mehr. Du solltest kein Mädchen heiraten, dass dich zu einem Witwer machen wird, Draco. Du bist zu gut für sie; sie verdient dich nicht."
,,Ich weiß nicht was ich machen soll." flüsterte Draco überfordert. Ich konnte hören, dass er verzweifelt war; dass er gegen seine Tränen ankämpfte. Ich stützte mich ab; wollte mich endlich kenntlich geben; ihm sagen, dass ich ihn liebe. Das Astoria falsch lag; dass sie nie eine Freundin für mich war. Sie eine Verräterin ist. Sie schon immer eine Verräterin war.
,,Dra-"
,,Ich glaube du hast recht." sprach er und stand gemeinsam mit ihr auf. Ich verstummte; riss meine Augen auf. Er griff nach ihrer Hand; sah sie im hellen Mondschein an. ,,Jane wollte mich heiraten, weil sie selbstsüchtig ist; weil sie in diesem Moment nur an sich gedacht hat. Ich hätte auf dich hören sollen, Astoria. Auch wenn es schmerzt."
Sie fing an zu lächeln; trat einen Schritt näher und legte ihre Hand auf seine Wange.
,,Liebst du sie wirklich, Draco?" fragte sie ohne ihre Augen von ihm zu nehmen. ,,Oder hattest du bloß ein schlechtes Gewissen? Weil sie sterbenskrank ist; weil du ihr eine Freude machen wolltest."
,,Draco-" flüsterte ich kaum hörbar mit tränengefüllten Augen. ,,-bitte."
,,Ich-"
,,Sei dir bewusst, dass sie nur an sich gedacht hat; niemals an dich. Sie ist egoistisch. Sie hatte sich nicht einmal darüber gefreut, dass du ein Medikament gefunden hattest. Sie wollte nicht noch länger an deiner Seite sein!" unterbrach Astoria seine Worte dominant. ,,Sie tut dir nicht gut."
,,W-was?" stotterte ich fassungslos. ,,Dra-" flüsterte ich wortlos, als mich Dracos Worte unterbrachen.
,,Vielleicht hast du recht." antwortete Draco und legte seine Hand auf ihre Hand. Sekundenlang sahen sich die Beiden bloß in ihre Augen. Noch immer hatten sie mich nicht bemerkt; noch immer stand ich einige Meter entfernt. Sah dabei zu, wie die Liebe meines Lebens den Lügen über mich Glauben schenkte. Von einem Mädchen, dass ich immer beschützt hatte. Von einem Mädchen von dem ich dachte, dass sie meine Freundin sei. Von dem Mädchen in das sich Draco immer mehr zu verlieben schien...
,,Ich könnte dir das geben, was sie nicht kann, Draco." sprach Astoria weiter, als sie sich immer näher kamen. ,,Viel mehr. Du musst sie bloß loslassen."
,,Astoria-"
,,Überleg es dir, Draco. Sie wird bald nicht mehr da sein; sie wird dich nicht auffangen können. Doch ich werde es können." unterbrach sie ihn. ,,Ich werde für dich da sein, weil sie es nicht kann. Sie wird dich alleine lassen; und dass ohne ein schlechtes Gewissen zu haben."

Dracos Antwort brachte mein Herz zum stehen.

till death do us part - Draco MalfoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt